Blood Empire - SCHLÄCHTER DER NACHT (Folgen 1-6, Komplettausgabe)
satt.
Ganz gleich, was die plötzlichen Skrupel bei Big Terry auch verursacht haben mochte: Chase dachte nicht im Traum daran, darauf einzugehen.
"Was gibt's denn cooleres, als einen Vampir, der zur Kirche geht!", meinte Chase. "Da muss doch irgendetwas dahinter stecken, Alter! Und du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht auch gerne wüsstest, was das ist!"
"Schon..."
"Na, also! Komm mit! Dieser komische Graf wird uns gar nicht bemerken."
"Optimist!"
"Was bist du eigentlich? Ein Mädchen?"
"Willst du eins auf die Fresse?"
"Nein, nur, dass du dich endlich entscheidest, Terry!"
Big Terry machte eine wegwerfende Handbewegung. Dann grinste er plötzlich. "Okay, ich fahre hinter dir her!"
Chase ließ die Harley losbrausen.
Big Terry folgte ihm mit seiner Maschine.
Sie fuhren quer durch das nächtliche New York, bis zu den Rändern der Riesenstadt im äußersten Nordosten. Schließlich erreichten sie die Connecticut-Küste des Long Island Sounds.
In einem kleinen Ort namens Grimchurch machten sie halt.
Grimchurch lag direkt an der Küste. Das Meer rauschte. Die Brandung des Long Island Sounds war verhältnismäßig mild.
Salzgeruch hing in der Luft. Möwen kreischten.
"Hier ist es!", sagte Chase und stieg von seiner Maschine ab. Die Kirche wirkte alt und verwittert. Auf einem Steinbogen war die Jahreszahl 1703 eingemeißelt. Ganz in der Nähe stand eine überlange Limousine.
"Leroques Wagen!", erkannte Big Terry.
"Genau!"
"Wie hast du rausgekriegt, dass er regelmäßig hier her fährt?"
"Schlichte Beobachtung, Alter! Klingt uncool, ist aber immer noch am effektivsten!"
"Wo ist der Chauffeur?"
"Ist auch mit in der Kirche!"
"Ein Vampir?"
"Nein, ein Sterblicher, der hofft, dass sein Arbeitgeber ihn mal zu einem Angehörigen des Blutvolkes macht...
Vielleicht saugt Leroque auch ab und zu an ihm, das weiß ich nicht genau. Jedenfalls hätte der Sack mich beim letzten Mal beinahe entdeckt und deswegen habe ich auch nicht mehr mitbekommen, was Leroque eigentlich in der Kirche so treibt!"
"Also auf ein Neues!"
"Genau!"
Eine Lichterscheinung war für Bruchteile von Sekunden hinter den Kirchenfenstern zu sehen.
Big Terry hob die Augenbrauen. "Schätze, wir haben das Beste schon verpasst, was?"
Sie ließen die Maschinen stehen, gingen zur Tür. Chase öffnete sie einen Spalt breit.
Mondlicht fiel durch die Kirchenfenster herein, beleuchtete den Altar, der aus einem quaderförmigen Steinblock bestand.
Darüber war ein großes Holzkreuz angebracht.
Comte Jean-Aristede Leroque stand vor dem Altar, hatte die Hände ausgebreitet und wirkte beinahe in Trance.
Der in einen dunklen Anzug gekleidete Chauffeur stand etwas abseits. Er hielt einige Gegenstände in den Händen, die Chase nicht erkennen konnte. Offenbar assistierte er seinem Herrn bei irgendeiner Art von magischem Ritual.
"Cool! Ein frommer Vampir!", stieß Big Terry flüsternd hervor. "So was habe ich ja noch nie gesehen!"
Big Terry blickte Chase über die Schultern. Er überragte seinen Kumpel nämlich um fast einen Kopf.
Leroque sprach mit sonorer Stimme Worte in einer Sprache, deren Klang Chase vollkommen unbekannt war.
Latein, so schätzte er.
Oder irgendetwas anderes Verstaubtes.
Eine Lichterscheinung wurde sichtbar. Weiß leuchtender Nebel erschien wie aus dem Nichts, wallte empor und verdeckte das Kreuz schon nach wenigen Augenblicken.
"Schwarze Magie innerhalb von Kirchenmauern! Der alte Graf hat's wirklich drauf!", meinte Big Terry. In seinem Tonfall klang fast so etwas wie Anerkennung mit.
"Ich rufe dich, Magnus von Björndal! Dein Diener erbittet neue Befehle!"
Chase fiel es wie Schuppen von den Augen. Leroque, der zweite Mann in der New Yorker Vampir-Hierarchie, stand regelmäßig in Kontakt zum Vampir-Herrn von Philadelphia!
Echt genial!, dachte Chase. Kurz-Reisen, Telefongespräche oder E-Mails nach Philadelphia wären viel zu auffällig. Der Fürst wäre ihm längst auf die Schliche gekommen. Aber eine Kirche war für einen Vampir doch eine fast perfekte Tarnung...
Die Nebel wallten. Für Augenblicke formte sich so etwas wie ein Gesicht aus den Nebeln heraus, löste sich dann aber wieder auf.
Leroque wirbelte herum.
Sein Gesicht war zornverzerrt.
Der leuchtende Nebel verschwand augenblicklich.
Chase begriff, dass Leroque ihn entdeckt hatte. Aus den Augenwinkeln sah Chase eine Bewegung. Sein Kumpel hatte sich davongemacht.
"Bleib!!", grollte Leroques Stimme.
Für Chase war es zu spät.
Starr stand er da,
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