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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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den Stoff zerfetzt. Die Haut darunter. Er starrte auf Joaquín hinab. Das Gesicht verzerrt. Nackte Wut im Blick. Sagte etwas auf Spanisch.
    »NO!« Joaquín brüllte auf, versuchte mühsam auf die Füße zu kommen, schaffte es gerade mal auf die Knie, weil die Kette ihm kaum mehr als eine Handbreit Raum ließ, wankend, fletschte die Fänge, schlug nach seinem Großvater. Der wich ihm aus, zischte abermals etwas auf Spanisch. Und dann sah er zu mir her. Ich erstarrte, konnte wieder nicht mehr atmen.
    Gemächlich kam er auf mich zu, beugte sich zu mir herab. Eine seiner Schwingen hing … schief, war … aufgeschlitzt. Erst als meine Schulter gegen einen der Pfeiler stieß, wurde mir bewusst, dass ich von ihm weggekrochen war. Joaquín zerrte
wild an seiner Fessel. »Ich hätte dich am Leben gelassen. Als … Spielzeug für ihn. Aber unter diesen Umständen …« Er machte eine vage Geste. »Du kannst dich bei meinem Enkel dafür bedanken, dass du heute Nacht sterben wirst, Mädchen.« Ich riss den Kopf zurück, als er die Hand nach mir ausstreckte, mir die Wange tätschelte, spürte den Schmerz kaum, als mein Kopf gegen den Pfeiler hinter mir schlug. »Wenn es dich tröstet: Niemand widersetzt sich mir und kommt mit dem Leben davon. Auch nicht mein Enkel.« Er richtete sich auf, wandte sich zur Tür. »Domenico, Santos: Die Kleine gehört euch.« Sein Lächeln war das eines gütigen, alten Mannes. Und zugleich unendlich grausam und spöttisch. »Lasst euch Zeit mit ihr.« Die Tür schloss sich beinah lautlos. Der Laut dröhnte in meinen Ohren.
    Ich hörte Joaquíns Aufheulen nicht mehr wirklich. Es ging in meinem viel zu schnellen, viel zu hohen Keuchen unter. Einer der beiden Nosferatu hatte sich mir zugewandt. Ich schob mich an dem Pfeiler in meinem Rücken in die Höhe. Alles an mir zitterte. Es fühlte sich an wie damals. Sie kamen näher. Nein! Bitte! Nein! Beide lächelten. Der Blonde leckte sich die Lippen. Meine Lungen weigerten sich, zu arbeiten, Luft einzuziehen. Ich tastete mich rückwärts an dem Pfeiler vorbei. Atmen! Ich musste atmen! Joaquín riss wie besessen an seiner Kette, wand die Hand in dem Eisen, brüllte Unverständliches auf Spanisch. Sie beachteten ihn nicht. Der Vordere griff nach mir. Ich stolperte zur Seite, duckte mich unter seinem Arm hindurch, wich gerade noch seiner Schwinge aus. Die Tür! Blindlings warf ich mich darauf zu. Der Zweite erwischte mich um die Mitte, riss mich zurück und herum, schubste mich gegen seinen Kameraden. Ich schrie, prallte gegen seine Brust, taumelte hastig von
ihm weg, stieß von Neuem gegen den Pfeiler. Sie lachten. Wie zuvor presste ich mich gegen den Stein. Ich konnte nicht atmen. Nicht denken. Der Blonde winkte mich zu sich.
    »Komm schon, chiquilla. Sei nicht so schüchtern.«
    Abermals schob ich mich rücklings an dem Pfeiler vorbei, weg von ihnen. Diesmal auf der anderen Seite, näher zu Joaquín hin. Schüttelte mehr aus Reflex den Kopf. Atmen. Geradezu gemächlich folgte der Dunkelhaarige meiner Bewegung, schnitt mir den Weg ab, spreizte die Schwingen, trieb mich rückwärts vor sich her. »Die Kleine will noch ein bisschen spielen, Santos.«
    Atmen! Ich brachte keinen Ton hervor. Hinter ihm zerrte Joaquín noch härter an der Kette, fletschte die Fänge, heulte etwas, das ich nicht verstand. Diesmal reagierte der Blonde darauf. Es klang höhnisch. Ich stieß gegen die Wand. Der dunkelhaarige Nosferatu lächelte, kam unaufhaltsam näher, streckte die Hand nach mir aus. Mein Herz raste. Das Blut donnerte in meinen Ohren. Ich versuchte, ihm auszuweichen, an ihm vorbeizukommen … Wie beim ersten Mal schlang er mir den Arm um die Mitte. Ich schrie. Er lachte. Ließ mich diesmal nicht wieder los.
    Ich spürte seine Fänge in meiner Schulter.
    Joaquín brüllte.
    Mein Verstand setzte aus. Ich schrie, schrie, schrie, während die Welt sich verzerrte.

39
    D ie Zähne des dunkelhaarigen Nosferatu waren in meinem Handgelenk. Die des anderen … ich wusste es nicht. Ich wehrte mich, wand mich, bäumte mich auf, versuchte, freizukommen. Mit allen Mitteln. Schlug um mich, kratzte, biss. Joaquín zerrte wie ein Wahnsinniger an der Kette. Die Fänge gefletscht. Seine Hand war blutig. Blut lief seine Finger hinab. Ich hörte ihn meinen Namen schreien. Unverständliches auf Spanisch brüllen. Der blonde Nosferatu lachte, beugte sich über mich. Schmerz an meiner Schulter; und ich schrie. Joaquín heulte, hieb die Krallen unter das Eisen. Alles war so weit

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