Blutherz - Wallner, M: Blutherz
zurückverwandelt.
»Ihr habt euch übertölpeln lassen!« Drohend ragte Taddeusz über dem verängstigten Ehepaar auf.
»Wer hätte gedacht, dass Dickie … dass Euer Bruder zu solchen Mitteln greifen würde?«, widersprach Fred. Sein Stehkragen war aufgesprungen, das Ohr blutete.
»Das ist allerdings wirklich kaum zu glauben.« Teddie ging im Salon auf und ab. »Dazu muss Richard sich gespeist haben! Woher hatte er das Blut dafür?«
»Keine Ahnung.« Hinter dem verrutschten Schleier war Myrtle-Maes Gesicht kaum zu sehen.
»Warum habt ihr die Jünger nicht auf sie losgelassen?« Beim Kamin blieb Taddeusz stehen.
»Es ging alles so schnell, Exzellenz.« Fred wagte den Vampir nicht anzusehen. »Außerdem haben sie mein Mofa geklaut.«
»Ihr werdet alt, ihr beiden.« Teddies Ton war eiskalt. »Vielleicht sollte ich euch auch in Jünger verwandeln.«
»Nein!«, riefen die Alten wie aus einer Kehle. »Wir wollen nicht in den ewigen Todeszauber eingesponnen werden! Dann tötet uns lieber!«
»Denkt nach!« Er stand wieder vor ihnen. »Was habt ihr den beiden verraten? Wohin könnten sie unterwegs sein?«
»Wahrscheinlich sind sie bloß abgehauen«, sagte Myrtle-Mae. »Sie werden sich verstecken.«
»Da kennt ihr meine Samantha schlecht.« Ein bewunderndes Lächeln huschte über das Vampirgesicht. »Sie ist mutig, sie ist gerissen und erfindungsreich. Sie führt etwas im Schilde, und ich muss wissen, was! Was wollten sie in der Festung?«, schrie er die beiden an.
Fred und Myrtle-Mae senkten die Blicke. Keiner wagte, als Erster zu sprechen.
»Wird’s bald!«
»Sie haben Fragen gestellt«, murmelte Fred.
»Worüber?«
»Sie wollten wissen, wo man … wo man …« Er biss die Kiefer aufeinander.
»Wo man die Kirsche findet«, hauchte Myrtle-Mae. Taddeusz’ Gesicht wurde todernst. »Und was habt ihr gesagt?«
Der alte Fred sah seine Frau vorwurfsvoll an.
35
G lasgow-Airport, fünf Uhr morgens. Trübe Dunkelheit. Samanthas Hände waren so erfroren, dass sie es kaum schaffte, den Motor abzustellen.
Hinter ihr stieg Richard ab. »Du…hu stur…es Biest…«, schnatterte er frierend.
»Aber wir haben es geschafft.« Sie bewegte die Finger, rubbelte ihre Arme und sprang auf und ab. »Mach mit, dann wird dir warm!«
»Ich kann … mich nicht … bewegen.«
»Du bist so eine Memme.« Statt sich selbst aufzuwärmen, rieb sie seine Schultern, die Brust und die steifen Arme. »Besser?«
»Viel besser. Und jetzt?« Er schaute zum beleuchteten Flughafen.
»Jetzt gibt’s was Warmes.« Sam hängte den Rucksack um. »In zwei Stunden geht unser Flug.« Zuversichtlich strebte sie auf die gläserne Eingangsfront zu. Der frierende Vampir folgte ihr.
Zehn Minuten später hatte sie einen Kaffeebecher in der einen, ein Roastbeef-Sandwich in der anderen Hand. Die warme Milch und das Fleisch taten ihr gut; Sam kaute genüsslich und voll Zuversicht auf das Kommende. Richard war zum Check-in gegangen, um ihre Boarding-Tickets zu holen. Sam ließ den Blick umherschweifen. Im Innern des Gebäudes herrschte freundliche Helligkeit, während draußen eisiger Regen niederging. Sie lauschte in sich hinein. Das kleine Wesen hatte die Strapazen der letzten 24 Stunden klaglos mitgemacht; Sam spürte die Bewegungen ihres Kindes, aber seine schmerzhaften Lebensäußerungen schienen der Vergangenheit
anzugehören. In vertrauensvoller Ruhe wuchs es seiner Geburt entgegen.
Was bin ich im Begriff zu tun?, dachte Sam. Ich verlasse England an der Seite eines Vampirs, fliege nach Osteuropa, ohne die geringste Ahnung, was mich erwartet. Wäre es nicht sinnvoll, sich auf die Reise vorzubereiten? Was weiß ich über Rumänien? Nichts. Unweit des Coffeeshops lag ein Buch- und Zeitschriftenladen. Sam schaute sich nach Richard um; am Schalter dauerte es offenbar länger. Den Becher in der Hand, überquerte sie den Gang und betrat die Buchhandlung. Die Reiseführer wurden auf einem Drehständer angeboten. Oben fand Sam Ägypten und Alaska. Sie bückte sich, um weiter unten nach einem Rumänien-Führer zu suchen.
»Verzeihen Sie, Miss, Getränke sind hier drin nicht gestattet.«
Es klang wie der freundliche Satz eines Angestellten. Sam richtete sich auf, um der Aufforderung Folge zu leisten. Sie schaute in Teddies Augen.
»Ziemlich früh auf den Beinen«, sagte er. »Du siehst müde aus.« Er trug seinen schwarzen Mantel und die Sonnenbrille; wie ein verkaterter Manager sah er aus oder wie ein Popstar, der nicht erkannt werden will.
Auch
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