Blood Sun
sagte sie. »Mal sehen, ob ich was rauskriege. Wenn mein Junge irgendwo im Dschungel ist, hat er kaum Überlebenschancen. Versuch doch mal, an die genauen Koordinaten heranzukommen. Wenn wir wüssten, wo die Dealer beschossen wurden, würde uns das sehr weiterhelfen.«
»Da gibt es überall Zugriffsbeschränkungen, Charlie. Die tun alles, damit wir nichts erfahren. Ich glaub, da sind wir machtlos.«
»Du bist doch beim FBI. Außerdem dachte ich, Amerikaner können alles, was sie wollen. Oder ist das bloß ein Hollywoodmärchen?«
Bestimmt lächelte er jetzt am anderen Ende der Leitung.
»Du bist eine grausame Frau, Charlie. Klar schaffen wir alles, was wir wollen, obwohl mich das vermutlich meinen Job kosten wird.«
»Macht doch nichts. Die Gegend hier unten ist wirklich toll, wenn man sich zur Ruhe setzen will. Schau einfach, was du erreichen kannst. Ich mache jetzt mal ’ne Spritztour mit meinem Motorrad.«
Sie klappte das Handy zu und beugte sich wieder über die Landkarte. Ohne zu zögern, tippte Charlie auf den Namen einer Stadt. Irgendwo musste sie schließlich beginne n – und dann konnte es genauso gut ein Ort sein, dessen Name passte: La Ciudad de las Almas Perdidas. Die Stadt der verlorenen Seelen.
Die Bel l 222 blieb möglichst dicht am Flusslauf. Max hatte zwar einen Tag Vorsprung, aber Riga rechnete damit, dass sie auf ihrem selbst gebauten Floß nicht weit gekommen waren. Der Wind schlug Riga ins Gesicht. Es roch zwar nach Benzin und Abgasen, doch er genoss jeden einzelnen Moment. Der Hubschrauber erbebte und Riga wurde kräftig durchgeschüttelt. Es war, als ob das Biest lebendig und er ein Teil davon wäre.
Riga hatte die M14 mit dem abgewetzten Schaft wieder auf dem Schoß und überlegte, ob er Max, wenn er ihn sah, gleich erschießen oder ob er erst landen und ihn dann verfolgen sollte. Zu Beginn der Operation hatte er kein persönliches Interesse an Max gehabt, aber inzwischen faszinierte ihn der Junge. Wie jeder gute Jäger hatte auch Riga über seine Beute so viel wie möglich in Erfahrung gebracht. Cazamind hatte ihm alle Informationen über Max geschickt, die er auftreiben konnte. Der Junge hatte schon Afrika überstanden und war an einem Riesenkonflikt in den französischen Alpen beteiligt gewesen. Er hatte es dort mit einem mächtigen Gegner aufgenommen und gesiegt. Und dann war da noch Max’ Vater, ein rotes Tuch für alle, die er vor Gericht gebracht hatt e – aber von dem ging nun keine Gefahr mehr aus.
Für Cazamind stand inzwischen fest, dass es sich bei Max’ Mutter um die Ökologin handeln musste, die vor ein paar Jahren in Mittelamerika umgekommen war. Riga hatte Cazamind ausgefragt: Wenn Cazaminds Klienten etwas mit dem Tod von Helen Gordon zu tun hatten, wollte Riga erfahren, was. Wo genau war die Frau gestorben? Cazamind hatte wenig preisgegeben. Man hatte Riga eingeschärft, dass Max daran gehindert werden musste, noch weiter in die Wildnis vorzudringen. Aber warum sollte der Junge nicht sein Glück versuchen? Das hätte Riga gern gewusst.
Plötzlich wurde Riga wütend. Seit seiner Jugend hatte er mit gesichtslosen Männern zu tun gehabt, die in das Leben anderer Menschen eingriffen, indem sie aus sicherer Anonymität heraus irgendwelche Befehle erteilten. Mit den Jahren hatte Riga gelernt, solchen Befehlen zu gehorchen, hatte getan, was sie verlangten, hatte auf Anweisung getötet. Riga hatte Max im British Museum Auge in Auge gegenübergestanden und die Entschlossenheit im Gesicht des Jungen gesehen. Der junge Engländer hatte sie alle ganz schön auf Trab gehalten. Manchmal dachte Riga, man sollte Leute wie Cazamind aus ihren Büros zerren und vor ihre Opfer stellen, damit sie deren Angst und Verzweiflung selbst einmal sehen und riechen konnten. Aber solche Typen, das wusste er, waren feige bis auf die Knochen. Deshalb engagierten sie ihn und seine Kollegen. Es war eine einfache Gleichung: Geld gleich Macht und Macht gleich Kontrolle. Riga war das Werkzeug für ihren Erfolg.
Max hörte den Hubschrauber, noch bevor er ihn sah. Verstecken konnten sie sich hier nicht. Links und rechts von ihnen erhoben sich Kalksteinkliffe, und um die Felsbrocken bildeten sich Strudel im Wasser, sodass sich das Floß kaum steuern ließ.
Xavier sah tatenlos dabei zu, wie Max sie verzweifelt durchs Wasser stakte, um sie irgendwie näher ans Ufer zu schieben.
»Sind das die Yanquis ?«
»Keine Ahnung, aber es dauert sicher nicht mehr lange, dann haben sie uns.«
Max suchte nach
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