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Blumen Für Sein Grab

Blumen Für Sein Grab

Titel: Blumen Für Sein Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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wie Gras. Sehr grün und sehr künstlich. All die Kränze und Blumengebinde, wegen derer sich Rachel sosehr gesorgt hatte, waren wie bestellt eingetroffen, und das Blumengeschäft hatte sich große Mühe gegeben. Das Gesteck der Witwe hatte bereits in der Kirche auf dem Sarg gelegen. Es bestand aus roten Rosen und Nelken mit Büscheln aus goldgerändertem schwarzen Band, vielleicht nicht nach dem Geschmack aller Leute, vermutete Meredith, doch bestimmt ganz im Sinne des verstorbenen Alex Constantine.
    Der Vikar, ein dünner, glatzköpfiger, farbloser Mann, unterhielt sich in gedämpftem Tonfall mit Rachel. In seiner Totenrede hatte er sehr begeistert über die Tugenden des Verstorbenen gesprochen. Alex hatte, so schien es, großzügig für den Fonds zur Renovierung des Kirchturms gespendet. Foster hatte erwähnt, dass Alex große Summen für wohltätige Zwecke ausgegeben hatte. Es war ein scharfsinniger Schachzug gewesen, auch in Lynstone für die gute Sache zu spenden. Sicher war die Spende äußerst dankbar angenommen worden.
    Meredith bewegte sich in den Hintergrund der kleinen Menge und fand sich unvermittelt neben Mavis Tyrrell wieder.
    »So ein schöner Tag«, flüsterte Mavis so laut, dass es ringsum deutlich zu hören war. Und fügte dann ohne jede Spur von Ironie hinzu:
    »Zu schade, dass der arme Mr. Constantine nicht hier sein kann, um ihn zu genießen.« Sie schnäuzte sich lautstark. Er war da, wenigstens was seine sterbliche Hülle betraf. Die Sargträger waren angekommen. Sie entfernten die Rosen vom Sarg und stellten sie neben das Grab. Während sie den Sarg mühsam in das Grab hinabließen, neigte dieser sich zur Seite, und ein Sonnenstrahl fiel auf die Messingplakette an der Seite. Meredith dachte über den Namen auf dieser Plakette nach. Niemand hatte bisher eine befriedigende Erklärung gefunden, warum Georges Wahid es für notwendig erachtet hatte, seinen Namen in Alex Constantine zu ändern. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr schien es Meredith, dass das Geheimnis seiner Ermordung in direkter Verbindung mit dem Wechsel der Identität stand. Warum sollte ein Mann so etwas tun? Und es war nicht die einzige grundlegende Veränderung in seinem Leben gewesen. Er hatte zweimal seinen Lebensmittelpunkt verlegt, zuerst aus dem Libanon nach Zypern, und dann war er aus Zypern weggegangen und nach England gekommen. Zudem hatte er auch noch die Nationalität gewechselt. Georges Wahid hatte effektiv eine ganz neue Person erschaffen: Alex Constantine. Es konnte nicht anders sein, als dass er versucht hatte, durch all diese Änderungen seine Spuren zu verwischen. Hatte er sich sosehr vor jemandem gefürchtet? Hatte er gefürchtet, dass dieser Jemand ihn eines Tages finden und Rache üben könnte? Rache weswegen? Meredith wusste es nicht. Doch es sah ganz danach aus, als hätte jemand Alex am Ende gefunden und ihn ins Grab geschickt. Sie sah, wie Rachel über die Planke neben dem Erdhügel zum Rand des Grabes wankte. Markby berührte sie am Arm, und ihr wurde bewusst, dass er ihr damit bedeuten wollte, als Nächste zu gehen. Gehorsam folgte sie Rachel, beugte sich herab, um ein paar Krumen der feuchten, klebrigen Erde aufzuheben, und warf sie auf den Sarg, wo die Erde prasselnd auf dessen Messingplakette landete und den Namen unkenntlich machte. Alex Constantine verschwand buchstäblich für immer von der Erdoberfläche. Gegangen, doch nicht vergessen, dachte Meredith. Wenigstens jetzt noch nicht. Früher oder später geraten wir alle in Vergessenheit, oder man erinnert sich unserer nur noch in Form einer verzerrten Legende wegen irgendeiner Leistung im Leben. Der Tod wischte die Realität aus wie ein nasser Schwamm Kreidezeichen auf einer Tafel. Nachdem Meredith ihre Pflicht erfüllt hatte, zog sie sich vom Sarg zurück und entfernte sich ein Stück weit von der Gruppe der Trauernden. Sie stand neben dem alten Grabstein mit der Inschrift, die sie bei ihrem ersten Besuch auf dem Friedhof sosehr beeindruckt hatte.
    »Wie ich einst war, so seid nun Ihr, wie ich nun bin, werd’t Ihr einst sein.« Die Worte unterstrichen Merediths eigene melancholische Gedanken. Alex war tot, und das war das Ende der Geschichte. Was auch immer er gefürchtet hatte, er musste es nicht mehr fürchten. Nicht mehr davonlaufen. Für ihn gab es nur noch die friedliche Stille des Grabes. Meredith sah auf und über den antiken Grabstein hinweg zur anderen Seite des Friedhofs. Das Grab lag im Schatten, den die Kirche warf, doch

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