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Blutige Tränen (German Edition)

Blutige Tränen (German Edition)

Titel: Blutige Tränen (German Edition)
Autoren: Simon Rhys Beck
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Wein von dort.«
    Alex stand auf, holte die Karaffe mit dem köstlichen roten Wein und ein schweres Glas und reichte beides Lance. Als dieser sich ein Glas eingegossen, einen großen Schluck Wein gekostet hatte, begann er: »Es gab eine Zeit, da war das Reich noch nicht geteilt. Sussed war keine eigenständige Region, sondern dem Großfürsten unterstellt. Das ist wohl schon einige Hundert Jahre her.« Lance machte eine ausladende Handbewegung. »Es kamzu einem Krieg, der viele Opfer forderte. Im Anschluss daran wurde das Reich geteilt. Es würde zu weit gehen, dir jetzt die Familienverhältnisse der Herrscherhäuser zu erklären oder die komplizierten Regelungen der Thronfolge. All das spielt auch keine Rolle in diesem Zusammenhang. Wichtig ist jedoch, dass die Teilung für die Gelehrten unbefriedigend war. Und so wurden Magier und Seher konsultiert, die zu einem einstimmigen Ergebnis kamen, was die Zukunft des geteilten Reichs betraf.«
    »Magier und Seher?« fragte Alex erstaunt nach.
    Lance nickte. »Was glaubst du, wer das Tor zu eurer Dimension öffnen konnte? Bauern? Soldaten? Oder das einfache Volk?«
    »Und – was sahen diese Magier?«
    Lance bedachte ihn mit einem strengen Blick. »Spotte nicht, Alexander, wenn du nicht die Peitsche spüren willst. – Unsere Magier sahen in die Zukunft und schrieben, was sie erkannten, auf. Dieses Buch ist unsere heilige Schrift. Alles, was sie prophezeiten, ist bisher eingetreten.«
    »Eine Art Religion?«
    Lance schüttelte den Kopf, und seine langen, seidig glänzenden Haare fielen über seine breiten Schultern. »Die Religion bin ich.«
    »Und was ist meine Aufgabe?«
    »Du sollst einen Jungen aus Isgiras Gefangenschaft befreien; sie ist die Herrscherin von Sussed. Er spielt eine wichtige, eine sehr wichtige Rolle bei der Wiedervereinigung von Limara, unserem Reich – und er ist ihr Sohn.«
     
     

11
    Ich entfernte mich vom Schloss und atmete die kühle, merkwürdig süßliche Nachtluft in vollen Zügen. Zu Fuß gelangte ich zunächst in einen bald an den Schlossgarten angrenzenden Wald. Die Bäume waren genauso wie in meiner Welt, zumindest erkannte ich keine Unterschiede. Meine Füße sanken in weichem Moos ein, ich hörte die leisen, huschenden Geräusche all der kleinen Nachtgeschöpfe. Und doch wusste ich, dass ich hier fremd war. Ein eigenartiges Gefühl, das mich beständig verfolgte.
    In der Dunkelheit des Waldes wagte ich, mich in die Nachtluft zu erheben. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn ich hier – in dieser Welt – nicht hätte fliegen können. Ich war schließlich auch meiner anderen vampirischen Kräfte beraubt. Doch der sanfte Wind trug mich problemlos in die Richtung, die ich einschlagen musste.
    Es war vermutlich ein halsbrecherisches Kommando, auf das Lance mich geschickt hatte. Aber – hatte ich eine Wahl gehabt?
    Ich wollte schnellstmöglich zurück zu den meinen, wusste aber keinen Weg von hier zu entkommen. Wie gelangte man von einer Dimension in die andere? Wenn ich mit Dygwion in Elfame gewesen war, hatte er mich stets mitgenommen. Und ich vermutete, dass auch Limara in diesem Sinne eine »Anderswelt« war. Nur die Eingeweihten konnten die Grenzen überschreiten. Und, wie es schien, war ich auf Lances Gnade angewiesen, und das wurmte mich gewaltig.
    Ich erhob mich über die düster wispernden Baumkronen und beschleunigte meinen Flug. Seltsam grünlich funkelten die Sterne hoch über mir. Einen Mond erkannte ich nicht.
    Bereits nach wenigen Minuten sah ich es – den Palast der Fürstin Isgira. Ich fröstelte unwillkürlich. Sie musste ein gefährlicher Gegner sein, wenn Lance ihre Macht fürchtete. Und ausgerechnet ich sollte Silk, den Sohn der Fürstin, aus ihren Fängen befreien.
    Ich stieß einen tiefen Seufzer aus, vermied aber, weiter darüber nachzudenken. Wenn alles funktionierte, konnte ich bereits in dieser Nacht Silks Aufenthaltsort herausfinden, dann würde ich ihn vielleicht schon in der morgigen Nacht mitnehmen können.
    Wenn alles glattlief ... und wenn nicht?
    Lautlos landete ich auf einem der Kuppeldächer des Hauptgebäudes und versuchte, mich zu orientieren. Hier musste es doch irgendwo einen Eingang geben, eine Dachluke, ein Fenster oder eine Art Terrassentür.
    Ich rutschte vorsichtig vom Dach herunter und landete auf der nächsten Ebene, einem schmalen Balkon mit reich verzierter Balustrade. Von hier aus gelangte ich in das Innere des Gebäudes durch eines der leicht zu öffnenden Fenster. Alle Fenster waren aus
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