Blutbraut
mich fest, drückte mich an sich. Ich musste atmen! Atmen! »Und außerdem. Ich habe ein paar … Freunde, die nur bereit sind, mich als ihren … Patron anzuerkennen, wenn ich ihnen innerhalb einer gewissen Frist … beweise, dass meine Macht die von jedem Einzelnen von ihnen bei Weitem übersteigt. Was nur mit deiner … ah … uneingeschränkten Kooperation möglich ist.« Scheinbar bedauernd schüttelte er den Kopf. »Du siehst: Ich habe gar keine andere Wahl.«
»Lass. Sie. Gehen.« Genauso zwischen zusammengebissenen Zähnen wie zuvor. Sein Zittern schien mit jeder Sekunde schlimmer zu werden. Seine Hände waren zu Fäusten geballt.
»Das willst du nicht wirklich, mein Junge.« Jesús de Alvaros Hand legte sich auf meinen Hals. »Ihr Herz klopft wie das eines gefangenen Vögelchens. Angst macht das Blut noch süßer. Wusstest du das?« Ich spürte seine Wange an meinem Haar, wimmerte hilflos. »Komm her und fühl selbst. Nimm sie dir, Joaquín. Ihre Mutter hat sie deinem Vater verkauft. Für dich. – Ja, ich weiß auch das. – Sie gehört dir. Du kannst mit ihr machen, was du willst.« Seine Lippen streiften mein Ohr. Meine
Lungen zogen sich noch mehr zusammen. Ich wollte die Augen schließen, das Grauen aussperren. Ich konnte nicht. Joaquín war noch weiter zurückgewichen. Bis zu den Säulen. »Oder möchtest du, dass ich zuvor Santos und Domenico ein bisschen mit ihr spielen lasse?« Ich keuchte auf. Nein! Bitte nicht! »Was meinst du, wie lange du dich beherrschen kannst, wenn du dabei zusiehst, wie sie ihren Spaß mit ihr haben? Nicht lange, oder? Nein.« Er lachte. »Du erträgst es ja kaum, zu sehen, wie ich sie im Arm halte.« Ein leises Schnalzen. »Ach ja, die Liebe. Der große Fluch der Männer unserer Familie. Nur dass manche von uns sich dabei die Falsche aussuchen.« Wieder sank sein Ton zu einem Schmeicheln herab. »Sie gehört dir. Ganz allein. Du musst nur kommen und sie dir holen.« Seine Kralle schnitt in meine Schulter. Ich schluchzte auf, fühlte mein Blut abwärtsrinnen. Noch ein Schnitt. Ein Stück tiefer. Diesmal schrie ich. Auch beim nächsten.
Joaquíns Blick war für den Bruchteil einer Sekunde an mir vorbei zu den beiden Nosferatu hinter uns gezuckt, zu seinem Großvater, kehrte jetzt zu mir zurück. Er leckte sich die Lippen. Sagte nichts.
»Schau sie dir an. Riechst du, wie süß ihr Blut ist? Willst du nicht davon kosten?« Wieder ein Schnitt. Ich wimmerte. »Nimm sie dir.« Joaquín rührte sich nicht. Senkte den Kopf ein winziges Stück. »Nein?« Jesús de Alvaro stieß ein Seufzen aus. »Wie du meinst. Domenico …!«
»No!« Abrupt schob Joaquín sich an dem Pfeiler vorbei, kam auf mich zu. Seltsam … steif. Sein Blick hing wieder an meiner Kehle. Seine Oberlippe war gehoben. Atmen, Lucinda! Er schluckte. »Sie gehört mir.« Sah mir in die Augen. Farblos glitzernd. Diamanten. Kalt. Wunderschön. »Gib sie mir, alter
Mann.« Seine Stimme war rau. Dunkel. »¡Dámela!« Er hielt meinen Blick mit seinem fest. Unverwandt. Wie zuvor fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen. Nein! Bitte! Nein! Ich wollte schreien und brachte keinen Ton heraus. Sein Großvater lachte leise. Ich stemmte mich gegen seinen Griff, dagegen, dass er mich vorwärtsschob, auf Joaquín zu. Der war stehen geblieben, den Arm mit der Kette fast waagrecht hinter sich. Offenbar am Ende ihrer Reichweite. Die andere Hand nach mir ausgestreckt. »¡Dámela!« Seine Stimme war zu einem Flüstern herabgesunken. Nein! Bitte nicht! Nur ein Keuchen kam aus meiner Kehle. Sein Großvater hielt mich unerbittlich fest, zwang mich weiter vorwärts.
»Ich wusste, dass du ihr nicht widerstehen kannst.«
Joaquín verzog den Mund. »¡Acércate, viejo!« Drängend. Heiser. Seine Augen nach wie vor in meinen. Keine Armlänge trennte uns mehr. Lächelte, plötzlich träge und grausam. »¡Acércate, con ella!« ZU nah! Ich stemmte mich gegen seine Brust. Er beugte sich ein kleines Stück vor. Ohne den Blick aus meinem zu nehmen. Seine Hand legte sich gegen meine Wange, strich abwärts zu meiner Kehle. Nein! Nein! Bitte! Ich bekam keine Luft. Etwas in Joaquíns Lächeln veränderte sich.
»Haut wie Seide und Sahne«, gurrte Jesús de Alvaro hinter mir. »So zart und zerbrechlich. Und doch mit Feuer im Blut.« Ich spürte seine Hand in meinem Nacken. »Deine Mutter war genauso …«
Joaquíns Augen zuckten zu seinem Großvater. Seine Berührung erstarrte. »¿Qué?«
»Sie war viel zu gut für deinen Vater. Aber sie
Weitere Kostenlose Bücher