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Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kuban
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als die Bayern. Gleich im Januar zerschlugen sie sogar zwei Konzerte am selben Tag, obwohl das eine als Geburtstagsfeier deklariert und beim anderen die Besucher über einen Treffpunkt in Frankreich geschleust worden waren. Möglicherweise hatte der Verfolgungsdruck im Südwesten schon Ende des Vorjahres zugenommen: Die Band »Act of Violence« aus dem Raum Ulm war am 22. Oktober 2005 nach Bayern ausgewichen, um ihre neue CD vorzustellen.
    Dass es solche Verdrängungseffekte gibt, bestätigte der Berliner Verfassungsschutz im Dezember 2006: »In Berlin ist der Konzertbetrieb seit vielen Jahren fast völlig zum Erliegen gekommen. Rechtsextremistische Konzertveranstaltungen werden in der Regel außerhalb von Berlin durchgeführt. Grund hierfür ist die restriktive Vorgehensweise der Sicherheitsbehörden. In den letzten zehn Jahren lag die Zahl der rechtsextremistischen Konzerte in Berlin lediglich in einem Jahr (1997) bei drei Konzerten, ansonsten immer darunter.«
    Bayern erzielte den umgekehrten Effekt. Die Passauer Polizei nutzte nicht einmal die guten Einsatzvoraussetzungen bei der CD- Vorstellung in Mitterschweib. Sie bestanden darin, dass die NPD das 450-Personen-Konzert als öffentliche Veranstaltung angemeldet und die Polizei deshalb ein unbestreitbares Zutrittsrecht hatte.
    Mit solchen Pannen und Mängeln wollte ich den bayerischen Innenminister Günther Beckstein konfrontieren. Ich bin deshalb nach München geflogen, als er am 28. März 2007 den Verfassungsschutzbericht 2006 präsentierte. Zum Auftakt gab er folgende Erklärung ab: »Ich hebe hervor, dass wir eine glasklare Abgrenzung der Rechts | 159 | extremisten, die wir härtest bekämpfen, von der demokratischen Rechten benötigen. [. ] Wer national-konservative Grundhaltungen hat, der wird unterstützt, der Rechtsextremist wird zu bekämpfen sein.« Becksteins Hinweis zur Unterscheidung: »Wer Hitler als einen großen Staatsmann anschaut wie der NPD-Vorsitzende, der wörtlich erklärt hat, ›Hitler war ein großer Staatsmann, der allerdings auch strategische Fehler gemacht hat‹, das ist nicht ein demokratischer Rechter, sondern ein verrückter Rechtsextremist.« Und der Minister sah vor seinem Journalistenpublikum noch weiteren Erläuterungsbedarf: »Hitler war ein Verbrecher und nicht ein großer Staatsmann.«
    NPD-Leute würden »systematisch in Veranstaltungen reingehen«, berichtete der CSU-Mann. »Leute, denen man schon ansieht, dass es handfeste Typen sind, setzen sich bewusst in die ersten Reihen, damit unerfahrene Leute eingeschüchtert werden.« Beckstein schilderte die Folgen und wie nahe er persönlich an der Szene dran sei: »Ich habe das selbst erlebt, bei Veranstaltungen in den neuen Bundesländern, dass Leute, die nicht die Handfestigkeit und vielleicht auch Abgebrühtheit eines bayerischen Innenministers haben, sich da nimmer viel zu sagen trauen.« Ein handfester, abgebrühter Innenminister, der nicht in der Nähe der anwesenden Nazis wohnt und obendrein Personenschutz genießt, hat gut reden.
    Die Rechtsrockkonzerte erwähnte der Minister bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts nur in ein paar Sätzen: »Daneben haben wir noch Neonazis und rechtsextremistische Skinheads. Was von besonderer Schwierigkeit ist, ist auch die Frage der Skinhead-Konzerte. Die Zahl der Skinhead-Konzerte hat sich hier erhöht. Der Kampf gegen Rechts ist ein wichtiges Anliegen.«
    Als Beckstein fertig war, hakte ich nach.
    Thomas Kuban:
»Mein Name ist Thomas Kuban, ich bin freier Journalist und habe einige Fragen zum Bereich der Neonazi-Musikszene. Zunächst habe ich aber noch eine Verständnisfrage, und zwar: Sie sprechen von 26 Konzerten, da würde mich interessieren, was da alles eingeflossen ist. Weil wenn man Skinheadband-Konzerte, Liedermacher-Konzerte und auch politische Veranstaltungen zusammenzählt, bei denen Bands oder | 160 | Liedermacher aufgetreten sind, kommt man in eine Größenordnung von runden 50 Konzerten.«
    Günther Beckstein:
»Herr Gruber, Sie haben die Zahl 26 genannt. Also sollen Sie das erläutern.«
    Franz Gruber, Vizepräsident des Landesamtes für Verfassungsschutz:
»Das waren eben die Konzertveranstaltungen, die eine gewisse Außenwirkung entwickelt haben. Die also größer waren. Wo die Teilnehmerschar vielleicht bei 100 beziehungsweise darüber lag. Wir erfahren, ganz offen gesagt, auch nicht von jeder Skinhead-Veranstaltung. Wenn das zum Beispiel im engsten Kreis als Geburtstagsparty dargestellt wird, wenn da

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