Blue (Horror / Mystery / Okkult) (Jake Sloburn Horrorthriller) (German Edition)
Betten hing. Ricky musste ihm das Ding nur für die Acht-Uhr-Nachrichten laut stellen, ansonsten war er der Herr über die Fernbedienung. Es war großartig. Da im Moment ohnehin nichts Vernünftiges in der Glotze lief (es war noch zu früh für die halbwegs brauchbaren Serien und die Cartoons waren schon vorbei) und die Visite jeden Moment reinkommen würde, war der Fernseher aus. Mr. Sanders erzählte eine seiner Geschichten aus dem Krieg gegen die Deutschen, die meisten davon kannte Ricky inzwischen auswendig. Diesmal war es die mit dem Koch, der in Gefangenschaft geraten war. Manchmal war dieser Koch ein Vorgesetzter von Mr. Sanders und manchmal war es Sanders selbst. Sie hatten für fünfzigtausend Gefangene (die Zahl variierte ebenfalls hin und wieder) Essen zubereiten müssen und dafür Fleisch von einer Metzgerei im Nachbarort holen müssen.
Bei zwanzig Grad minus waren sie wieder und wieder zwischen der Metzgerei und dem fünf meilen entfernten Lager hin- und hergelaufem, bepackt mit Frischfleisch für ihre Mitgefangenen. »Es war so kalt«, erzählte Sanders, »dass wir alle paar Meter stehenbleiben und uns das Gesicht mit Schnee einreiben mussten, um nicht einzufrieren.«
Natürlich hatte sich das Küchenpersonal etwas von dem Fleisch abgezweigt, bevor es an die Rationierung für das Lager ging. »Das mussten wir machen«, sagte Sanders. »Die Krauts waren ganz in Ordnung, aber immer so verdammt knausrig, wenn es um das Essen ging.« Nachdem das gesamte Küchenpersonal heimlich von dem Fleisch gegessen hatte, war ein deutscher Gefreiter in die Küche gestürmt – mit einem leichenblassen Gesicht und dem sofortigen Befehl, eine riesige Grube auszuheben und alles Fleisch hinein zu kippen. Man hatte Trichinellen in den Muskelfasern gefunden, Fleischparasiten. Den Deutschen blieb es ein ewiges Rätsel, wieso das Küchenpersonal ab dem nächsten Tag für eine geschlagene Woche bettlägerig mit Durchfall blieb, und das amüsierte Sanders jedesmal ganz prächtig. Ricky fand die Geschichte nicht besonders lustig, sondern eher ekelig, aber er lachte trotzdem an den richtigen Stellen - hauptsächlich, um dem alten Knacker einen Gefallen zu tun.
Rickys Genesungsprozess fand mit einer Geschwindigkeit statt, die ihn zu einer kleinen Sensation des Krankenhauses hatte werden lassen. Die Assistenzärzte rissen sich praktisch um die Visiten bei dem Jungen, der ihren Besuchen mehr oder minder gut gelaunt entgegensah. Und alle waren so verdammt nett zu ihm.
»Morgen, Enrique!« strahlte ihn Dr. Skolnick an, als er, wie immer umringt von einer Traube wissbegieriger Assistenzärzte, ins Zimmer trat (Einige der angehenden Ärztinnen sahen übrigens gar nicht schlecht aus, fand Ricky). »Und Ihnen auch einen guten Morgen, Mr. Sanders!« rief er dann etwas lauter zu dem alten Knacker herüber.
»Hä?« machte der und rief dann ein fröhliches »Guten Tag!« in die Runde, auf Deutsch. Dr. Skolnick setzte sich auf den Besucherstuhl neben Rickys Bett und kritzelte ein wenig auf seinem Klemmbrett herum. Ricky vermutete, er male darauf Strichmännchen, um die Assistenzärzte zu amüsieren.
»Wie geht's dir heute morgen, Enrique?« Statt einer Antwort hob Ricky seinen rechten Fuß in die Höhe und vollführte damit ein paar Kreise in der Luft. Bis auf einen blauen Fleck an seinem Knöchel war von der Verletzung nichts mehr zu sehen, die Verbände an seinen Armen hatte ihm gestern eine Schwester entfernt – darunter waren nicht einmal Narben gewesen.
»Kopfschmerzen?« fragte Dr. Skolnick. Ricky schüttelte den Kopf. »Irgendwelche anderen Schmerzen?«
»Nein. Alles prima.«
»Okay, schön. Was hältst du davon, wenn wir dich heute entlassen, Enrique?«
»Echt?!« Ricky
Weitere Kostenlose Bücher