Blutherz - Wallner, M: Blutherz
es das ganze Problem nicht.«
»Er hat Magersucht?«, fragte Sam überrascht. In ihrer Ausbildung hatte sie über diese Krankheit gelernt, dass sie einer Sucht ähnelte und oft junge Leute befiel.
Teddie schmunzelte. »So könnte man es tatsächlich bezeichnen. Richard weigert sich, unsere gewöhnliche Nahrung zu sich zu nehmen.« Er ging vor Sam die Treppe hoch. »Das macht ihn krank und schwach. Deshalb muss er von Zeit zu Zeit diese … stärkenden Einläufe bekommen.« Vor einer doppelflügeligen Tür blieb er stehen. »Genug davon. Solche Unappetitlichkeiten sollen uns nicht den Abend verderben.«
Der Blick in den Raum ließ Sam alle weiteren Fragen vergessen. Sie waren im Turmzimmer angelangt, einem herrlichen Raum mit dicken Teppichen, die Sams Schritte unhörbar werden ließen, und Fenstern in alle Richtungen. Zum zweiten Mal in kurzer Zeit genoss sie einen unwirklichen Blick auf die erleuchtete Stadt.
»Wow, Teddie, unglaublich!«
Das Zimmer hatte einen Tisch und Stühle zum Essen, eine dunkelblaue Sitzecke und ein riesiges Bett unter einem schwarzen Baldachin. Auch hier brannten Kerzen.
»Wer hat das vorbereitet? Woher wusstest du, dass ich mitkommen würde?«
»Heute ist unser Abend.« Zum ersten Mal hörte sie Zärtlichkeit in seiner Stimme.
»Ja, wirklich?«
»Wird es dafür nicht langsam Zeit?«
Sam konnte sich ein freches Zwinkern nicht verkneifen. »Ich dachte schon, mit mir stimmt irgendwas nicht.«
»Wieso mit dir?«
»Weil du mich nie geküsst hast.«
Taddeusz nahm sie in den Arm, küsste sie aber immer noch nicht, sondern führte sie an den Tisch weiter, wo eine Mahlzeit angerichtet war. Sam spürte plötzlich, wie hungrig sie war. Seit dem Morgen war sie nicht zum Essen gekommen und nach Dienstschluss hatte Teddie sie gleich mit dem Helikopter entführt. Es gab eine Suppe, graubraun, nicht sehr ansehnlich, aber sie wollte nicht unhöflich sein, setzte sich und griff nach dem Löffel.
»Isst du nichts?«
»Ich habe schon.« Er nahm gegenüber Platz.
»Man könnte meinen, du seist der Magersüchtige in der Familie.«
»Oh, ich kann einen Riesenappetit entwickeln«, lächelte er.
Sam kostete. Es schmeckte fürchterlich, gallig, säuerlich, zugleich versalzen.
»Ungewöhnlich, nicht?«, deutete er ihren angewiderten Gesichtsausdruck.
Sie nahm noch einen Löffel. »Ungewöhnlich, das kann man wohl sagen …« Plötzlich schüttelte sie den Kopf. »Sei mir nicht böse, aber das ist ungenießbar.« Sie verzog die Lippen, und hätte sie nicht schon geschluckt, würde sie das eklige Gebräu bestimmt wieder ausgespuckt haben.
»Du musst es nicht aufessen.« Er zog den Teller weg und goss ihr eine milchige Flüssigkeit ein. Als sie das Glas zum Mund hob, schimmerte es grünlich.
Wieso konnte ein Abend mit Teddie nie gewöhnlich verlaufen? Warum aßen sie nicht Fish’n Chips, tranken Bier und machten es sich gemütlich?
»Was ist das?«
» Akkordiasz , ein Nektar, der speziell für meine Familie gebraut wird.« Er ermunterte sie, einen Schluck zu nehmen.
»Aussehen tut’s wie Hustensaft.« Sam betrachtete das Glas stirnrunzelnd.
»Ich dachte, du bist bereit für neue Erfahrungen.«
Sie setzte das Glas an den Mund, schloss die Augen und kippte den Akkordiasz in einem Schluck herunter. Es brannte, Himmelherrgott, wie das brannte! Nie zuvor war ihr etwas so höllenscharf, so irrwitzig feurig vorgekommen.
»Puh, der geht aber runter!«, krächzte sie mit erstickter Stimme.
»Feuergeist sagt man bei uns.« Taddeusz lehnte sich zurück.
Ja, ein Feuergeist war dieses Getränk wirklich! Von einer Sekunde zur nächsten fühlte sich Sam von heißen Gefühlen
durchzuckt; sie konnte sich diese Hitze gar nicht erklären. Alles war plötzlich irrlichternd hell, dort rekelte sich der verheißungsvolle junge Mann, der versprochen hatte, es würde ihr Abend sein. Sam hatte das Gefühl, dass eine unbekannte Macht von ihr Besitz ergriff, sie hochzog und auf ihn zugehen ließ. Ohne zu zögern, öffnete sie seinen Hemdknopf, neugierig glitt ihre Hand über seine Brust, fühlte die samtige Haut, die festen Muskeln. Erfüllt von einem unbekannten Verlangen, packte Samantha Taddeusz’ Kopf mit beiden Händen und küsste ihn auf den Mund. Sie ergriff seine Hände, zog ihn zum Bett und stieß Teddie auf die Kissen, sie liebkoste seine Haut und presste ihren Körper an seinen. Ihre Kleidung behinderte sie dabei; was war natürlicher, als sie auszuziehen? Sie schlüpfte aus den Schuhen, öffnete den
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