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Blut muss fließen

Blut muss fließen

Titel: Blut muss fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kuban
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Treffpunkt. Sagen wir mal mindestens Vogelsbergkreis, und dann geht’s jetzt auch schon weiter. Ganz Hessen, kann man sagen.« Er beschrieb einen politischen Flächenbrand und sorgte anschließend für die passenden Bilder, indem er vor der Fernsehkamera ein Stoppelfeld abfackelte. Und er kündigte an: »Wir machen auch mobil. Wir feiern. Im September machen wir die nächste Party. Hier im Hof wieder. Da kommen sie wieder alle.«
    Das Landesamt für Verfassungsschutz schilderte diese Vorgänge in seinem Jahresbericht 2004:
    »Besonders das Anwesen des Skinheads Bertram Köhler bot in Kirtorf (Vogelsbergkreis) eine Plattform für Konzerte und andere Treffs. […] Neben Geburtstags- und Grillfeiern sowie Kameradschaftsabenden fanden in Kirtorf zwei Skinhead-Konzerte mit überregionaler Beteiligung statt. […] Auf dem Hof des Anwesens skandierten einige Personen ›Sieg Heil‹ und riefen Deutschland den Deutschem. Die Polizei dokumentierte die Szenen und leitete Ermittlungsverfahren ein. Zu einem weiteren, dieses Mal als private Geburtstagsfeier deklarierten Konzert kamen am 3. Juli über 250 Rechtsextremisten aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Bands ›Garde 18‹ (Thüringen), ›Aryan Rebels‹ (Bayern) und eine Black-Metal-Gruppe aus Sachsen-Anhalt traten auf. […] Der Öffentlichkeit wurde das Geschehen durch eine Fernsehsendung bekannt. Ein Journalist hatte während des Konzerts heimlich eine mehrstündige Bild- und Tonaufzeichnung angefertigt. In einem Interview machte Köhler aus seiner rechtsextremistischen Einstellung keinen Hehl. Auf die Frage nach Liedern mit antisemitischen Texten antwortete er: ›Ja, das gehört zu dem Skinhead-Sein irgendwo dazu.‹ Über das Lied
Blut
sagte er: ›Das ist nämlich gar keine Freiheit. […] Eigentlich ist unsere Demokratie auch ’ne Diktatur.‹ Die Staatsanwaltschaft Gießen leitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung ein. Bei Wohnungsdurchsuchungen am 25. August fand die Polizei neben umfangreichen Unterlagen im Zusammenhang mit früheren Konzerten nationalsozialistisches Propagandamaterial, mehrere Schusswaffen und scharfe Munition. […] Als 44 Personen am 4. September auf einer Wiese Köhlers eine Grillparty feiern wollten, belegte die Polizei sie mit Platzverweisen und nahm eine Person | 169 | in Gewahrsam. Die Skinheads riefen: ›Gastarbeiter müssen aufgehängt werden, erst kommen die Russen dran, dann die Chinesen, dann die Türken.‹ Ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung wurde eingeleitet. […] Ein für den 18. September von dem Neonazi Manuel Mann (Amöneburg-Roßdorf, Landkreis Marburg-Biedenkopf) mit der Band ›Gegenschlag‹ angemeldetes Konzert auf dem Anwesen Köhlers wurde untersagt. Das Verbot galt generell für Live-Auftritte und das Abspielen von Musik auf Tonträgern, es wurde in allen Instanzen bis hin zum Bundesverfassungsgericht bestätigt. Eine daraufhin von Mann angemeldete Demonstration in Kirtorf wurde verboten. Die Polizei überwachte Köhlers Anwesen und sprach gegen 16 anreisende Skinheads Platzverweise aus. Ende September wurde ein Versammlungsverbot für Zusammenkünfte auf beziehungsweise in allen Grundstücken und Räumlichkeiten Köhlers erlassen.«
    Am 19. Juli 2007 verurteilte das Landgericht Gießen die Verantwortlichen für den Kirtorfer Saustall-Rock in zweiter Instanz zu Geldstrafen beziehungsweise zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten auf Bewährung, wie der Verfassungsschutz berichtete. Die Tatbestände: »Beihilfe zur Volksverhetzung und Beihilfe zur Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.« Und: »Die thüringische Skinhead-Band ›Garde 18‹, die auf diesem Konzert gespielt hatte, wurde in der Berufungsverhandlung vom Landgericht Gießen der Volksverhetzung schuldig gesprochen, die Geldstrafen wurden erhöht.«
    Die hessischen Behörden insgesamt scheinen ihre Lehren aus der Berichterstattung über das Kirtorfer Konzert gezogen zu haben. Und das hatte Auswirkungen auf die Nazi-Bewegung, wie im Verfassungsschutzbericht 2009 zu lesen ist: »Rechtsextremistische Konzerte fanden in den letzten Jahren in Hessen, insbesondere auf Grund des konsequenten Vorgehens der Sicherheitsbehörden, kaum noch statt.« Sogar die Szene sei personell geschrumpft, »weil ihr Strukturen und Möglichkeiten zum Ausleben ihres ›Lifestyles‹ fehlen«, nachdem Skinhead-Kameradschaften wie die Berserker Kirtorf nicht mehr existieren würden.
    Die Erkenntnis: Medienberichte können

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