Blut muss fließen
Abstand größte Konzert fand mit über 2000 Besuchern am 4. September 1999 in Garitz (Sachsen-Anhalt) statt« – ein B&H-Konzert.
Rund ein Jahr später bekamen neun Führungskader der Truppe und ihrer Jugendorganisation Post vom Bundesinnenministerium. In der Verfügung vom 12. September 2000 hieß es: »Die ›Blood & Honour Division Deutschland‹ und die White Youth‹ richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung. Die ›Blood & Honour Division Deutschland‹ und die White Youth‹ sind verboten. Sie werden aufgelöst.« Zusammen soll es damals 300 Mitglieder gegeben haben, wie das Ministerium schrieb. Glaubt man dem Verfassungsschutzbericht des Folgejahres, dann war die Aktion ein Erfolg: »Die Strukturen von Blood & Honour in Deutschland sind nach dem Verbot aufgelöst. Die meisten der früheren Aktivisten und Mitglieder zogen sich aus der rechtsextremistischen Szene zurück, einige wenige sind nur mehr in lokalen Cliquen oder Kameradschaften aktiv. Nur wenige ehemalige Mitglieder versuchen noch, Skinhead-Konzerte zu organisieren.« | 84 | Lediglich 80 solcher Veranstaltungen konnte der Verfassungsschutz im Jahr 2001 registrieren.
Die Polizei in Sachsen-Anhalt dürfte die Lage etwas anders bewertet haben. Sie wurde am 16. Juni 2001 auf ein Treffen in der Magdeburger Gaststätte Zur Tafelrunde aufmerksam. Dort soll es um die Weiterführung der Arbeit von Blood & Honour gegangen sein. Das Ermittlungsverfahren endete mit der Verurteilung von vier Personen – wegen Unterstützung des Zusammenhalts einer unanfechtbar verbotenen Vereinigung, wie es im Juristendeutsch hieß.
Sofern die Organisationsstrukturen überhaupt zerstört waren, gab es spätestens im Jahr 2004 neue. Am 19. Juni 2004 traf ich bei einem Neonazi-Konzert nahe dem sächsischen Bautzen auf den Saalschutz der Division 28 Deutschland. Die 28 steht für den zweiten und den achten Buchstaben des Alphabets: BH, wie Blood & Honour. Für mich war sofort klar: Diese Skinheads sehen sich in der Tradition der Division Deutschland dieses Netzwerks.
Auch das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz hatte die Veranstaltung registriert: »Nach unseren Erkenntnissen fand am 19. Juni 2004 in Kubschütz im Landkreis Bautzen ein rechtsextremistisches Konzert statt. Die Veranstaltung wurde in einer Speisehalle auf dem Gelände des Flugplatzes Litten durchgeführt.« Den Saalschutz hatte die Behörde aber offenbar nicht bemerkt: »Seit dem Verbot von Blood & Honour konnten im Freistaat Sachsen keine Aktivitäten im Sinne von Nachfolgebestrebungen registriert werden.« Die Staatsanwaltschaft kam zu einem anderen Ergebnis, nachdem Ausschnitte meines Videomaterials vom Spiegel TV Magazin gesendet worden waren. Das sächsische Innenministerium teilte am 26. April 2006 auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Freya-Maria Klinger von der Linksfraktion mit: »Bekannt ist ein Fernsehbeitrag vom November 2004, demzufolge Angehörige einer sogenannten Gruppierung Division 28 Deutschland innerhalb der rechtsextremistischen Musikszene bestrebt sein sollen, Blood & Honour fortzuführen. Während eines rechtsextremistischen Skinhead-Konzertes am 19. Juni 2004 in Kubschütz, Ortsteil Litten, hätten Angehörige dieser Gruppierung, durch T-Shirts mit gleichlautenden Aufdrucken erkennbar, Security-Dienste geleistet. Aus diesem Anlass wurden Ermittlungen eingeleitet.« | 85 |
Zwei Wochen nach meiner Bautzen-Recherche sah ich am 3. Juli 2004 bei einem Konzert im mittelhessischen Kirtorf erneut Saalschützer der Division 28 Deutschland. Was wusste die Verfassungsschutzzentrale in Köln über diese Gruppierung? »Dem Bundesamt für Verfassungsschutz sind Konzerte bekannt geworden, bei denen Personen den Saalschutz in T-Shirts mit der Bezeichnung ›Division 28‹ ausgeübt haben.« Und was bedeutet das? »Möglicherweise sind diese Personen bestrebt, die Erinnerung an die verbotene Vereinigung Blood & Honour durch die Verwendung des szeneinternen Kürzels für B&H (›28‹) aufrechtzuerhalten. Dies muss jedoch nicht bedeuten, dass dieser Personenkreis Nachfolgebestrebungen im konkreten Sinne an den Tag legt.« Also keine Nachfolgeorganisation, sondern nur ein Erinnerungsverein? Auf diese Idee war ich gar nicht gekommen … Man muss ja nicht immer gleich das Schlimmste annehmen – wenn man so gut informiert ist wie die zuständige Behörde: »Eine organisatorische Struktur hat das Bundesamt für Verfassungsschutz bei der
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