Blüte der Tage: Roman (German Edition)
weiß, was Sie fühlen. Und wir beide sehen Hayley an und staunen über ihren Mut und ihre Stärke, dieses Baby allein großzuziehen.«
Stella stieß ein kurzes Lachen aus. »Wie wahr!«
»Und da wir drei uns kennen gelernt und angefreundet haben, können wir einander Hilfe, Unterstützung und hin und wieder eine Schulter zum Ausweinen gewähren. Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, dass jede von uns ihr eigenes Schicksal hat, dem sie sich stellen muss. Ich denke, Sie werden das bald selbst herausfinden, Stella. Und sich so entscheiden, wie es für Sie richtig ist.«
Sie stellte den Becher auf den Schreibtisch und strich Stella leicht über den Arm. »So, jetzt werde ich rasch nach Hause düsen und mich etwas zurechtmachen.«
»Danke, Roz. Ehrlich. Wenn ich Hayley abgeholt habe, werde ich sie Davids Obhut überlassen. Ich weiß, dass wir heute etwas knapp an Personal sind.«
»Nichts da, Sie bleiben heute bei Lily und ihr. Harper kann im Laden mithelfen. Schließlich kriegen wir nicht jeden Tag ein neues Baby.«
Und an dieses neue Baby dachte Roz auch, als sie auf der Suche nach einem Parkplatz in der Nähe von Mitchell Carnegies Apartment in der Innenstadt herumkurvte.
Es war lange her, seit ein Baby im Harper-Haus gewohnt hatte. Wie würde die Harper-Braut darauf reagieren?
Wie würden sie alle auf diese neue Situation reagieren?
Und wie würde sie selbst damit zurechtkommen, dass sich ihr Erstgeborener gerade in diese süße allein erziehende Mutter und ihr kleines Mädchen verliebte? Zweifellos hatte Harper keine Ahnung, worauf er zusteuerte, und zweifellos war sich auch Hayley dessen nicht bewusst. Aber eine Mutter erkannte solche Dinge; eine Mutter konnte dies im Gesicht ihres Sohnes lesen.
Kommt Zeit, kommt Rat, dachte sie abschließend und fluchte laut vor sich hin, da weit und breit kein Parkplatz in Sicht war.
Erst drei Blocks weiter wurde sie fündig und fluchte abermals, weil sie nun den ganzen Weg in ihren unbequemen Pumps zurücklegen musste. Jetzt würde sie mit Blasen an den Füßen, verschwitzt und viel zu spät bei Carnegie eintrudeln.
Am liebsten hätte sie Stella diesen Termin übertragen. Doch das fiel nicht in Stellas Aufgabenbereich als Geschäftsführerin. Es ging um ihr Heim, um ihre Familiengeschichte. Es war skandalös genug, dass sie sich vorher nie um diese Sache gekümmert hatte.
An der Ampel blieb sie stehen, um auf Grün zu warten.
»Roz!«
Beim Klang dieser Stimme stellten sich ihre Nackenhaare auf. Mit eisig erstarrter Miene drehte sie sich um und starrte den schlanken, attraktiven Mann an, der in seinen glänzend polierten italienischen Designerschuhen mit großen Schritten auf sie zukam.
»Du bist es tatsächlich, ich habe mich also nicht getäuscht. Welch andere Frau könnte auch an einem heißen Nachmittag derart elegant und bezaubernd aussehen.«
Der Mann, den sie einst in ihrer Dummheit geheiratet hatte, umfasste mit beiden Händen ihre Hand. »Du siehst umwerfend aus!«
»Würdest du bitte meine Hand loslassen, Bryce, andernfalls wirst du dich nämlich bäuchlings und an den Pflastersteinen nagend auf dem Gehsteig wiederfinden. Solch eine Szene wäre nur für dich peinlich, nicht für mich.«
Sein leicht gebräuntes Gesicht mit den markanten Zügen verhärtete sich. »Ich hatte gehofft, wir könnten nach dieser langen Zeit Freunde sein.«
»Wir sind keine Freunde und werden nie welche sein.« Gelassen zog sie ein Papiertaschentuch aus ihrer Handtasche und wischte sich damit die Hand ab, die er berührt hatte. »Verlogene, heimtückische Betrüger zähle ich nicht zu meinen Freunden.«
»Bei einer Frau wie dir darf man offenbar niemals einen Fehler machen oder auf Vergebung hoffen.«
»Völlig richtig. Das ist wahrscheinlich das erste Mal, dass du in deinem elenden Leben absolut Recht hast.«
Als die Ampel auf Grün sprang und Roz die Straße überquerte, stellte sie eher resigniert als überrascht fest, dass Bryce ungerührt neben ihr herging. Er trug einen hellgrauen italienischen Designeranzug, einen Canali, wenn sie sich nicht irrte. Zumindest war das damals, als sie auf den Berg unbezahlter Rechnungen gestoßen war, sein Lieblingsdesigner gewesen.
»Ich verstehe nicht, warum du immer noch sauer bist,
Roz, Liebling. Offenbar hast du nach wie vor Gefühle für mich.«
»O ja, Bryce, und ob. Vor allem fühle ich eine grenzenlose Abscheu. Verschwinde, ehe ich einen Polizisten herbeirufe und dich wegen Belästigung festnehmen lasse.«
»Ich würde
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