Blutgrab
nach der Tat in Brand gesetzt, um möglichst alle Spuren zu verwischen. Allein die Autos zu beschaffen, setzt ein gewisses Startkapital voraus.«
»Es sei denn, sie sind geklaut«, murmelte Ulbricht und vergrub die Hände in den Hosentaschen. Ihm war kalt. Er fürchtete, dass eine Erkältung im Anmarsch war. Kein Wunder, bei diesem Wetter.
»Da sind Sie ja, Chef!«
Ulbricht wirbelte mit einer entnervten Miene herum. Frank »Brille« Heinrichs näherte sich mit weit ausladenden Schritten. Über seinem hellgrauen Anzug trug er einen Parka, mit der Kapuze auf dem Kopf sah er noch dämlicher aus als sonst.
»Ulbricht«, knurrte er. »Für Sie heiße ich Ulbricht, Heinrichs, wann kapieren Sie das endlich?«
»Schon gut, schon gut, Herr Hauptkommissar.« Heinrichs errötete auf der Stelle. Als er sah, dass sein Vorgesetzter schon wieder in Begleitung der ihm unbekannten Frau war, deutete er eine Verbeugung an. »Entschuldigen Sie, Frau… Wir haben uns vorhin noch gar nicht kennenlernen können, Frau …« Durch die dünnen Gläser der blau gerahmten Brille lugten seine Schweinsaugen neugierig zu Maja hinüber.
Ulbricht fiel erst jetzt auf, dass er Maja und Heinrichs in der Hektik vorhin gar nicht einander vorgestellt hatte. Nun war es dafür zu spät, aber die beiden waren erwachsen und der deutschen Sprache mächtig.
Also, fragte er sich, warum soll ich mich jetzt noch einmischen?
»Klausen«, stellte sie sich vor. »Hauptkommissarin Maja Klausen vom Zentralen Kriminaldienst in Hameln.« Sie reichten sich die Hände.
»Hameln?« Heinrichs stutzte. »Liegt das nicht in Niedersachsen?«
»Erdkunde eins - setzen«, stimme Ulbricht zu. »Wir kennen uns privat, und wir…« Er suchte ein wenig peinlich berührt nach den richtigen Worten. »Wir unterstützen uns gegenseitig.«
»So, so«, machte Heinrichs und war plötzlich so zickig wie ein eifersüchtiges Mädchen. »Sie unterstützen sich. Ganz unbürokratisch, nehme ich mal an?«
»Heinrichs, wenn Sie nicht den Ball flach halten, werde ich dafür Sorge tragen, dass Sie im nächsten Halbjahr den Kollegen von der Streife unter die Arme greifen und Parksünder jagen - ganz unbürokratisch, versteht sich.«
»Nichts für ungut, aber ich erfahre es normalerweise zuerst, wenn sich im Präsidium neue Teams bilden, und …«
»Was macht die Bank- und die Schufa-Auskunft von Brabender?«, wechselte Ulbricht schnell das Thema. Er hatte keine Lust, sich vor einem Kommissarsanwärter zu rechtfertigen.
»Läuft. Könnten wir uns jetzt um den Fall kümmern?«
»Keine Einwände. Sie lamentieren doch hier rum wie eine beleidigte Tücke. Ist der Heli aus Düsseldorf in der Luft, um die Verfolgung des BMW aufzunehmen?«
»Seit zwanzig Minuten. Bislang vergeblich.« Heinrichs' Stimme klang ein wenig versöhnlich. »Die Fahndung läuft landesweit, die Holländer halten Augen und Ohren offen und es ist wohl eine Frage der Zeit, bis wir die Kerle haben.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr«, erwiderte Ulbricht. »Und sonst?«
»Es hieß doch heute Morgen, dass Carolin Mertens in der Nacht vor dem Überfall Streit mit ihrem Lebensgefährten hatte.«
»Und?« Ulbricht rümpfte die Nase. »Was geht uns das Liebesleben von Brabenders Schmuckverkäuferin an?«
Heinrichs rückte sich die Brille zurecht und ging nicht auf die Frage seines Vorgesetzten ein. »Wir haben den Mann überprüft. Nils Gertz, achtundzwanzig Jahre alt, jobbt bei einer Zeitarbeitsfirma. Er ist unserer Firma bekannt.« Heinrichs machte eine wichtige Miene.
»Was soll das heißen?«
»Gertz ist vorbestraft und nur auf Bewährung auf freiem Fuß.«
Maja wurde das Frage-Antwort-Spiel zwischen Norbert Ulbricht und seinem Assistenten offenbar zu bunt. »Was hat er denn angestellt?«
»Verschiedene Eigentumsdelikte, einmal soll er an einem Wohnungseinbruch beteiligt gewesen sein, was ihm aber nicht nachgewiesen werden konnte. Überhaupt scheint er über eine geringe Hemmschwelle zu verfügen. Vor einigen Jahren gab es eine Anzeige wegen körperlicher Gewalt. Er hat seine damalige Freundin verprügelt.«
»Na, ob seine jetzige Freundin das wohl weiß?« Maja gab Ulbricht ein Zeichen.
»Wir werden sie dazu befragen«, erwiderte er und blickte sich auf dem Gelände um. »Da ist doch spurentechnisch nichts mehr zu holen«, sagte er dann an seinen Assistenten gewandt.
»Wahrscheinlich nicht«, stimmte Heinrichs ihm zu. »Wir sind mal die Datenbanken durchgegangen -ein Fahrzeug wie das da«, er deutete zu dem
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