Blut muss fließen
Leuten ist das nicht bekannt. Deshalb verharmlost der Vergleich von »Linke« und NPD die selbst ernannten »Nationaldemokraten«.
Außer auf die Linken hatte es der CSU-Chef auf Muslime abgesehen: »Ich bin der Meinung, wir sind ein christliches Land, und da feiern wir Weihnachten, da feiern wir Ostern, da feiern wir Pfingsten und da feiern wir Fronleichnam. Aber da feiern wir nicht Mohammeds Geburtstag.« Der christ-soziale Wahlkämpfer malte das Bild vom faulen Ausländer in Deutschland: »Bei uns wandern in der Regel die ein, die von unserem Staat leben wollen.« Schön, Huber!? Zusätzlichen Beifall bekam er für die Aussage: »Wenn jemand Deut | 144 | scher werden will und nur das Wort ›Sozialhilfe‹ kann, dann kann er nicht eingebürgert werden.«
Der Minister würdigte den Einbürgerungstest. Den hätten »clevere Leute gemacht, die wissen, worauf es ankommt«. Eine Frage lautete: »Was ist die CSU?« Das freute Erwin Huber: »Ohne zu wissen, was die CSU ist, kann man nicht deutscher Staatsbürger werden.« Dieser politische Frühschoppen endete mit dem gemeinsamen Absingen der Bayernhymne und der Nationalhymne.
Erwin Huber fuhr anschließend in die Meistersingerhalle nach Nürnberg, zum Tag der Heimat des Bundes der Vertriebenen. Da sprach er den Anwesenden aus dem Herzen, als er sagte: »Es geht darum, die Opfer im eigenen Volk nicht zu vergessen. […] Wenn es bei uns heute viele gibt, die Vertreibung in der heutigen Zeit anprangern, wenn sie in Afrika passiert, in Asien, in anderen Erdteilen . Natürlich ist das Unrecht, natürlich ist das Verbrechen. Aber das, was wir heute anprangern auf fremden Erdteilen, das dürfen wir auch anprangern, dort, wo Deutsche Opfer dieser Verbrechen geworden sind.«
Dass von polnischer Seite »so starke Einwände« gegen das Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin vorgebracht worden seien, das habe er »nie verstehen können«. Huber: »Da sieht man, dass manche Völker 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch immer nicht verstanden haben, um was es geht. Es geht nicht um einseitige Schuldzuschreibung hin oder her, sondern es geht um die geschichtliche Wahrheit.«
Was für den CSU-Politiker auch zur geschichtlichen Wahrheit gehört: »Wir wissen, dass mit der deutschen Einheit und der Gestaltung und der rechtlichen Anerkennung der deutschen Einheit schmerzliche Verluste verbunden waren und Grenzen in Europa anerkannt werden mussten, sonst hätten wir diese Einheit nicht bekommen.«
Was führende NPD-Politiker zu diesem Thema sagen, klingt ähnlich wie die Huber’schen Ausführungen. Im Jahr 2004 hörte ich den damaligen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt im bayerischen Senden über »das Land Polen« sprechen, »das immer noch ein Drittel des deutschen Reichsgebiets bis zum heutigen Tage besetzt hat«. | 145 | Fünf Jahre später beklagte der mecklenburgische NPD-Fraktionsvorsitzende Udo Pastörs im sächsischen Landtagswahlkampf bei Jänkendorf, rund 20 Kilometer Luftlinie von der polnischen Grenze entfernt: »Die Wiedervereinigung des deutschen Volkes ist territorial noch nicht vollendet. Es fehlen nach wie vor unsere deutschen Ostgebiete.«
Der Verlust der ehemals deutschen Ostgebiete ist für den damaligen CSU-Chef Huber »schmerzlich«, obwohl er selbst bemerkt hat, dass viele Grenzen gar keine große Rolle mehr spielen: »Zugleich ist etwas Wunderbares geschehen, nämlich, dass viele Länder, in denen früher deutsches Siedlungsgebiet war, jetzt zur Europäischen Union gehören« – er nannte Polen als Beispiel.
Noch etwas Wunderbares ereignete sich eine Woche später: Die Partei, die Erwin Huber – neben Ministerpräsident Günther Beckstein – als Spitzenkandidat auf die Bürger losgelassen hatte, erlitt eine historische Wahlschlappe. Die CSU verlor einen Stimmenanteil von 17,3 Prozent und damit die absolute Mehrheit im bayerischen Landtag.
Die hessische CDU war ein gutes halbes Jahr vorher ebenfalls nicht erfolgreich gewesen. Sie konnte mit der FDP als Koalitionspartner keine Landesregierung bilden. Und Ulrich Caspar, der Wahlkämpfer aus Frankfurt-Hausen, verpasste den Wiedereinzug in den Landtag. Dieses Ergebnis hatte allerdings nur ein Jahr lang Bestand, weil die Regierungsbildung von SPD und Grünen scheiterte. Anfang 2009 eroberten CDU und FDP ihre Mehrheit zurück, und Caspar wurde wieder Abgeordneter.
Und die hessische CDU-Politikerin Kristina Schröder avancierte zwischenzeitlich zur Bundesfamilienministerin. Auf sie bin ich schon im
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