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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Pelsőczy eine Maus, ein unzuverlässiger Mensch. Der Herbst des Jahres vierunddreißig braute Nebel, seit Tagen war Peter mit Vorbereitungen beschäftigt, er besorgte sich eine Soldatenkiste, neue Stiefel und warme Kleidung und verabschiedete sich von seinen Freunden. Er war noch nicht achtzehn, sah aber aus wie fünfundzwanzig und konnte sich nicht vorstellen, durch das Tor des Pester Neugebäudes zu treten, ohne dass er schon einmal eine Frau gehabt hatte. Der Flirt mit der Witwe eines Fleischermeisters dauerte Wochen, und weil ihm keinerlei Erfahrung zu Hilfe kam, hätte er mit seinem Vorhaben beinahe Schiffbruch erlitten.
    Beim Militär genossen solche bärenstarken Rekruten wie er einiges Ansehen, als ginge Körpergröße mit einem Mehr anCharakter einher. Peter strafte dieses Vorurteil bald lügen, in den ersten Wochen beobachtete er nur und grinste einfältig, er war unterwürfig und verspielte leichtfertig das anfängliche Vertrauen. Schnell rutschte er auf der Rangleiter der Wertschätzung abwärts, er schleppte, ohne zu klagen, die schwersten Kisten, striegelte Pferde, putzte Waffen, säuberte Ställe, einmal wischte er auch ein vollgekotztes Offizierszimmer auf. Er machte die Erfahrung, dass die Offiziere sich meist in ihrer eigenen geschlossenen Welt aufhielten und über das Alltagsleben gewöhnlicher Soldaten erhaben waren. Die meisten Unannehmlichkeiten kamen von den direkten Vorgesetzten, beim Pester Regiment der österreichischen Armee war das nicht anders. Peter dachte einige Tage nach, bevor er sich entschloss, dem Gang der Dinge eine neue Richtung zu geben. Ohne besonderen Grund schlug er einen Offizier halbtot, der sich zur Ausbildung von Rekruten besonders berufen fühlte und ihnen zum Beispiel regelmäßig Tritte verabreichte. Der Leutnant gehörte dem niederen Adel an, Peter hatte sich den kräftigen Mann deshalb ausgesucht, weil er aus der Nyírgegend stammte, wo Zsófia ihre elegischen Gedichte schrieb. Peter nahm sich den Kerl vor und bearbeitete ihn mit Fußtritten, wie er es von ihm gelernt hatte. Er kam in den Arrest, zu adeligen Befehlsverweigerern und Deserteuren. Lauter großmäulige, nichtswürdige Gestalten! Er zog sich den Mantel über, tat, als würde er schlafen, und kümmerte sich nicht um die nichtsnutzige Welt. Er dachte, dass es hier nichts zu lernen gab, keinerlei Fertigkeit zu entdecken war, die ihm später von Nutzen sein konnte. Einige Monate später würde er das anders sehen. Jetzt lebte er noch in einem nebelhaften Traum, seine Aufmerksamkeit erlahmte, sein Verstand nahm nur das Allernotwendigste auf, seine Tage verstrichen unbemerkt. Gestern war noch Herbst, doch heute war der Hof bereits mit Schnee bedeckt, und er fegte mit blau gefrorenen Fingern. Der zu Höherem berufene Peter Schön spielt auf einem Kasernenhof mit Schneehaufen herum! Das wird sich ändern, nur Geduld! Sie putzten Waffen, diese Beschäftigung mochte er ungemein, seine Finger waren inder Mechanik von Verschlüssen, Stiften und Bolzen bewandert, doch auf einmal lachte jemand wiehernd auf, es wurde herumgeschrien, dieser Jemand wieherte immer noch, ein tüchtiger Hieb traf Peter, er spürte, wie ihm Blut von der Stirn rann.
    Nanu, man wird ihn doch nicht etwa geschlagen haben?!
    Er grinste einfältig, es lebe der Kaiser!, brummte er, worauf er einen weiteren Schlag abbekam.
    Geschickt wickelte er sich den Lappen um den Fuß, der verfluchte Stiefel drückte. Sie wollten ihm keinen größeren geben, stießen ihn aus der Reihe, er grinste nur, er wusste, wenn er auch nur zurückfauchte, würde jemand sterben. Lichtbrechungen, gewichtslose Eindrücke blieben ihm und dann die Erinnerung an die Entlassung aus dem Arrest, das scharfe Winterlicht, das ihn auf dem Hof überfiel, eine schwarze Wolke von Krähen zog gegen Osten, ihr Krächzen war zu hören. Er starrte mit zusammengekniffenen Augen, sogleich wurde er angeschmettert, er solle seine Sachen packen, er werde verlegt.
    Einige Tage später fand er sich in einer Kaserne bei Wien wieder. Eine Woche lang war er hellwach, dann umhüllten wieder Wolken seine Seele. Blind trieb er von einem Tag in den anderen. Dann wurde er bestohlen, sein Lieblingsmesser aus seiner Soldatenkiste entwendet, der Zorn weckte ihn auf. Er entschied, dass es auch an diesem Ort nicht anders sein sollte als am vorherigen. Es war kein Zufall, dass seine Wahl auf den älteren Offizier fiel, genug Menschenkenntnis hatte er schon, um zu spüren, dass dieser Mann feige war. Grob wie

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