Blutige Erde Thriller
auftaucht …«
Das entlockte Katie ein bitteres Lachen, doch es war Flannary, der ihm antwortete. »Hier läuft eben alles ganz anders, mein Junge. Du wirst dich daran gewöhnen.«
Josh bezweifelte das, aber er widersprach nicht. »Für welche Hilfsorganisation arbeitest du eigentlich, JB? Ich glaube, das hast du mir noch gar nicht gesagt.«
Diesmal enthielt Katies Lachen eine Spur Humor. »Er arbeitet für keine NGO. Er wird dir sagen, dass er Reporter ist und sein Bruder ein hohes Tier bei der New York Times , doch in Wahrheit ist er einfach nur ein verrückter Ausländer. Es gefällt ihm, sich in Afrika herumzudrücken, und gelegentlich schreibt er einen Artikel, damit ihm das Geld für den Alkohol nicht ausgeht.«
»Du weißt schon, dass ich genau neben dir sitze?«, sagte Flannary, doch er schien nicht wirklich sauer.
»Ach wirklich? Dann sag mir, dass ich Unrecht habe.«
»Keine Zeit. Ich bin zu sehr damit beschäftigt, mich daran zu erinnern, wie viele junge Leute wie ihr in den letzten zwanzig Jahren hierhergekommen und wieder gegangen sind und was genau sie erreicht haben.«
»Touché«, sagte sie und stieß ihre Bierflasche klirrend gegen Flannarys Glas.
»Wisst ihr«, begann Flannary laut, »die Hilfsorganisationen sind erst in diesem Land aufgetaucht, als es mit dem Bergbau so richtig losging …«
Die Unterhaltungen an den Nebentischen gingen schlagartig in lautes Stöhnen über. Mehrere zusammengeknüllte Servietten wurden in Flannarys Richtung geworfen, von denen ihn eine am Ohr traf und einen kurzen Augenblick in seinem Schweiß kleben blieb, bevor sie zu Boden flatterte.
»JB glaubt, dass man uns die Schuld an allem geben sollte, was in Afrika schiefläuft«, erklärte Katie.
»Josh, weißt du, was in diesem Land der größte Industriezweig ist?«, fragte Flannary.
»Laut Wikipedia, Bergbau.«
»Falsch. Es ist die Hilfe aus dem Ausland. Jedes Jahr pumpen internationale Hilfsorganisationen Dutzende von Millionen Dollar in eine Wirtschaft, die keinen Eimer Spucke wert sein dürfte. Und angesichts all des Geldes, das einem hier um die Ohren fliegt, ist es für niemanden mehr besonders attraktiv, mithilfe von landwirtschaftlicher Arbeit für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen. Da ist es besser, sich eine Waffe zu besorgen und zu versuchen, ein Stück vom Kuchen abzubekommen.« Er senkte seine Stimme. »Falls es einem gelingt, noch irgendwas zu finden, das nicht in Mtitis Taschen gelandet ist …«
»Vielleicht bekommst du ja, was du dir wünschst«, sagte Katie. »Es könnte sein, dass wir alle schon bald hier verschwunden sind. Die Lage für die meisten NGOswird immer unsicherer. Sie ziehen sich zurück. Und sie nehmen ihr Geld mit.«
»Da kann nicht einmal ich ihnen einen Vorwurf draus machen nach dem, was mit Dan passiert ist«, sagte Flannary.
»Mit wem?«
Flannary legte den Kopf ein wenig schief. »Dan. Der Typ, dessen Job du jetzt hast.«
»Ach ja, richtig. Dan Ordman. Weiß einer von euch, wie ich Kontakt zu ihm aufnehmen kann? Vielleicht kann er mir helfen herauszufinden, wo das ganze Geld für das Projekt hingekommen ist.«
Katie starrte ihn an, den Mund leicht geöffnet, und Flannary schien es die Sprache verschlagen zu haben, was völlig untypisch für ihn war.
»Ich habe schon wieder etwas Dämliches gesagt, stimmt’s? Was war es diesmal?«
»Es dürfte verdammt schwer werden, mit ihm Kontakt aufzunehmen«, sagte Flannary. »Sie haben ihn vor etwas über einem Monat tot im Dschungel gefunden.«
Josh erstarrte, und die Bierflasche blieb auf halbem Weg zu seinem Mund in der Luft hängen. »Natürliche Todesursache?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Nach afrikanischen Maßstäben vermutlich schon. Er wurde mit einer Machete in Stücke gehackt.«
Josh schirmte das Display des Satellitentelefons gegen die blendende Sonne ab, als er aus der Bar trat, in der er JB Flannary zurückgelassen hatte. Das Freizeichen ertönte, und er drückte das Telefon fest gegen sein Ohr. Der Versuch, über den Lärm der Menge etwas zu verstehen, schien
ihm eine angenehmere Aussicht, als an einen ruhigeren Ort zu gehen.
»Hallo? Hier ist Stephen Trent.«
»Stephen, ich bin’s, Josh.«
»Josh? Was gibt’s? Alles in Ordnung?«
»Eigentlich hatte ich einen ziemlich üblen Tag.«
»Tut mir leid, das zu hören. Gibt es etwas, das ich tun kann?«
»Ja. Sie könnten mir verraten, warum Sie niemals erwähnt haben, dass mein Vorgänger nicht gekündigt hat. Sondern dass er in Stücke
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