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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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nicht eigentlich fragen?«, flüsterte sie, fasste sich ein Herz und küsste ihn einfach auf den Mund. Seine Lippen fühlten sich so verführerisch an. Sam küsste ihn wilder und ließ ihre Zunge auf Wanderschaft gehen. Als sie an Teddies Zahnreihe entlangglitt, bemerkte sie eine Unregelmäßigkeit; ein Zahn war länger und unerhört spitz. Taddeusz atmete heftig, erwiderte ihren Kuss aber nicht. Sam konnte sich seine Verunsicherung nicht erklären. Sie waren allein und ungestört, sie wollten beide das Gleiche, das spürte sie, was war schon dabei? Auf der ganzen Welt küssten sich Menschen und hatten
ihren Spaß daran. Teddie aber wandte sich ab und lehnte sich an den Kaminsims. Sollte es möglich sein, dass er schüchtern ist, dachte sie, ausgerechnet er? Sind sein düsteres Gehabe, die Wortkargheit und seine Distanz nur ein Schutzmechanismus, um von seiner Schüchternheit abzulenken? Vorsichtig nahm sie seine Hand.
    »Wenn es dir lieber ist, zeigst du mir eben weiter das Haus.«
    Sie verließen das Zimmer und gingen schweigend den Korridor entlang.

7
    E igentlich müsste ich dich rauswerfen«, sagte Oberschwester Margret, als Sam im frisch gebügelten Schwesternkittel die Station betrat. Sie hatte Harry gesucht, wollte ihm sein Geld geben und die Nachtschicht beenden, um sich danach gründlich auszuschlafen. Unvermittelt stand sie ihrer Tante gegenüber.
    »Ich will nicht wissen, wo du warst«, sagte die Oberschwester. »Ich will keine Ausreden und keine faule Lüge hören. Ich frage dich nur, ob es das wert war.«
    Sam stand wie angewurzelt, das Türblatt fiel ihr in den Rücken. »Was meinst du?« Die Tante hatte um diese Uhrzeit nichts in der Abteilung zu tun; dass sie dennoch hier war, konnte nur Übles bedeuten.
    »Der kleine Andrew wäre beinahe gestorben. Um Mitternacht hatte er eine Kolik und verlor das Bewusstsein. Der Vorfall wurde aber erst zwanzig Minuten später entdeckt, und weißt du, warum?«

    Sam ahnte, dass es damit zusammenhing, dass sie zur gleichen Zeit am Belgrave Square gewesen war.
    »Weil die zuständige Nachtschwester nicht auf ihrem Posten war!«
    »Aber ich habe einen Ersatz …«, machte Sam einen hilflosen Versuch, das Ungeheure zu verteidigen.
    »Deinen sogenannten Ersatz fand man im Zimmer von Sir Kennock beim Fernsehen! Er hat Chips gefressen!« Margrets Ton hatte die Schärfe einer Ohrfeige. »Der junge Mann hat bereits seinen Spind geräumt und das Krankenhaus verlassen.«
    »Ihr habt Harry gekündigt?« Sie machte einen flehenden Schritt auf die Tante zu.
    »Um ihn machst du dir Sorgen?! Hätte nicht Dr. Miller eine außerordentliche Runde durch die Station gemacht, wäre Andrew jetzt tot.« Margret zeigte in den Bereitschaftsraum. »Dort hättest du sitzen müssen, von 19:30 Uhr bis 5:00 Uhr morgens, auf diesem Stuhl! Du hättest die Monitore und Kontrollgeräte im Blick behalten müssen und jede Abwei chung binnen Sekunden an den Ärztestab melden!« Sie trat vor die Nichte. »Du hattest die Verantwortung für fünfzehn Menschen, die unserer Obhut anvertraut sind, fünfzehn schwer kranke Menschen. Du aber hast sie ihrem Schicksal überlassen, schlimmer noch, du hast sie einem verantwortungslosen Subjekt anvertraut.«
    »Es tut mir so leid …« Sam spürte, wie unzureichend das war. »Wie geht es Andrew?«
    »Wir haben ihn stabilisiert«, antwortete Margret etwas ruhiger. »Aber durch den Anfall hat seine Niere selbst die schwache Funktion verloren, die sie noch hatte. Sie ist nur noch ein nutzloses Stück Gewebe in seinem Körper.«
    »Bedeutet das …?« Tränen drängten hoch. Was war sie für ein egoistisches Miststück!

    »Es bedeutet, dass wir so rasch wie möglich ein Spenderorgan für ihn finden müssen.« Margret schüttelte bekümmert den Kopf. »In seinem Alter schädigt die Dialyse den Gesamtorganismus zu sehr. Er kann nicht mehr lange so weitermachen.«
    »Und könnte man das nicht irgendwie … beschleunigen?«
    »Es hilft nichts, dass du dich jetzt um ihn sorgst«, entgegnete die Tante. »Heute Nacht hättest du hier sein müssen.«
    »Ich weiß. Entschuldige. Soll ich … muss ich jetzt auch meinen Spind räumen?« Sam erwartete das Urteil ihrer Vorgesetzten.
    »Als ich sagte, du kannst nach London kommen, habe ich Verantwortung für dich übernommen. Ich jedenfalls gedenke, meine Pflicht zu erfüllen.«
    »Und das bedeutet?« Langsam hob Sam den Blick.
    »Doktor Miller hat mich sofort verständigt. Zum Glück liegt meine Wohnung ja nur ein paar Blocks

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