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Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Titel: Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
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scharfen braunen Adleraugen mit den goldenen Sprenkeln an.

8
    Die Alpträume kehrten mit aller Macht zurück. Jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, lagen junge Mädchen vor mir, und ich starrte ihre mit Schnittwunden übersäten, dünnen Körper an. Ich musste über sie hinwegkrabbeln, weil ich nur so zum Ausgang kam. Unter meinen Händen spürte ich die klamme Kälte ihrer Haut und die kühle Glätte ihres Haars.
    Mit schmerzendem Kiefer fuhr ich aus dem Schlaf, als hätte ich die ganze Nacht über nach Luft gerungen, und ich wusste, dass ich es in einem geschlossenen Raum nicht länger aushielt. Ich müsste Laufen gehen. Bewegung war das Einzige, wonach ich süchtig war, und irgendeine Sucht war in meinem Fall wahrscheinlich vollkommen normal. Denn alle Mitglieder meiner Familie verlangte es nach irgendwas: Will nach Aufputschmitteln, meine Mutter nach Kontrolle, meinen Vater, diesen Widerling, nach Alkohol. Sicher war ich noch am besten von uns allen dran – weil Laufen schließlich deutlich harmloser als Zigaretten, Gin und harte Drogen ist. Und zugleich das beste Gegenmittel gegen Grübeleien jeder Art. Wann immer ich nicht denken will, greife ich nach meinen Laufschuhen und lasse meine Sorgen durch die Sohlen meiner Füße fließen.
    Mir war klar, es war verrückt, zu laufen, während ich an einer schweren Prellung litt, doch ich hatte keine andere Wahl. Bei jedem meiner Schritte wurde meine Brust von einem heißen Schmerz durchzuckt, doch ich behielt mein Tempo bei.
    Als ich die Themse überquerte, war die Tower Bridge noch beinah menschenleer. Es war bereits so heiß, dass die Luft verbrannt schmeckte und, sobald ich schluckte, das Aroma von Benzin und Rauch auf meiner Zunge lag. In der Einfahrt der St. Katherine Docks lagen mehrere Kabinenkreuzer. Ihre Taue waren zum Zerreißen angespannt. Ich rannte am Finanzviertel vorbei in Richtung Norden. Die Reihen rötlich brauner Sandsteinhäuser mit ihren geschlossenen Läden sahen aus, als schliefen sie.
    Als ich nach Cornhill kam, war dort die Straße abgesperrt, und ich machte in der Ferne eine Reihe Polizeivans aus. Anscheinend hatte Burns die allgemeinen Sparvorgaben ignoriert und suchte mit einem großen Aufgebot die Gegend um die Gutter Lane nach möglichen Beweisen ab. Ich lief weiter die Leadenhall Street hinab und rannte durch die schmalen Straßen, bis meine brennenden Oberschenkel mich zur Umkehr zwangen. Dieses Mal nahm ich die London Bridge, über die die Menschen Richtung Borough Market strömten. Offenbar hatten sie kein Problem damit, ihre Konten für zwei Avocados und ein bisschen frisches Obst zu überziehen.
    Zu Hause klingelte mein Handy auf dem Flurtisch.
    »Du kommst doch wohl, oder?«, Lola klang so aufgeregt wie während unserer Schulzeit, wenn ich sie zu einem Double Date hatte begleiten sollen.
    Niemand anderes hätte mich dazu bewegen können, während einer Hitzewelle durch die ganze Stadt zu fahren, um seine beruflichen Erfolge zu bewundern und im Anschluss noch in ein Café zu gehen. Nach der Dusche zog ich mein dünnstes Sommerkleid über und schlüpfte in meine Ballerinas.
    Die Fahrt nach Hammersmith dauerte noch länger als befürchtet, weil in Paddington eins der Signale ausgefallen war. Allerdings konnte ich sehen, dass die Security der U-Bahn nach dem Tod von Leo Gresham umgehend aktiv geworden war. An sämtlichen Bahnsteigen hingen Plakate, die den Menschen rieten, möglichst weit hinter der gelben Linie zu verharren, bis die U-Bahn stand, und alles Verdächtige zu melden. Tatsächlich drängten sich die Menschen mit den Rücken an die Wand und sahen sich suchend in der Menge nach potentiellen Mördern um.
    Mein Blick fiel auf die Schlagzeile des Independent : NEUER MORDFALL IN DER CITY . Einer von den Journalisten gestern Abend hatte es geschafft, Einzelheiten zu erfahren: Das Opfer war ein gewisser Jamie Wilcox, fünfundzwanzig Jahre alt, verheiratet und Vater eines Babys. Dem Artikel nach hatte er eine Ausbildung zum Börsenmakler bei der Angel Bank gemacht, und so war der Bezug zum Mord an Leo Gresham hergestellt. Sie hatten im selben Haus gearbeitet und sich auf jeden Fall vom Sehen gekannt. Außerdem entdeckte ich ein Bild von Wilcox, das am Tag der College-Abschlussfeier aufgenommen worden war. Er hatte darauf ein rundes, kindliches Gesicht und sah mit seinem stolzen Strahlen wie mein Bruder aus, als er nach seinem ersten Tag als Börsianer heimgekommen war. Wie konnte irgendjemand glauben, dass er nach dem Mord an

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