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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Noch könnte ich mich sogar umdrehen und ihm sagen, dass ich mich anders entschieden hatte. Ich stieß die Tür auf, trat hinaus in die Sonne. Erst nach zwei Schritten wurde mir klar, dass etwas nicht stimmte. Und was. Da war keine Hitze! Vielmehr fühlte es sich an, als stünde ich im Schatten eines riesigen Baumes, während ein angenehm milder Lufthauch um mich strich.

    »Er soll dir helfen, unsere Hitze besser zu ertragen.«
    Abrupt blieb ich stehen, wirbelte herum. Und prallte mit ihm zusammen. Offenbar hatte er sich umgewandt, um die Tür hinter uns wieder zu schließen, und dabei nicht bemerkt, dass ich nicht weitergegangen war. Wir taumelten beide. Für eine Sekunde schlossen seine Hände sich um meine Oberarme, doch schon in der nächsten hatte er mich wieder losgelassen – nein, hatte mich so hart von sich gestoßen, dass ich von ihm wegstolperte – und war selbst so heftig zurückgefahren, dass er mit dem Rücken gegen die Tür knallte.
    Im ersten Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte, streckte ihm schließlich einfach nur das Handgelenk mit dem Armreif entgegen. Verständnislos sah er mich an. Zwischen seinen Brauen war erneut eine dünne Linie.
    »Es funktioniert wunderbar. Danke!«, brachte ich dann endlich zustande.
    Schlagartig hellte sein Miene sich auf. Das Lächeln, das ich in der vergangenen Nacht zum ersten Mal bei ihm gesehen hatte, glitt abermals über seine Lippen. »Nicht dafür.« Er hob die Hand, schien sie nach meiner Wange ausstrecken zu wollen. Und ließ sie wieder fallen, bevor er die Bewegung auch nur ansatzweise zu Ende geführt hatte. Stattdessen rammte er beide Hände in die Hosentaschen, räusperte sich und nickte Richtung Garage. »Lass uns weitergehen.«
    Ich biss die Zähne zusammen, nickte, machte kehrt und marschierte los. Wieder vor ihm her. Warum hatte seine Reaktion sich gerade wie eine Ohrfeige angefühlt? Die ganze Strecke konnte ich ihn hinter mir spüren. Mehr als eine Armlänge entfernt. Keiner von uns sprach ein Wort.
    In der Garage war es wie immer dämmrig. Und sehr still. Die
letzten Tage hatten uns hier die Beats aus Miguels Gettoblaster in ohrenbetäubender Lautstärke begrüßt, aber jetzt … Der Anblick seines Golfs, der noch an genau derselben Stelle stand, an der ich ihn vorgestern am Ende meiner Fahrstunde geparkt hatte, zog mir den Knoten in meinem Magen noch ein bisschen mehr zusammen. »Es ist nicht fair.«
    Joaquín war neben dem mittleren der Tore stehen geblieben und ließ es in die Höhe fahren. Sonnenlicht flutete darunter herein.
    »No, das ist es nicht.«
    Verblüfft drehte ich mich zu ihm um. Es war mir nicht bewusst gewesen, dass ich die Worte laut ausgesprochen hatte.
    »Das ist das Leben nie.« Er ließ den Schalter los und ging zu dem Geländewagen hinüber.
    »Was wird jetzt damit?« Ich nickte zu dem Golf hin, blieb ansonsten aber, wo ich war.
    »Ich weiß es nicht. Über den hat Jacinta sich sicher noch gar keine Gedanken gemacht. Vermutlich wird sie ihn verkaufen. Oder mich bitten, dass ich das für sie tue. Der Wagen steht erstklassig da. Sie wird einen guten Preis dafür bekommen. Und mir fallen auf Anhieb ein halbes Dutzend Leute ein, die diesen Preis auch anstandslos bezahlen würden.«
    »Und der Camaro?«
    »Wenn sich für den kein bastelbegeisterter Liebhaber findet, hat der eigentlich nur noch Schrottwert.« Und dabei hatte Miguel offenbar schon so viel Zeit und Mühe in ihn gesteckt. »Aber ich glaube, Rafael kennt jemanden, der jemanden kennt, der sich für ihn interessieren könnte.« Er hob die Schultern. Auf eine Art, die seltsam … nicht gleichgültig wirkte. »Sollen wir dann?«

    Er öffnete mir die Beifahrertür des Geländewagens. Ich gab mir einen Ruck, ging hinüber, stieg ein und zog die Tür hinter mir zu, bevor er sie schließen konnte. Durch die Scheibe begegneten sich unsere Blicke für eine Sekunde, dann wechselte er wortlos auf die Fahrerseite und stieg ebenfalls ein.

24
    E s ging eine knappe Dreiviertelstunde über Schotterpisten, die weit davon entfernt waren, die Bezeichnung ›Weg‹ zu verdienen, geschweige denn ›Straße‹. Zwischen majestätisch, rötlich fahlen Felsen hindurch, die vom Wind wie glatt geschliffen wirkten, über Geröllebenen hinweg und an kleinen Wäldern dieser seltsamen Joshua Trees vorbei. Unter dem strahlend blauen Himmel flimmerte die Hitze über der Erde, verwandelte den Boden vor uns ein ums andere Mal in eine wie nass spiegelnde Fläche, obwohl von Wasser weit und

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