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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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Saal. Dieser Mann war nicht groß und doch von einer Präsenz, dass die Gespräche verstummten. Köpfe flogen herum, Frauen fassten reflexhaft an ihre Frisur. Der Mann war nicht mehr jung, aber es wäre weit gefehlt, ihn als alt zu bezeichnen. Sein Haar besaß noch den dunklen Kamm seiner Jugend; die Schläfen mochten ergraut sein, Haltung und Gang waren von der Gespanntheit eines Raubtieres. Er trug einen schwarzen Anzug, hatte die Arme auf den Rücken gelegt, nickte hierhin und dahin, fand ein paar Worte für eine Dame, sein Ziel aber lag nicht im Kreis vertrauter Gäste, sondern – Sam blieb fast das Herz stehen! – er kam direkt auf sie zu.
    »Guten Abend, ich bin Valerian Kóranyi«, sagte er. »Schön, dass Sie endlich da sind.«
    Sie schluckte und klappte den Mund auf und zu.
    »Ich mag Ihr Kleid, es spiegelt den Londoner Himmel wider.« Valerian ergriff ihren Arm und manövrierte sie sanft dorthin zurück, von wo er gekommen war. Gerade hatte Sam noch
als graue Maus in der Ecke gestanden, nun richteten sich aller Augen auf sie. Sie bemerkte gestutzte Schnurrbartspitzen, Orden und Ehrenbezeigungen, kostbare Colliers und Ohrgehänge, sie hörte gezischte Bemerkungen, hier ein Lachen, dort das Rascheln einer Stola. An den Seiten standen seidenbezogene Sessel, Gemälde von der Höhe eines Einfamilienhauses zierten die Wände. Sam kam an löwengeschmückten Kerzenständern vorbei, auf denen Hunderte Flammen flackerten. Schließlich sah sie einen dunklen Schopf, einen schwarz gekleideten Rücken, eine Hand, in die Hüfte gestemmt.
    »Mein Sohn hat viel von Ihnen erzählt«, sagte Valerian Kóranyi. »Ich war neugierig, Sie kennenzulernen.«
    Sein Vater, sein Vater, sein Vater! , hallte es in ihrem Kopf. Teddie hat mich in sein Haus gebeten und sein Vater heißt mich willkommen!
    »Sie sollen eine erstklassige Tänzerin sein«, fuhr er fort, als Sam immer noch nicht den Mund aufkriegte. In diesem Moment drehte sich Teddie um und sah sie an.
    »Danke, dass ich kommen durfte«, war alles, was sie herausbrachte, zögernd streckte sie ihm die Hand entgegen.
    »Sie sind bestimmt hungrig, Samantha«, sagte er mit seiner geheimnisvollen Stimme.
    Valerian hatte offenbar seine Freude daran, die beiden zusammen zu sehen. »Wir wollen zu Tisch!«
    Als habe er diese Worte nicht im Plauderton gesagt, sondern in den Saal gerufen, bewegte sich die Gesellschaft auf eine Flügeltür zu, die aufschwang und eine gedeckte Tafel freigab, wie Sam eine festlichere nie gesehen hatte. Die Anwesenden ließen dem Gastgeber den Vortritt; flankiert von Teddie und seinem Vater, betrat Sam den Dining Room. Das Mobiliar war aus rötlich poliertem Holz, den Tisch schmückten weiße Blumen, schwarze Servietten standen, zu kleinen
Kelchen geformt, in den Tellern. Valerian wartete nicht, bis alle saßen, sondern gab den Angestellten ein Zeichen, die mit Weinflaschen in Bastkörben heransprangen und einschenkten. Sam versuchte, in Teddies Nähe zu bleiben, aber sein Vater bedeutete ihr, zu seiner Rechten Platz zu nehmen; nun saß sie Taddeusz gegenüber.
    »Ein Toast!«, rief der Gastgeber. »Es ist das natürliche Gesetz des Stirb und Werde, dass die junge Generation die ältere ablöst. Nun …« Valerian schmunzelte in die Runde. »Da ich mit dem Sterben so meine Schwierigkeiten habe, dauerte es eine ganze Weile, bis die Generationenfolge bei uns Kóranyis in Wirkung gesetzt wurde.«
    Die Leute lachten; Sam aber betrachtete fasziniert Valerians Gesicht. Seine Stirn war nicht hoch; zwischen den Brauen hatte sich eine tiefe Kerbe eingegraben, die direkt in die raubvogelartige Nase führte. Beim Sprechen bewegte er die Lippen kaum, sie waren schmaler als die seines Sohnes, das Kinn war dafür umso energischer. Am auffallendsten war seine Blässe. Nicht die Blässe einer Krankheit, eher die Folge langer Zurückgezogenheit in abgedunkelten Räumen. Wahrscheinlich arbeitet er zu viel, dachte Sam, während Teddie das Leben genießt. Als sie Taddeusz ansah, bemerkte sie, dass seine dunklen Pupillen sie beinahe durchbohrten; Neugier, Verlangen, aber auch ein heimliches Wissen lagen in diesem Blick.
    Ein Bediensteter hatte sich Vater und Sohn genähert und ihnen zwei goldene Pokale serviert.
    »Heute ist der Augenblick gekommen«, sagte Valerian. »Ich lege meine Geschäftsunternehmungen in die Hände meines Sohnes Taddeusz, der sich bereits seit Längerem um die Angelegenheiten der Familie kümmert.«
    Erst jetzt, da er mit seinem Vater anstieß, ließ

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