Blood Empire - SCHLÄCHTER DER NACHT (Folgen 1-6, Komplettausgabe)
verstärkte. Jordan war bei ihrer ersten Begegnung an die Putten des Barock erinnert gewesen.
Der Mann mit dem Engelsgesicht klatschte in die Hände.
"Du bist wirklich gut, Mo!", meinte er, wobei nicht ganz eindeutig erkennbar war, in wie weit er das tatsächlich so meinte. Spott und echte Bewunderung schienen sich mehr oder minder die Waage zu halten. "Du hast Show-Talent!"
"Es ist für die gute Sache!", betonte Moses Jordan ernst.
Ein zynisches Lächeln erschien auf dem Engelsgesicht.
"Oh, natürlich! Du hast die Nummer inzwischen perfekt drauf, wie mir scheint!"
"Es ist keine Nummer!", erwiderte Jordan eisig. "Ich rette verlorene Seelen, verstehst du? Ich kämpfe gegen die Verdammnis!"
"Klar doch!" Der Mann mit dem Engelsgesicht erhob sich. Jordan hatte seit ihrem ersten Zusammentreffen versucht, das Alter des Blonden zu schätzen. Er wirkte sehr jung. In seinem Maßanzug sah er aus wie einer der blutjungen Yuppies in Wall Street. Nur die Augen verrieten eine Erfahrung, die nicht zu dem Gesamteindruck passen wollte.
Der Blonde sah Moses Jordan jetzt direkt in die Augen.
Ein leicht spöttischer Zug spielte um seine Lippen.
"Mir scheint, es wird Zeit, dass du noch etwas dazulernst und einen Schritt weiter gehst..."
Jordan verengte die Augen. Der Unterton, in dem sein Gegenüber mit ihm sprach, gefiel ihm nicht.
"Was meinst du damit?", fragte der Prediger.
Der Blonde lächelte. "Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass die schlimmste Form der Verdammnis der Vampirismus ist!"
"Ja."
"Dann werde ich dir jetzt zeigen, wie du diesem Gegner entgegentreten kannst... Das Aufwecken von Toten war eine Art Vorübung dafür." Er grinste. "Solltest du übrigens nicht zu oft machen, Mo! Schadet dem Teint!"
Er kicherte.
*
"Hey, Mike! Ich weiß nicht, ob ich wirklich noch mit zu dir will..."
Ein Sternenmeer aus Neonlichtern verbreitete so viel Licht, dass es für jeden New Yorker schwer war, überhaupt noch etwas von den echten Sternen am Nachthimmel zu sehen.
Teresa Pender war 23 Jahre alt, dunkelhaarig und sehr sexy. Das eng anliegende schwarze Kleid betonte ihre aufregende Figur.
Ein guter Fang!, hatte Mike Tensold gedacht, als er es geschafft hatte, die junge Frau an einem der Billard-Tische des LAST CHOICE auf sich aufmerksam zu machen. Das LAST CHOICE war ein Heavy Metal-Schuppen im Süden von Yorkville. Tensold hatte sie so weit gehabt, dass sie bereit war, mit ihm zu gehen. Fünf Minuten Fußweg hatten sie hinter sich.
"Nun komm schon, mach keine Zicken! Mein Wagen ist nur noch einen Block entfernt!", sagte Tensold.
Der gereizte Unterton war unüberhörbar.
So nah am Ziel...
Nein, er würde sich nicht davon abbringen lassen, sich das zu nehmen, was er haben wollte.
Tensold dachte dabei nicht so sehr an ihren formvollendeten Körper, sondern an ihre inneren Werte.
Ihr Blut.
Denn Mike Tensold war ein Vampir.
Der Durst nach Blut wurde beinahe unerträglich. Lange würde er nicht mehr warten, um über sie herzufallen, seine Reißzähne auszufahren und sie in ihren weichen, weißen Hals zu schlagen.
Mike Tensold musterte die junge Frau, fasste sie am Handgelenk, als sie vor ihm zurückweichen wollte.
"Lass mich los, du tust mir weh!"
Instinktiv musste sie erfasst haben, dass Tensold keiner der üblichen Kerle war, die im LAST CHOICE
herumhingen, auch wenn seine äußere Aufmachung mit Lederjacke und einem langen Haarschopf, der zu einem Zopf zusammengefasst war, ihn so erscheinen ließen.
Anfangs hatte Teresa die düstere Aura, die diesen Mann umgab, fasziniert. Ja, sie war regelrecht davon angezogen worden. Aber jetzt verkehrte sich die Faszination in Unbehagen.
"Lass mich los, ich gehe nicht mit dir mit!", sagte sie bestimmt.
"Hey, was soll das, Baby?"
"Ich habe es mir eben anders überlegt, das ist alles."
Sie versuchte, sich mit aller Kraft loszureißen, aber sein Griff war eisern. Wie ein Schreibstock.
Teresas Unbehagen wandelte sich in pures Grauen. Der Puls schlug ihr bis zum Hals. Eine Sekunde lang war sie unfähig, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Er zog sie an sich, drückte sie gegen die Wand.
Im tiefen Rückenausschnitt ihres Kleides spürte sie den kalten Stein.
Teresa schrie aus Leibeskräften.
Sie hoffte, dass irgendein Passant ihr half.
Aber in dieser Seitenstraße gab es um diese Uhrzeit kaum Menschen.
Und die Insassen der Autos, die in mehr oder minder regelmäßigen Abständen um die Ecke bogen und dem Lauf der Einbahnstraße bis zur nächsten
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