Blutholz: Historischer Roman (German Edition)
und die vier kleinen sind dann noch einmal für drei Ohm gut. Es paßt schon.«
Riecke schaute beeindruckt auf die zwei Riesenfässer, für die Barbara extra eine Nische hatte hauen lassen. Die anderen acht Fässer lagen sorgfältig auf ihren Lagerbalken eingekeilt an der Kellerlängswand, ihnen gegenüber die dicken Champagner- und dünnwandigeren Weinflaschen. Die Kelter stand in der Mitte, um sie herum die vollen Zuber und anderes Gerät. Als Hocker dienten zwei Fasshälften, als Tisch ein auf den Kopf gestellter Zuber. Darauf verbreiteten zwischen zwei Bechern, einer Weinflasche und der ausgepackten Vesper zwei Kerzen stimmungsvolles Licht. Mit den drei an der Wand hängenden Laternen zauberte dies eine heimelige Atmosphäre, die Barbara nicht minder schätzte wie die Bequemlichkeiten ihres Burkheimer Hauses.
»Wir werden auf fast zehn Ohm kommen«, sagte Barbara zufrieden. »Das wären weit über fünftausend Schoppen. Verdursten können wir also nicht.«
»Um sich um den Verstand zu trinken langt es allemal«, erwiderte Riecke und lachte. »Aufs Jahr ein Dutzend Schoppen pro Tag, mehr geschätzt als gerechnet.«
»Aber große Schoppen!«, rief Barbara. »Und es wär’ lustig, wenn ich dem Ohmgelder einfach sagen könnte, die Steuer bei der Witwe van Bergen ist gemäß dem van Bergenschen Schoppenmaß zu erheben. Eine Neuerung. Amtlich. Vom Magistrat genehmigt. Kein Ohmgeld mehr, sondern Schoppengeld!«
»Steuern gehören dazu«, erwiderte Riecke. »Dabei seid Ihr fein raus. Nur den Zehnten müsst Ihr abgeben. Und den müsst Ihr noch nicht einmal wie die andern unter Überwachung auf den Fahnenberger Trotten keltern. Bis jetzt gab’s dabei jedes Jahr Eingaben und Geschrei. Fragt Eure Nachbarn!«
»Ich will auch alles andere als mich beklagen«, entgegnete Barbara. »Die Maria Schnitzer hat mir erzählt, dass ihnen vor drei Jahren die Hälfte der Maische essigstichig wurde. Weil sie drei Wochen in den Zubern herumstand.« Barbara ereiferte sich und gestikulierte mit dem Messer in der Hand. »Die Herrschaftstrotten waren allesamt überlastet, eine war ausgefallen. Herrschaftsmost und Zehnter verschwanden in den Kellern. Der eigene Most entwickelte sich zur sauren Brühe. Und dann? Dann werden die Wirte gezwungen, zwei Drittel vom Zehntwein einzukaufen und auszuschenken. Natürlich nur den Wein, den die Fahnenbergs und der Magistrat …. «
»… nie ihren Gästen anbieten würden«, fuhr Riecke fort. »Und das Ende von der Geschichte ist, der brave Rebbauer muss im Wirtshaus und in der Schankstube seinen Zehntwein noch selbst bezahlen.«
»Eben!«, röchelte Barbara in einem Hustenanfall, weil sie sich an einem Stück Brot verschluckt hatte. Mit erstickter Stimme und Tränen in den Augen quetschte sie hervor: »Und auf jedem getrunkenen Schoppen der Zehntbrühe liegt wieder ein ganzer Kreuzer Steuer.«
Während Riecke ihr kräftig den Rücken klopfte, vollbrachte Barbara das Kunststück, sich einen vollen Becher Wein einzuschenken. Ein hervorgewürgter Rülpser schaffte ihr wieder Luft, und der in einem Zug heruntergestürzte Becher Wein sorgte wieder für eine saubere Stimme. Trotzdem nestelte sie nach ihrem Taschentuch, um sich auszuschneuzen. Dann griff sie zum Rettich und hielt ihn sich zur Kühlung an die überhitzte Stirn. Riecke schaute ihr aufmunternd zu, griff nach dem Messer, das Barbara während ihres Anfalls in den Speck gehauen hatte und schnitt sich ein großes Stück Käse ab. Nach etlichen Schlucken begann Barbara von neuem:
»Sie sollen nur kommen. Von mir aus die ganze Magistratsbagage. Auf elf Ohm laß’ ich mich taxieren und zahl’ dafür auch ‘s Lagergeld. Aber wenn sie Vorverkaufssteuer pressen wollen, liefere ich ihnen einen Zehnten, mit dem sie gleich zum Essigmacher gehen können.«
»Barbara«, sagte Riecke begütigend, » schaut den Ohmgelder nur hübsch artig an, dann wird der Gockel zur Henne.«
»Tu’ ich auch«, erwiderte Barbara giftig. »Ich werde ihm mit einem Ausschnitt vor seinen Glatzkopf treten, dass sein Weib abends denken wird, Eros hätt ihm das Pfeilchen gleich in die Lenden geschossen!«
Barbara musste jetzt selber über ihre Wut lachen. Es war eh ein bisschen gespielte Aufregung dabei, denn sie freute sich viel zu sehr auf die nächsten Tage, als sich die Laune durch den anstehenden Besuch des Ohmgelders verderben zu lassen. Im übrigen wusste sie ziemlich genau, welche Steuerlasten auf sie zukamen. Und natürlich wog dies alles harmlos im Vergleich
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