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Blumen für den Führer

Titel: Blumen für den Führer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Seidel
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Mohrrüben stibitzt hatte. Mein Vater war natürlich einverstanden. Sie haben mich gemeinsam gut erzogen.«
    »Es waren sechs «, korrigierte Schlömer ernst, »ein halbes Dutzend.«
    Helmuth ging auf ihn zu. Sofort kamen die beiden Knechte näher. Für einen Moment war nicht zu sagen, wer wen im nächsten Augenblick angreifen würde. Helmuth wich keinen
Zentimeter vor ihnen zurück. Er blickte wieder Schlömer an. »Und danke, dass Sie meinen Vater so schlecht bezahlt haben, dass wir Kinder mitschuften mussten.«
    Plötzlich wandte Helmuth sich um und sah die verweinte Mutter an. »Wir sind alle drei nicht zufrieden, du, Jockel und ich nicht. Ihr müsst doch auch diesen Aufbruch fühlen, der überall zu spüren ist. Wir haben nämlich eine Zukunft, die wir uns nicht nehmen lassen werden.«
    Jockel sah, dass Helmuth Tränen in den Augen hatte.
    Mit einer abrupten Bewegung hob er den Seesack vom Boden auf und warf ihn sich über die Schulter. An der Tür zum Hof stieß er einen der Knechte zur Seite. Schlömer und der andere machten Platz.
    Im Hinausgehen drehte sich der Bruder um und blickte auf den Vater herab. »Du wirst Jockel zur Flugschule gehen lassen. Gott stehe dir bei, wenn ich von ihm etwas anderes erfahre. Er will Flieger werden und wir brauchen Flieger für die Zukunft. Die Zeiten ändern sich nun mal.« Er ging in den Hof hinaus. Jockel hörte seine Schritte leiser werden. In der Stube war es totenstill.

Das Geheimnis
    N achdem Ferdinand Graf Haardt das Haus Ulmengrund verlassen hatte, machte sich Waltraut Knesebeck noch mehr Sorgen um Reni. Die genauen Gründe waren ihr selbst nicht klar; es hatte etwas mit dem Klima im Hause zu tun, die Atmosphäre hatte sich verändert.

    Eigentlich hatte sie gehofft, dass wieder Normalität einkehren würde. Aber das war ein naiver Irrtum. Die Nachricht der Begegnung mit dem Führer schlich wie ein entfesseltes Gespenst durch alle Flure und Zimmer. Waltraut hatte den Eindruck, als verwandelte es die Stimmen, Gesten und Gesichter, die sie kannte.
    Überall bildeten sich Gruppen. Wo sie auch hinkam, wurde getuschelt und gestaunt, gerätselt und erwogen, wie sich die Dinge von nun an entwickeln würden. Sogar der Brot-Korff wurde umgehend informiert, als er mit seinem Motorrad in den Hof knatterte. Mit seinem knallenden Gespann lieferte er ein paarmal in der Woche das Brot von einem Gersfelder Bäcker nach Ulmengrund. Er war ein freundlicher Kriegsveteran, der bei allen beliebt war und sich mit allerhand Diensten und Fahrten etwas Geld verdiente. In seinem Beiwagen lagen nicht nur Brot und Lebensmittel, sondern oft auch Lippenstifte, Parfüm oder kunstseidene Strümpfe aus Rayon, die ihn nicht nur bei den Erzieherinnen in Ulmengrund beliebt gemacht hatten. Er war in jedem Dorf bekannt. Nur Hausmeister Kiank stritt mit ihm oder ging ihm aus dem Weg.
    Als Waltraut ihm begegnete, winkte er sie zu sich und blickte prüfend umher. Niemand hörte mit. »Weiß das Kind eigentlich, was mit ihm passiert?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie darf es also streicheln?«
    »Bitte?«
    »Dieses Krokodil.«
    »Herr Korff, ich weiß nicht …«
    »Kommen Sie, es ist kein Geheimnis, was Ihnen durch den Kopf geht. Ich muss Sie doch nur einmal ansehen und weiß
es. Wenn ich unrecht habe, dürfen Sie zur Polizei gehen und mich anzeigen.«
    Waltraut schüttelte den Kopf.
    »Glaubt das Mädel wirklich, dass es ein Glückskind sei?«
    »Was sonst?«
    »Ich würde mir an seiner Stelle Sorgen machen.«
    »Ich bitte Sie, Herr Korff!«
    »Ich sag ja gar nichts mehr.« Er lachte bitter. »Wird sich ja zeigen, wie es ausgeht … Aber keine Sorgen, ich schweige wie ein Grab, wenn ich Reni sehe.«
    Waltraut dankte ihm, mit einem flauen Druck im Magen. Sie sah ihm nach, als er davonfuhr.
    Später sah sie Reni, die von Freundinnen umringt im Hof saß. Das Mädel hatte sich verändert. Es bildete den Mittelpunkt. Waltraut spürte, welche Erregung zwischen ihnen herrschte. Sie blieb in der Nähe stehen und hörte zu. Sie hoffte, dass die Mädel ihr vertrauten und nicht plötzlich verstummen würden wie bei den Kolleginnen, oder wenn die Leiterin vorüberging.
    Janka wandte sich ihr sofort zu. »Haben Sie es schon gehört, Fräulein Knesebeck?«
    »Dumme Gans!«, rief Karin. »Sie war doch dabei, als der Herr Graf es Reni brühwarm gesagt hat.«
    »Ach, natürlich!«, sagte Janka. »Wir können gar nicht glauben, dass es wahr sein soll.«
    Waltraut zwang sich zu lächeln.
    »Reni hat uns versprochen, den

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