Bloody Mary.
erweist, den sie haben will, und Porterhouse wird ihn mit offenen Armen aufnehmen. Ob denen dann gefällt, was sie kriegen, ist eine ganz andere Frage. Das ist weder Ihr noch mein Problem.«
Doch Mr. Lapline war und blieb Pessimist. »Ich wünschte, ich hätte Ihre Zuversicht. Ich hoffe bei Gott, daß sie sich nicht für dieses analerotische Ferkel aus Grimsby entscheidet. Mit so einer Publikationsliste gehört dieser Widerling von Rechts wegen ins Gefängnis.«
Die folgenden Wochen nahm die Kanzlei Lapline &
Goodenough ihre gewohnten und höchst ehrbaren Tätigkeiten wieder auf. Mr. Laplines Gallenblase beruhigte sich, und Lady Mary schickte man die Liste der Kandidaten samt Lebensläufen. Es blieb ihr überlassen, sie zu einem Vorstellungsgespräch in ihr Haus zu bitten. Goodenough wollte sich auf keinen Fall mit diesem Verfahren befassen. »Es würde mir nicht im Traum einfallen, die Kanzlei in solche Dinge zu verwickeln«, sagte er. »Wir sind kein akademisches Arbeitsamt. Außerdem habe ich von Porterhouse immer noch keine schriftliche Bestätigung des Vertrags erhalten, obwohl mir der Obertutor in einem Brief für das Essen gedankt und geschrieben hat, das Stipendium werde mit Sicherheit genehmigt.«
Dennoch hatte seine Lektüre der Fallstricke Goodenoughs Neugierde geweckt. Selbst für einen abgebrühten Burschen wie ihn war Purefoy Osberts Buch ausgesprochen erschütternd. Zwei Abende hintereinander blieb er lange wach, fasziniert von den körperlichen Auswirkungen der Hinrichtungen und Einzelheiten des Hängens, mit denen sich Dr. Osbert offenbar besonders gut auskannte.
»Weißt du genau, daß dein Cousin geistig gesund ist?« wollte er von Vera wissen. »Sein gräßliches Buch hätte auch jemand mit einer dezidierten Vorliebe für S & M schreiben können.« »Du bist bloß ein alter Schnarchsack. So ist Purefoy überhaupt nicht. Nur hat sich der arme Schatz völlig der sozialen Gerechtigkeit verschrieben.«
»Fast hätte er mich getäuscht«, murmelte Goodenough. »Der arme Schatz« war ihm ein wenig seltsam vorgekommen, schließlich bezog es sich auf einen Mann, der ausgesprochen anschaulich beschrieb, welche Auswirkungen ein zu langer oder zu kurzer Fall auf Opfer hatte, die entweder zu klein und dick oder zu lang und dünn waren. Außerdem gab es Belege dafür – und an Dr. Osberts Fakten war nicht zu rütteln –, daß seit Abschaffung der Todesstrafe zahlreiche Menschen des Mordes schuldig befunden und lebenslang hinter Gitter gesteckt wurden,
die sich später als völlig unschuldig erwiesen hatten und begnadigt wurden. Aus diesen unwiderlegbaren Statistiken ging hervor, daß auch ein beträchtlicher Teil derer, die man vor Abschaffung der Todesstrafe gehängt hatte, völlig unschuldig gewesen waren. Der Jurist in Goodenough fand diesen Schluß höchst beunruhigend. Er fragte sich, auf welche Resonanz diese Argumente beim Dekan und dem Obertutor stoßen würden. »Vermutlich ist egal, was passiert, sobald man ihn erst einmal berufen hat«, sagte er zu Vera. »Dennoch sage ich eine Reihe äußerst hitziger Streitgespräche voraus.« »Aus denen Purefoy als Sieger hervorgeht«, prophezeite Vera, »weil er von Tatsachen und Gewißheiten besessen ist.« »Nicht nur davon. Übrigens ist es keine Tatsache, daß Crippen seine Frau nicht ermordet hat. Das ist eine Annahme, und zwar eine irrige.«
Doch Vera wollte sich nicht streiten. »Er ist ein ausgezeichneter Forscher und wahrer Gelehrter. Das wirst du schon merken, wenn du ihn kennenlernst.« »Was ich nicht vorhabe«, sagte Goodenough. Genausowenig, so schien es, wie Lady Mary. Die strapaziösen Befragungen der anderen Kandidaten auf das Stipendium wirkten sich negativ auf ihre lädierte Gesundheit aus. In sexuellen Dingen schon immer sehr zurückhaltend, hatte sie das Gespräch mit dem analerotischen Phantasten aus Grimsby als zutiefst beunruhigend empfunden. Aufgrund eines sehr schmerzhaften Ischiasleidens mußte sie das Gespräch auf einer Chaiselongue liegend führen, und als Dr. MacKerbie eintraf, hatte er sehr stark nach Bier und Whisky gerochen. Genauer gesagt: Er war um zehn Uhr morgens eindeutig betrunken und hatte offenbar den Eindruck gewonnen, sie liege da, um seine speziellen Phantasien zu genießen, ja, sogar selbst analerotische Erfahrungen zu machen. Ihre Rettung waren die Haushälterin, die ihre spitzen Schreie hörte, und Dr. MacKerbie persönlich,
dessen Betrunkenheit das Öffnen seiner Hose zu einem gefährlichen Unterfangen
Weitere Kostenlose Bücher