Bloß keine halben Sachen: Deutschland - ein Rollstuhlmärchen (German Edition)
Allensbach ist für jeden was! Auf rollstuhlfreundlich angelegten Wegen schlängelt man sich durch den Tierpark, in dem sich auch behindertengerechte WCs und einige Kioske befinden. Parkplatz vor der Tür inklusive. Die ganze Familie kommt hier auf ihre Kosten.
Für alle anderen, die spontan sein und Natur genießen möchten, bleiben die Orangerien oder natürlich auch Palmenhäuser. Letztere sind für mich ein besonderes Stück Natur, denn a) bin ich den Pflanzen ganz nah und b) habe ich in den Häusern angenehme Temperaturen und ein gutes Klima. Und dann sind auch noch die Wege ganz wunderbar angelegt. Ähnlich toll wie das Schmetterlingshaus auf der Blumeninsel Mainau, in dem ich mit Annika im Sommer war. Man kann durch gut angelegte Wege den Schmetterlingen behutsam, aber dicht auf die Pelle rücken und auch hier eine Art von Natur erfahren. Gut, es ist eine künstlich geschaffene, aber zu wählerisch sollte man meiner Meinung nach dann doch nicht sein.
Mir hat besonders gefallen, dass die ganze Insel mit dem Rollstuhl begehbar ist. Einziger Makel: Wenn man am Ende des Weges angekommen ist, muss man ihn komplett zurück laufen, da die einzige Alternative derzeit noch über geschätzte
1001 Stufen zum Schiffsanleger führt. Daran wird aber bereits gearbeitet. Mainau ist neben den Pfahlbauten in Unteruhldingen, die auch barrierefrei sind, eines der schönsten Ausflugsziele am Bodensee.
Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wären es wirklich gute Wanderführer für Rollifahrer für Naturwege. Wandern mit behinderten Menschen. In der Zwischenzeit muss da aber doch noch das Internet herhalten, zum Beispiel die Webseite des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderungen in Baden-Württemberg ( www.rollstuhlwandern-in-bw.de ).
Die hier aufgeführten Touren sind unterschiedlich lang und in drei Schwierigkeitsstufen, von »nahezu mühelos allein zu bewältigen« bis »aufgrund der Begebenheiten ist eine Begleitperson erforderlich«, gegliedert. Die beschriebenen Wege sind mindestens einen Meter breit und aufgrund ihrer Bodenbeschaffenheit grundsätzlich für Rollstuhlfahrer geeignet. Dennoch kann es natürlich Einschränkungen insbesondere durch unvorhergesehene Naturereignisse geben.
Natur erleben ohne Barrieren. Dieses Ziel verfolgt der Verband sehr hartnäckig und wird – Gott sei Dank – durch gute Sponsoren wie die Daimler AG unterstützt.
Es wäre toll, wenn es noch mehr von diesen Seiten gäbe, sodass die Auswahl an Ausflugstipps, die für Rollstuhlfahrer und Menschen ohne Handicap geeignet sind, noch viel größer wird. Seiten, die Sie und ich und alle anderen gemeinsam füllen könnten. Wer weiß, vielleicht würden wir ja sogar ein Plätzchen finden, an dem wir gemeinsam mit unseren Familien und Freunden picknicken können. Da wäre sie ja dann wieder, die Inklusion. Hätten Sie nicht auch mal Lust dazu?
KAPITEL 9
Kunst, Kino und Kultur
»Lass uns doch mal ins Museum gehen!« Das ist eine super Idee an einem regnerischen Tag und ich will echt nicht nörgeln, aber in viele Museen komme ich einfach nicht hinein. Das ist hin und wieder eine Krux mit der Behinderung. Entweder muss ich »leider draußen bleiben«, oder ich darf sofort und mit Begleitung in die erste Reihe, an allen anderen vorbei, die vielleicht schon seit Stunden in der prallen Sonne stehen. Bei uns im Kulturzentrum Alte Feuerwache ist das zum Beispiel so. Der Raum ist groß und das Zentrum insgesamt sehr behindertenfreundlich, natürlich mit Ausnahmen, weil es sich hier, wie bei vielen anderen Stätten der Kultur, um einen Traditionsbau handelt. Auch das Capitol , ein umgebautes Kino, das zum Herzen der Stadt Mannheim zählt, hat Tradition und damit eben nicht überall Rampen und was der gemeine Behinderte sonst noch so mag. Wenn es um Kunst geht, tut sich da häufig eine Schere auf. Entweder hofiert oder ignoriert oder separiert. Nichts davon ist mein Ding. Wobei ich ehrlicherweise zugeben muss, dass das Hofieren doch manchmal angenehme Vorteile mit sich bringt, wenn man zum Beispiel bei Konzerten hinter die Bühne darf oder Plätze bekommt, von denen andere Zuschauer nur träumen können. Da ich meist jemanden mitnehmen darf, ist es bei mir das geteilte Glück; man macht nicht nur mir, sondern gleich zwei Menschen eine besondere Freude. Theater, Kunst, Musik, das bereichert das Leben, und Musik hat mich damals, nachdem der Unfall gerade passierte, vielleicht sogar gerettet.
Viele Konzerte, die ich
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