Blutheide
Gästen zu.
Als Bene kurz darauf hinter dem Tresen stand und für die Tagungsgäste Caipirinha im Akkord mixte, beobachtete er die drei aus den Augenwinkeln. Katharina stand zwischen seinem Bruder und diesem Tobi. Sie wirkten sehr auf ihr Gespräch konzentriert, doch Bene registrierte gleichzeitig die eindeutig interessierten Blicke, die Tobi Katharina zuwarf. Die hingegen schien davon nichts mitzubekommen. Bene konnte sich nicht vorstellen, dass Katharina an so einem Typen Interesse haben könnte, und ärgerte sich gleichzeitig, dass er daran überhaupt einen Gedanken verschwendete. Konnte ihm schließlich egal sein, was sie trieb. Sie hatten ’ne gemeinsame Nacht gehabt, mehr nicht. Obwohl er nach wie vor nichts gegen eine Wiederholung einzuwenden gehabt hätte, hatte alles andere ihn nicht zu interessieren. Punkt. Kurz entschlossen nahm Bene drei der eigentlich für die Vertriebler gemixten Caipis und stellte sie vor das Komissarentrio, das bislang nur eine Flasche Wasser bestellt hatte: »Da, ich lad euch ein. Ihr seht aus, als könntet ihr was Anständiges gebrauchen.«
Benjamin nickte ihm nur kurz dankend zu, Katharina schenkte ihm ein etwas verkrampftes Lächeln, und Tobias griff mit einem fröhlichen »Danke, das ist doch mal ein Wort!« sofort nach einem der Gläser und nahm einen kräftigen Schluck. Dann sagte er laut: »Mann, ihr seht euch echt zum Verwechseln ähnlich. Tauscht ihr manchmal eure Rollen, um die Leute zu veräppeln? Da muss man ja aufpassen! Wie kann man euch unterscheiden, wenn du nicht gerade deine Barkluft anhast, Benedict? Was meinst du, Katharina, kannst du die beiden auseinanderhalten?«
Neugierig und auf eine Antwort gespannt, blickte Tobias von einem Zwilling zum anderen, während Katharina die Röte ins Gesicht stieg. Sie schaute zu Boden, als würde sie dort die Antwort finden und murmelte dabei irgendetwas wie: »Nö, nicht wirklich.«
Dann ging ein Ruck durch ihren Körper, sie straffte ihre Schultern, schaute Bene direkt in die Augen und sagte: »Ich bin müde. Heute war ein heftiger Tag, ich geh nach Hause.«
»Och nee. Ehrlich? Jetzt wird’s doch grad entspannt hier. Bleib noch. Du hast ja auch noch gar nichts getrunken«, drängte Tobias, der seinen Caipi bereits fast geleert hatte und offenbar gerade auf den Geschmack kam.
Katharina schüttelte den Kopf und schlüpfte in ihre Jacke: »Trink du für mich, du scheinst ja eh Durst für zwei zu haben.«
Tobias tat entrüstet, nahm sich dann aber Katharinas unberührtes Glas: »Hm, ist zwar kein guter Tausch, aber du hast es so gewollt.« Er grinste fröhlich und prostete ihr zu. »Ciao, bella!«
»Tschüss, Katharina, bis morgen, schlaf dich aus«, sagte nun auch Benjamin, etwas überrascht von dem schnellen Aufbruch seiner Kollegin. Doch dann runzelte er die Stirn und schaute zu seinem Bruder, der Katharina wortlos hinterher starrte. Offensichtlich hatte er sich gestern Vormittag, als er hier auf der Hotelterrasse den kurzen Wortwechsel zwischen seinem Bruder und Katharina mitbekommen hatte, nicht getäuscht: Die beiden kannten sich. Und zwar näher! Wie viel näher, konnte Benjamin Rehder nur vermuten. Aber wenn Bene sich nicht allzu sehr verändert hatte, dann hatten die beiden sicher nicht nur Karten miteinander gespielt. Und Benes Blick auf Katharina zeugte eindeutig von einer Mischung aus Begehren und Missmut. Hm. Wenn Benjamin es sich recht überlegte – auch Katharinas merkwürdiges Verhalten ihm gegenüber bei ihrer ersten Begegnung im Kommissariat sprach dafür. Das war ihm ja bereits gestern kurz in den Sinn gekommen. Er würde darüber mit Bene sprechen müssen. Solche Verstrickungen konnte er absolut nicht gebrauchen. Schon gar nicht jetzt, mitten in diesem komplizierten Fall. Zudem kannte er als ihr Vorgesetzter die Personalakte von Katharina. Da war so einiges im Argen, und sie hatte in letzter Zeit viel durchgemacht, da musste jetzt nicht auch noch sein Bruder mitmischen. Außerdem hatte auch er Tobias’ offensichtliches Interesse an Katharina registriert. Benjamin Rehder massierte sich die Schläfen und stieß einen Seufzer aus. Er hatte es gewusst: Eine Frau in seiner Abteilung brachte nur Durcheinander, selbst wenn sie eine noch so gute Ermittlerin war. Verdammt aber auch!
21.15 Uhr
Katharina ging mit langsamen Schritten den Stint entlang. Jetzt hatte sie es nicht mehr eilig und müde war sie eigentlich auch nicht. Doch eben wollte sie nur raus aus der Bar. Allein mit sich sein. Nachdenken und
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