Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition)
praktisch erwachsen « , sagte Connie mit einer Miene großstädtischer Blasiertheit. » Was dachtest du , was er tun würde – unsere Eltern anrufen? Das ist New York. Es ist eine völlig andere Welt. « Sie wedelte mit ihrer Karte und führte Jazz in Richtung Aufzug.
Das Zimmer hatte zwei Betten. Jazz wusste nicht, ob das gut oder schlecht war. Er hatte bisher nur als Kind bei gelegentlichen » Autoreisen « mit Billy in Hotels übernachtet. Billy war nie geflogen, wenn es sich vermeiden ließ. Zu viele Kontrollen. Zu viele Leute, die deinen Ausweis überprüfen. Verdammt zu viel Neugier, Jasper. Deshalb waren sie zu zahllosen Orten mit dem Wagen gefahren, meist so, dass Billy seinem Sohn eine Art Lehrstunde vermitteln konnte. Erfahrung aus erster Hand, nannte es Billy und hatte Jazz bei mehr als einer Gelegenheit zu seinem Gehilfen und Komplizen gemacht.
Diese Hotels waren meist abgelegene Rattenlöcher gewesen, mit muffigen Laken und Badewannen, die schon fleckig waren, bevor Billy den Dreck und das Blut seines jüngsten Opfers abwusch. Dieses Hotel hier war angenehm, wenn auch langweilig. Über dem Bett hing ein großes, gerahmtes Foto der Freiheitsstatue.
» Warum sollte man auf ein Bild der Freiheitsstatue schauen wollen, wenn man in New York ist? « , wunderte sich Connie. » Man kann hingehen und sie sich in echt anschauen. «
Jazz zuckte mit den Schultern und warf einen Blick ins Badezimmer. Halb erwartete er, seinen Vater tropfnass aus der Dusche kommen zu sehen, mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
» Auf einer Skala von eins bis zehn « , sagte Connie. » Wie wütend bist du auf mich? «
» Ich habe keine Zeit, wütend auf dich zu sein « , sagte Jazz schroffer als beabsichtigt. » Ich muss dem NYPD helfen und dann möglichst schnell aus dieser verdammten Stadt verduften. «
» Immer langsam, du großer Held. Du hast ein Stück Brooklyn aus dem Taxi gesehen und ganze zwei Straßenzüge zu Fuß. Gib der Stadt eine Chance, bevor du sie hasst. «
» Das ist es nicht. « Er schob ihre tröstenden Hände fort, zwang sich aber, es sanft zu tun. » Diese Stadt ist nicht gut für mich. Sie ist ein Jagdrevier. Eine Goldmine, wenn man nach Opfern Ausschau hält. «
» Du bist kein Killer « , sagte sie, nahm eine Hand von ihm in beide Hände und drückte sie an ihre Brust. » Hör mir zu: Du bist kein Killer. Es spielt keine Rolle, was diese Stadt ist. «
Er starrte auf die Freiheitsstatue. Warf rasch einen Blick auf die Lampe auf dem Nachttisch zwischen den beiden Betten. Hauptsache, er musste Connie nicht ansehen. » Weißt du noch, wie ich einmal zu dir gesagt habe, das Problem mit Leuten ist, dass sie aufhören, etwas Besonderes zu sein, wenn es so viele von ihnen gibt? «
Sie nickte.
» Na, dann sieh dich um, und zähle zwei und zwei zusammen. «
Du könntest Tausende von ihnen abschlachten und nie erwischt werden, Jasper, mein Junge. Du könntest all diese Dinge tun, die ich dir beigebracht habe. Du könntest …
Connie zerrte ihn in die Mitte des Zimmers. » Weißt du was? Zehn von zehn Jungs aus Lobo’s Nod würde die Hose aufplatzen beim Gedanken daran, unbeaufsichtigt mit mir allein in einem Hotelzimmer zu sein. Also denk nicht mehr über die Ermordung von Leuten nach, sondern denk daran, dass wir ein paar Stunden Zeit haben, bevor Hughes wiederkommt und du an die Arbeit gehen musst. « Zur besseren Wirkung zog sie noch eine Augenbraue in die Höhe.
Sie versuchte, ihn abzulenken. Versuchte, die Fesseln seiner geerbten Ängste zu sprengen. Er liebte sie dafür. Und sie tat ihm leid dafür, denn er wusste, diese Fesseln konnten gelockert und neu angeordnet werden, aber nie durchtrennt.
» Hughes sagte, wir sollen uns schützen « , sagte er und lächelte matt. » Aber wir haben nichts. «
» So weit gehen wir nicht « , erwiderte sie und küsste ihn heftig auf den Mund. » Wir kommen uns nur sehr, sehr nahe und zerwühlen eins der Betten, das ist alles. «
Jazz ergab sich.
Wie versprochen, war Hughes nach einigen Stunden wieder da. Connie und Jazz hatten inzwischen das Bett wieder gemacht und lümmelten unschuldig herum, als hätten sie sich während Hughes’ Abwesenheit kaum vom Fleck bewegt.
Hughes ließ sich nicht täuschen. Er grinste, als er zur Tür hereinkam, ehe er seine übliche ernste Miene aufsetzte. Er trug einen riesigen Pizzakarton mit einem weiteren Karton obenauf sowie eine Tasche, die über seiner Schulter hing. » Ich komme mit Pizza und Bildern des Todes « ,
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