Blue (Horror / Mystery / Okkult) (Jake Sloburn Horrorthriller) (German Edition)
Gerichtsverhandlung geben, Sohn. Und auch keinen Schadensersatz oder sowas.« Seine flinken Augen huschten über Rickys Gesicht wie kleine Suchscheinwerfer. »Nicht, dass beim alten Franky besonders viel zu holen gewesen wäre.« Franky Bracciolini, sie hatten ihn also gefasst. Das hieß, dass die Träume, die er gehabt hatte, seit er hier im Krankenhaus lag, nur das gewesen waren: Träume, nichts weiter.
»Mr. Bracciolini hat sich ... nun ja, er hat sich selbst gerichtet, wie man so sagt. Unschöne Geschichte. Aber auch 'ne Art Gerechtigkeit, schätze ich. Hätte dich leicht umbringen können, da oben beim Seaside.«
Und das hat er auch, irgendwie, dachte Ricky, und dann: Träume, nichts weiter.
Oder auch nicht.
Sheriff Jones stand schwerfällig auf. Er und der Stuhl ächzten dabei gleichermaßen. »Naja, ich bin jedenfalls froh, dass es dir gut geht.« Nach einem letzten intensiven Blick auf Ricky ging Sheriff Henry H. Jones III. zur Tür hinaus. Er machte sich nicht die Mühe, diese zu schließen. Hinter der Zeitung von Mr. Sanders ließ sich ein Husten vernehmen, was verdächtig nach »Arschloch!« klang.
Während Ricky vom Bett aufstand und zur Tür ging, stahl sich ein vorsichtiges Grinsen auf seine Lippen. Als er das halbwegs im Griff hatte und seine Mundwinkel nur noch ein klein wenig zuckten, ging er hinaus auf den Gang. Er hörte kaum, dass ihm Mr. Sanders etwas hinterherrief: »Hey, alles in Ordnung, Junge?« Ricky antwortete dem Veteranen nicht, es bedurfte seiner ganzen Selbstbeherrschung, nicht auf der Stelle laut loszuprusten. Oh ja, alles war in bester Ordnung. Selbst gerichtet, na klar! Der Typ, der ihn angefahren hatte, hatte sich umgebracht, genau wie er es vorhergesehen hatte. Nein, nicht vorhergesehen, vielmehr herbei gewünscht. Er hatte es gewünscht und es war passiert, Tekeli. Ganz einfach so.
Ricky verließ das Krankenhaus durch den Haupteingang - Schwester Mary, die an der Rezeption saß, erinnerte sich an diesem Abend noch an das breite Lächeln, dass der Junge vor sich her getragen hatte, als er endlich nach Haus zu seiner Mom durfte. Er habe regelrecht von innen heraus gestrahlt, erzählte sie später Barry, ihrem Mann. Barry machte »Hm.« und folgte weiter dem Spiel der Sox, ohne zugehört zu haben.
Ricky indes ging nicht nach Hause und auch nicht zu seiner Mom. Stattdessen folgte er den Resten des alten Sailor's Trail durch den wild wuchernden Dschungel, der vor etlichen Jahren der National Memorial Park gewesen war. An einer bestimmten Stelle kroch Ricky hinter ein Gebüsch und kletterte anschließend durch ein Loch im Maschendrahtzaun, der den Schrottplatz umgab. Dort setzte er sich auf ein paar Stahlträger und sah sich um. Er war allein. Keine Spur vom alten Harris, dem Besitzer des Schrottplatzes oder seiner halbblinden Schäferhündin Daisy. Niemand würde ihn hier stören.
Dann endlich begann Ricky zu kichern, und kurz darauf zu Lachen, wie er noch nie in seinem Leben gelacht hatte, er steigerte sich regelrecht hinein in den Rausch dieses Gelächters, unfähig, aufzuhören, bis er völlig vergessen hatte, weshalb er eigentlich zu lachen begonnen hatte. Und das wiederum war so komisch, dass er heftig schnauben und mit den Füßen strampeln musste, bis ihm dicke Tränen die Wangen herab kullerten und sein Bauch so sehr schmerzte, dass er drohte, vor Lachen von seinem Stahlträger zu fallen.
Visionen in Demut
I n die Scheune kann ich dann doch nicht, weil da jetzt ein großes Schloss an der Tür hängt. Dummerweise keines, zu dem ich einen Schlüssel habe. Vielleicht hat mir einer von den Brüdern die Idee geklaut, aber das glaube ich eigentlich nicht. Werden wohl die Eigentümer höchstselbst davor gehängt haben, vielleicht hatten sie einfach die Nase voll davon, dass hier manchmal einer
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