Blütenzauber und Liebeswunder: Roman (German Edition)
regenbogenfarbener Blumenstrauß, der nach wie vor herrlich aussah und duftete, hatte frisches Wasser bekommen.
Mit Wohlgefallen sah Frankie sich um – freute sich an der Ansammlung prächtiger Stoffe, leuchtender Farben und unterschiedlichster Muster und Schnitte – und war mächtig erleichtert.
Nach einer schlaflosen Samstagnacht – aufgrund von Erschöpfung, noch verstärkt durch die zweifache Fahrt im Erbsensuppen-Nebel, aber vor allem wegen Slo Motions Enthüllungen über Ernie Yardley – hatte Frankie alle Pläne, den Sonntag im Geschäft zu verbringen, fallen lassen.
Nachdem sie gegen Morgengrauen endlich eingeschlafen war – als Lilly gerade von ihrer Ausgehnacht in Winterbrook nach Hause kam –, hatte Frankie unruhig gedöst, war mittags erst richtig wach geworden und hatte sich den ganzen Tag lang wie zerschlagen gefühlt. Nachdem sie beschlossen hatte, dass sie beim Aufräumen des Ladens und Auffüllen der Kleiderständer am Montag, nachdem sie sich gründlich ausgeruht hatte, weitaus bessere Arbeit leisten würde, und sich selbst erfolgreich eingeredet hatte, der Aufschub habe ganz und gar nichts mit dem Gedanken zu tun, dass Ernie Yardleys Geist Wirklichkeit sein könnte, hatte sie den Tag damit verbracht, mit halbem Ohr Lillys Schwärmereien über den neuesten »süßesten Typ der Welt« zuzuhören und darüber nachzugrübeln, was Slo ihr erzählt hatte.
Das konnte doch einfach gar nicht wahr sein.
Natürlich hatte sie Lilly gegenüber von alledem nichts erwähnt. Hauptsächlich, weil Lilly es womöglich einfach geglaubt und damit alles noch viel schlimmer gemacht hätte, aber auch weil eine verliebte Lilly als Zuhörerin etwa genauso wenig taugte wie eine Tischdecke. Also hatte Frankie die ganze Sache mit Ernie Yardley für sich behalten, so wie sie es Slo versprochen hatte.
Und sie hatte ihr den gesamten Sonntag verdorben.
Jetzt hingegen, an diesem hellen, ungewöhnlich frostigen Morgen, da der Nebel sich gelichtet hatte und die tief stehende Wintersonne durch die festlich geschmückten Fenster hereinfiel, hätte sie über ihre Leichtgläubigkeit beinahe lachen können. Geister! Nie im Leben! Es war doch wohl eher so, nahm Frankie stark an, dass Maisie Fairbrother ihr Streiche spielte – auch wenn das Foto ein ziemlich erdrückender Beweis war, ganz zu schweigen von dem Vorfall an der Verkehrsampel … Und warum sollte irgendjemand ihr solche Streiche spielen wollen? Es war ihr nicht bewusst, dass sie irgendwelche Feinde hätte, und sie war ziemlich sicher, dass Rita allgemein beliebt gewesen war. Also, wer? Und warum?
Denn wenn es kein Streich war, musste der Spuk ja wohl echt sein?
Nein. Kopfschüttelnd fuhr sie mit der Hand über eine der Sechzigerjahre-Kleiderstangen. Alles Unsinn. Auch wenn sie, das musste man dazusagen, am frühen Morgen, als der Marktplatz noch dunkel und verlassen und sie selbst noch etwas verschlafen gewesen war, die Boutique mit einem Gefühl starker Beklommenheit geöffnet hatte. Und sie hatte, musste sie sich selbst eingestehen, nach Ernie Yardley gerufen – nur für alle Fälle …
Doch das Geschäft war vollkommen leer gewesen. Achsahs Kleid hing noch immer auf dem Fünfzigerjahre-Ständer, ohne von einem kleinen, älteren, grauhaarigen und koboldgesichtigen Geist bewacht zu werden.
Das war doch alles irgendein alberner, aber raffiniert ausgetüftelter Trick, um sie ins Bockshorn zu jagen. Sie würde herausfinden, wer dahintersteckte, und damit fertigwerden.
Als sie durch die großen Doppelfenster auf den Marktplatz hinausblickte, wo die vom Nebel hinterlassene Feuchtigkeit zu Raureif gefroren war, der alles unter dem glockenblumenblauen Himmel weiß glänzen ließ wie Schnee, konnte sie nicht verstehen, wie sie sich so sehr hatte aufregen können. Es musste irgendeine schlichte und vernünftige Erklärung geben.
Es gab keine Geister und Gespenster. Basta.
Einkäufer gingen mit vorsichtigen Schritten über die vereisten Pflastersteine vergnügt ihren Montagmorgen-Besorgungen nach, und Dexter, der sich gelegentlich auf die Hände blies, sodass sein Atem in der eisigen Luft Wölkchen bildete, arrangierte geschäftig riesige Eimer mit roten und weißen Blumen auf den Holzdielen vor seinem Kiosk und ergänzte die Bestände von Türkränzen und Mistelzweigen.
Sie beobachtete ihn einen Augenblick. Er trug Jeans, Stiefel und Lederjacke wie zuvor, und sein Pullover heute Morgen war türkisblau: ein lebhafter Farbtupfer vor dem üppigen dunklen Grünzeug.
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