Blood and Chocolate - Curtis Klause, A: Blood and Chocolate - Blood and Chocolate
an ihre Ohren, und sie fühlte, wie sie sich an ihren Fingern vorbeischoben. Rasch ließ sie sich die Haare ins Gesicht fallen.
Wie bringe ich ihn dazu zu gehen? , überlegte sie, während ihre Gelenke zersprangen.
»Bitte schön.« Er hielt ihr eine Scheibe Käse an den Mund, und sie konnte sich gerade noch zurückhalten, ihm die Finger abzubeißen. Der Käse war herb und reif
und klebte an ihrer Zunge. Sie spülte ihn mit dem Glas Wein hinunter, das er ihr anbot.
»Hey, Dummerchen, du sollst eigentlich vorsichtig daran nippen«, sagte er. »Ich will nicht, dass du etwas tust, das du später bereust.« Seine Augen besagten das Gegenteil.
Sie verzog die Lippen zu einem Lächeln, jedenfalls hoffte sie es. Dann wandte sie sich rasch ab. Wie sahen ihre Zähne aus?
Er kam näher und legte einen Arm um sie. »Du suchst dir einen komischen Zeitpunkt aus, auf einmal scheu zu werden«, sagte er.
Ihre Schultern bebten, weil sie insgeheim über ihre eigene Dummheit lachte. Wie konnte sie glauben, sie könnte einen Menschen zum Freund haben? Ihre Wirbelsäule wurde von Wellenbewegungen erschüttert, die sich nicht leugnen ließen, und um ihre Augen und Mundwinkel trat ein harter Zug. Sie spielte mit einem neuen Gedanken. Und wenn ich ihm nun wehtue?
»Vivian?«, flüsterte Aiden. Sein Atem, warm und nach Wein und Käse duftend, berührte leicht ihre Wange.
Es war ein dummer Gedanke. Mit einem Stöhnen krümmte sie sich zusammen. »Es tut mir leid, es tut mir so leid.«
»Was ist los?«, fragte Aiden, Überraschung und Sorge in seiner Stimme.
»Ich glaube, ich kriege gerade die Grippe«, sagte sie. Was für eine hirnverbrannte Idee. »Vielleicht solltest du besser gehen. Ich möchte nicht, dass du dich ansteckst.«
»Aber jemand sollte sich um dich kümmern, wenn du krank bist.«
»Ich wäre lieber allein«, beharrte sie durch zusammengebissene Zähne.
Er machte noch immer keine Anstalten zu gehen.
»Was ist los mit dir, Mann?« rief sie. »Macht es dir Spaß , Leuten beim Kotzen zuzuschauen?«
Er riss die Augen auf.
Vivian kam sich gemein vor. Sie wechselte den Tonfall. »Bitte. Es wäre mir peinlich, wenn du bleibst.«
»Aber …«
Ein Krampf durchzuckte sie, und die Knochen in ihren Knien knirschten. »Geh! Bitte geh!«, schrie sie, und kroch wie eine Betrunkene zum Fenster, da ihre Beine ihr nicht gehorchen wollten. »Ich übergebe mich gleich.«
Sie hechtete auf ihr Bett, rollte auf den Boden und kroch auf Fingerknöcheln und Zehen aus dem Zimmer in das Badezimmer am Ende des Korridors und schlug krachend die Tür hinter sich zu. Blitzschnell schob sie den Riegel vor.
Vor dem Fenster schielte der geschwollene Mond lüstern über die Baumwipfel zu ihr herüber.
Sie erschauderte vor Schmerz, und Tränen liefen über ihr von dünnem Flaum bedecktes Gesicht. Es war noch nie vorgekommen, dass sie die Verwandlung nicht gewollt, sie nicht genossen hatte, doch jetzt war ihr übel, weil sie sie unterdrückte. Er durfte sie so nicht sehen. Sie durfte ihre Artgenossen nicht verraten.
Es klopfte leise an der Badezimmertür. »Alles in Ordnung?«
Sie versuchte ihn zu beruhigen, doch ihr Kiefer war nicht mehr zum Sprechen geeignet, und die Wörter kamen als verhaltenes Knurren hervor. Warum ließ er diese wunderschöne Gabe als etwas Schmutziges erscheinen?
»Tja, wenn du sicher bist, dass es dir gutgeht …«
»Hhhhhhmmmmmmmmm!«, stöhnte sie in der Hoffnung, es klänge bejahend. Ihre Arme wurden länger, ihre Muskeln wölbten sich, und sie riss an ihrer Kleidung, während sich Pelz wellenförmig über ihre Haut ausbreitete. Sie hatte sich noch nie zuvor verstecken müssen. Welch Verbrechen, ihren schönen Körper einzuschließen. Es war alles seine Schuld.
»Hey, ruf mich morgen an und gib Bescheid, wie es dir geht. Hoffentlich fühlst du dich dann besser.«
Als Vivian sicher sein konnte, dass er fort war, zog sie den Riegel mit kurzen, pelzigen Fingern auf. Sie streckte die Hand nach dem Türknauf.
Aber was, wenn ich wie Axel bin? , dachte sie. Was, wenn ich ihn als Beute wittere, während ich Fell trage?
Sie ballte die Hand, zog die zitternde Faust zurück und rollte sich auf dem Badezimmerboden zu einer festen, bebenden Kugel zusammen. Ich werde nicht nach draußen gehen , versprach sie. Ich werde nicht nach draußen gehen. Wenn sie es täte, würde sie ihn vielleicht bis in seine Höhle verfolgen.
Mit einem Schaudern nahm sie ihre endgültige Gestalt
an, hob die Schnauze und jaulte vor Enttäuschung
Weitere Kostenlose Bücher