Blüte der Tage: Roman (German Edition)
war kein Kind da gewesen, das das junge Glück gestört hätte. Trotzdem war es wieder zu einem bösen Scheidungskrieg gekommen, dessen Höhepunkt mit Kevins tragischem Tod zusammengefallen war.
Es folgte ein in jeder Beziehung schreckliches Jahr. Ihre Mutter hatte sich erneut in eine chaotische Ehe gestürzt, die diesmal schon nach wenigen Wochen ihr unrühmliches Ende fand.
Obwohl Stella nun erwachsen war, konnte sie ihrer Mutter nicht verzeihen, dass sie die eigenen Interessen immer über die Bedürfnisse ihres Kindes gestellt hatte.
Zum Glück war sie selbst ganz anders, sagte sich Stella. Sie vernachlässigte ihre Kinder nicht, nur weil sie in Logan verliebt war.
Gleichwohl blieb die Tatsache bestehen, dass alles viel zu schnell ging. Es wäre vernünftiger, wenn sie sich etwas Zeit ließe, bis sie sich ein genaueres Bild machen könnte.
Daneben war sie auch viel zu beschäftigt, um an eine Ehe zu denken. Und überhaupt – was war das für ein abstruser Gedanke? Herrgott noch mal, er hatte sie weder um ihre Hand gebeten noch darum, ihm Kinder zu schenken! Sie bauschte eine flüchtig dahingesagte Bemerkung völlig unnötig auf.
Es war höchste Zeit, sich wieder wesentlichen Dingen
zuzuwenden. Entschlossen stand sie vom Schreibtisch auf und ging zur Tür. Als sie gerade die Hand nach der Klinke ausstreckte, ging die Tür auf und Roz kam herein.
»Ich wollte gerade zu Ihnen«, sagte Stella. »Wollen Sie ins Krankenhaus mitfahren, um die junge Familie abzuholen?«
»Das würde ich gern, aber ich bin mit Dr. Carnegie verabredet und kann den Termin leider nicht mehr verschieben.« Stirnrunzelnd blickte sie auf ihre Uhr, als spielte sie mit dem Gedanken, den Termin vielleicht doch zu verschieben.
»Ach, dann sehen Sie die beiden eben, wenn Sie wieder zurück sind.«
»Ich kann es kaum erwarten, das Baby hier zu haben. Und, worüber haben Sie sich geärgert?«
»Geärgert? Ich? Wie kommen Sie darauf?«
»Ihre Armbanduhr ist herumgedreht. Demnach haben Sie am Uhrenband gezupft, was bedeutet, dass Sie sich über irgendetwas geärgert haben. Gibt es da etwas, das ich wissen sollte?«
»Nein.« Wütend über sich selbst drehte Stella die Uhr richtig herum. »Es hat nichts mit der Arbeit zu tun. Ich habe über Logan nachgedacht. Und über meine Mutter.«
»Was hat Logan, um Himmels willen, mit Ihrer Mutter zu tun?«, fragte Roz, während sie nach Stellas Thermoskanne griff. Sie öffnete die Kanne, schnüffelte daran und gab einen Schluck eisgekühlten Kaffee in den Becheraufsatz.
»Eigentlich nichts. Wollen Sie lieber eine richtige Tasse?«
»Nein, kein Problem. Ich will nur ein Schlückchen kosten.«
»Ich glaube ... Also, ich ... er ... Herrgott, ich stammle wie ein Idiot!« Genervt nahm Stella einen Lippenstift aus dem Kosmetikbeutel in ihrer Handtasche, ging zu dem kleinen Wandspiegel und zog sich die Lippen nach. »Roz, die Sache zwischen Logan und mir ist ziemlich ernst.«
»Da ich Augen im Kopf habe, ist mir das nicht entgangen. Soll ich jetzt weiterfragen oder lieber die Klappe halten?«
»Ersteres. Ich weiß nicht, ob ich für etwas Ernstes schon bereit bin. Oder er. Es ist seltsam genug, dass wir uns trotz aller Anfangsschwierigkeiten mögen, umso mehr ...« Hilflos zuckte sie die Achseln. »Bei Logan bin ich ganz anders als sonst. So aufbrausend und streitsüchtig.«
Sie legte den Lippenstift zurück und schloss den Reißverschluss ihrer Handtasche. »Mit Kevin war alles ganz unproblematisch. Wir waren jung und verliebt, es gab keine Hindernisse zwischen uns, die wir bewältigen mussten. Sicher, wir haben uns gelegentlich auch gestritten, aber nur über unbedeutende Kleinigkeiten.«
»Je älter man wird, desto komplizierter wird das Leben.«
»Stimmt. Ich habe Angst, mich wieder zu verlieben und meine mühsam errungene Eigenständigkeit aufzugeben. Das hört sich vermutlich sehr egoistisch an.«
»Mag sein, aber ich denke, das ist ziemlich normal.«
»Roz, meine Mutter war – und ist – eine einzige Katastrophe. Und mir ist durchaus klar, dass ich etliche Entscheidungen nur deshalb so getroffen habe, weil sie das
Gegenteil dessen waren, was meine Mutter getan hätte. Das klingt vermutlich ziemlich kompliziert.«
»Nicht, wenn diese Entscheidungen für Sie richtig waren.«
»Ja, das waren sie. Aber jetzt habe ich Angst, ich könnte etwas sehr Schönes von mir weisen, nur weil ich weiß, dass meine Mutter, ohne zu zögern, zugegriffen hätte.«
»Stella, ich sehe Sie an und
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