Bluternte: Thriller
dann bitte sagen, dass sich morgen früh jemand bei ihr meldet? Eine Kollegin aus der Klinik, sie wird Gillians Therapie übernehmen.«
Gwen runzelte die Stirn. »Ich dachte, Sie beide können ganz gut miteinander.«
»Konnten wir auch. Es tut mir leid, ich kann wirklich nicht näher darauf eingehen. Vielen Dank für Ihre Hilfe, und bitte rufen Sie mich an, wenn es nötig ist.« Evi erhob sich mühsam.
»Mach’ ich«, versprach Gwen, während sie dasselbe tat. »Dann gibt’s also nichts Neues von dem kleinen Jungen?«
Evi schüttelte den Kopf.
»Die arme Mutter. Da fragt man sich doch, was da oben eigentlich los ist, nicht wahr? Und dann noch in der Kirche. Ich hab’ gehört, sie haben über Nacht einen Constable in der Sakristei postiert, nur für den Fall … also, man darf ja gar nicht daran denken, oder?«
Evi strebte auf die Wohnzimmertür zu. Gwen stand ihr im Weg, doch sie hatte wirklich keine Zeit zum Plaudern. Demonstrativ schaute sie auf die Uhr, und Gwen trat zur Seite.
»Ich weiß, ich sollte mehr Mitleid mit Gillian haben«, fing sie an, während sie Evi den Flur hinunter folgte. »Sie hat ihre Tochter verloren und zwei andere kleine Mädchen, die sie gern hatte. Natürlich haben alle gedacht, das wäre nichts anderes als ein Zufall, bei der ganzen Zeit, die dazwischen lag. Vier Jahre zwischen Lucy und Megan und dann noch mal drei, bevor wir Hayley verloren haben. Und was passiert ist, war immer so unterschiedlich. Eine ist abgestürzt, eine ist verschwunden, eine ist bei einem Brand umgekommen. Woher hätten wir denn wissen sollen, dass sie alle drei miteinander zusammenhängen?«
»Das hätten Sie nicht wissen können«, versicherte Evi. »Niemand trifft eine Schuld.« Einen Meter vor der Haustür blieb sie stehen. Dass sie alle drei zusammenhängen? »Gillian hatte Lucy und Megan gern?«, fragte sie.
»Oh, aye. Sie hat ein paar Mal auf Lucy aufgepasst, als sie noch gelebt hat. Kriegen Sie die Tür auf, Liebes?«
»Ich glaube, das hat sie mir erzählt«, sagte Evi. »Ich wusste nicht, dass sie Megan auch gekannt hat.«
»Hat immer den Babysitter für sie gemacht. So ein süßes kleines Ding. Die Familie ist weggezogen. Über so was kommt man nicht weg, nicht wahr? Ich sollte mehr Mitleid mit Gillian haben, ich weiß. Hier, lassen Sie mich das machen.«
Evi sah zu, wie Gwen an ihr vorbeigriff, um die Tür zu öffnen. Sie zwang sich, über die Schwelle zu treten. »Vielen Dank, Gwen«, sagte sie. »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
Draußen lehnte Evi sich gegen ihr Auto. Die Windschutzscheibe war bereits mit einer dünnen Schneeschicht bestäubt. Sie durfte jetzt nicht den Kopf verlieren. Finden Sie die Verbindung, hatte Steve gesagt: Die Opfer waren nicht zufällig ausgesucht worden, zwischen ihnen gab es eine Verbindung. Hatte sie sie gefunden? Hatte sie genug, um zur Polizei zu gehen?
Sie fuhr den Hügel hinunter und sah Harrys Wagen vor dem Haus der Fletchers stehen. Gleich darauf hatte sie ihr Auto geparkt. Ohne auf Gillians Wohnung zu achten, ging sie zur Tür des Zeitungsladens, der sich darunter befand. Im Laden war es dunkel. Sie hämmerte gegen die Tür. Gab es hier eine Klingel? Ja, in der linken oberen Ecke. Sie drückte fünf Sekunden lang darauf, wartete kurz, drückte dann wieder darauf. Ganz hinten im Laden öffnete sich eine Tür. Licht ging an, und jemand kam auf sie zu. Bitte, lass es … ja, es war die Frau, mit der sie gestern gesprochen hatte.
»Wir ha’m geschlossen.«
»Ich muss Sie etwas fragen«, stieß Evi hervor. »Ich war gestern hier, wissen Sie noch? Ich habe Gillian gesucht.«
»Also wissen Sie, ich bin nich’ ihre Aufpasserin.« Die Frau war Mitte sechzig, klein und dick, mit glattem grauen Haar.
»Sie haben gesagt, Sie hätten sie in den Bus steigen sehen«, sagte Evi. »Erinnern Sie sich?«
»Könnt’ schon sein.« Die Frau verschränkte die Arme vor der Brust.
»Haben Sie gesehen, in welchen Bus sie eingestiegen ist? Wo er hingefahren ist?«
»Was is’n das hier, Crime Watch?« Plötzlich machte die Frau ein langes Gesicht. »Das hat doch nich’ etwa was mit diesem Jungen zu tun, oder?«
»Es wäre möglich.« Evi war verzweifelt. »Bitte, falls Sie sich erinnern können, es ist wirklich wichtig.«
»Also, das war keiner von diesen Witch-Way-Bussen,« überlegte die Frau. Ihre pampige Art war schlagartig verschwunden. »Die sind rot und schwarz, richtig?«
»Ich glaube schon«, erwiderte Evi, obwohl sie nie mit dem Bus
Weitere Kostenlose Bücher