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Blut und rote Seide

Blut und rote Seide

Titel: Blut und rote Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu Xiaolong
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den er Chen zurückgab.
    »Es war ihr erster Besuch in unserem Club«, sagte er. »Da gehen die Snacks und die Obstplatten aufs Haus. Hier, Sie brauchen Taxigeld, Großer Bruder. Die Winternacht ist kalt.«
    Chen fühlte sich fast ein wenig enttäuscht. Vielleicht war es ja im Interesse des Clubs, sich mit den Kunden gütlich zu einigen. Für ihn war jedenfalls jetzt nicht der Moment, sein Glück zu hinterfragen.
    »Vielen Dank, Geschäftsführer Zhang.«
    »Ich kenne meine Kundschaft«, sagte Zhang. »Sie sind anders, das sehe ich. Und wenn sich der Berg nicht neigt, dann eben das Wasser. Wer weiß, vielleicht laufen wir uns eines Tages wieder über den Weg.«
    Zhang begleitete ihn zum Aufzug. Die Tür öffnete sich, und ein später Gast trat heraus. Augenblicklich war er umringt von einer Schar hell lachender Mädchen, die ihm ihre Dienste anboten. Chen bemerkte auch Grüne Jade, die barfuß aus dem Zimmer gerannt war.
    Sie würdigte ihn keines Blickes mehr.
    »Beehren Sie uns bald wieder, Großer Bruder«, verabschiedete ihn Zhang, als die Aufzugtür sich schloß. »An der Kreuzung Hengshan und Gaoan Lu bekommen Sie leichter ein Taxi.«
     
    Doch Chen stieg in kein Taxi.
    Es war kurz vor vier. Der Spruch »Freude verkürzt die Nacht« fiel ihm ein; er war sich zwar nicht sicher, ob ihm der Aufenthalt im Club tatsächlich Freude bereitet hatte, aber immerhin war die Zeit dort rascher vergangen.
    Die Nacht war kalt, aber ihr Ende nah. Die aufregenden Ideen, die ihm im Club gekommen waren, kühlten hier draußen merklich ab.
    Einige Details paßten, andere nicht.
    Das bevorstehende Treffen mit dem pensionierten Nachbarschaftspolizisten würde alles entscheiden.
    Danach würde Chen Nachforschungen über Meis Sohn anstellen müssen, wobei er sich zunächst die Unterlagen für den Hausverkauf vornehmen würde. Sie mußten eine Unterschrift des Erben und vielleicht noch weitere Informationen über ihn enthalten.
    Es war bereits Donnerstag, er durfte keine Zeit mehr vergeuden.
    Im Moment jedoch konnte er nichts anderes tun, als ziellos umherzustreifen und sich Bewegung zu verschaffen, denn es war grimmig kalt. Jetzt, wo die meisten Lichter erloschen waren, bot die Straße einen ungewohnten Anblick. Er bog in eine Seitengasse und stand nach einer weiteren Abzweigung plötzlich wieder vor dem Alten Herrenhaus. Dunkel, verlassen und trostlos lag es da. Ein Nachtvogel schoß wie aus dem Nichts vorüber.
    Das erinnerte ihn an ein anderes Gedicht von Su Dongpo mit dem Titel »Schwalbenpavillon«.
    Sie schreitet fort, die Nacht, hellwach,
    kann dennoch nicht zurück
    den Schritt ich lenken in den kleinen Garten.
    Der müde Wanderer,
    gestrandet am Rand der Welt,
    richtet heimwärts den Blick mit wehem Herzen.
    Der Schwalbenpavillon, er ist verwaist.
    Wo weilt die Schöne?
    Nur Schwalben hausen nutzlos noch im Kaum.
    Damals und heute, nichts als ein Traum.
    Wer wäre je daraus erwacht?
    Es gibt nur die Wiederkehr von alter Freude und neuem Leid.
    Vielleicht wird ein anderer, zu einer anderen Zeit
    des Nachts für mich Seufzer hinaufsenden
    zum gelben Turm.
     
    Ein trauriges Gedicht. Der Pavillon war bekannt, weil in der Tang-Zeit dort die begnadete Dichterin und Kurtisane Guan Panpan gewohnt hatte. Guan hatte einen Dichter geliebt und sich nach dessen Tod in den Pavillon eingeschlossen, um bis zu ihrem Lebensende keinen Besucher oder Gast mehr zu empfangen. Viele Jahre später hatte der Song-Dichter Su Dongpo den Pavillon aufgesucht und dort dieses berühmte Gedicht verfaßt.
    Chen stellte sich Mei vor, wie sie in ihrem roten qipao , einer strahlenden Wolke gleich, im Garten der Villa stand, ihren Sohn an der Hand …
    Fröstelnd machte er sich auf den Weg zum Markt. Letzte Blätter segelten im Licht der verblassenden Sterne auf den hartgefrorenen Boden. Das Geräusch, das sie dabei machten, erinnerte an das Fallen der Schafgarbenstengel, aus denen man in alten Tempeln die Zukunft las, ein Raunen des Schicksals.
    Auf dem Marktplatz hatte sich noch niemand eingefunden, doch nahe dem Eingang stand bereits eine lange Reihe von Körben aus Plastik, Bambus, Rattan, Holz und Stroh in allen Formen und Größen, dahinter pries ein Schild über einer Theke aus Beton »Gelbfisch« an, ein in Shanghai beliebter Speisefisch. Diese Körbe waren offenbar Platzhalter für die Marktfrauen, die sich bald hier einfinden würden.
    Hatte er diese Szene nicht irgendwo schon einmal gesehen, fragte er sich und zündete, dem kalten Wind den Rücken

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