Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)
Investmentabteilung, die einer meiner Kunden ist. Ich habe keine Ahnung, wer ihm hätte etwas antun wollen.« Ihre teuer manikürten Hände flatterten. »Die Bank hat letztes Jahr mehrere Leute freigesetzt, aber deswegen bringt man doch sicher keinen Menschen um.«
»Höchstens, wenn man eine Familie ernähren muss«, murmelte Burns. »Hat möglicherweise irgendwer einen speziellen Groll gegen ihn gehegt?«
»Vielleicht eine seiner Freundinnen. Er hatte zahlreiche Verehrerinnen«, klärte sie uns kichernd auf. »Aber seine Frau war völlig ahnungslos. Wobei ich an ihrer Stelle mich gewundert hätte, weil er so oft geschäftlich unterwegs gewesen ist.«
»Und woher wissen Sie, was er getrieben hat?«, erkundigte sich Burns.
»Er hat mir erzählt, er hätte extra einen Laptop im Büro, um seine Verabredungen zu organisieren, ohne dass Marjorie etwas davon erfährt.«
Der Butler brachte Morgans Tee. »Das hat aber gedauert, Liam. Ich dachte schon, du hättest mich vergessen.«
»Auf das Personal ist einfach kein Verlass mehr«, meinte Burns, nachdem der Mann wieder verschwunden war.
»Oh, er ist kein Angestellter, oder wenigstens nicht mehr. Zwar hat Liam als Personal Trainer bei mir angefangen, aber jetzt ist er mein Ehemann.«
Burns behielt seine neutrale Miene bei, doch mit Männern, die Lakaien ihrer eigenen Frauen waren, hatte er bisher bestimmt nicht oft zu tun gehabt.
»Ich fürchte, unsere Zeit ist um«, klärte Morgan uns bedauernd auf. Vielleicht war der Flirt mit einem bärbeißigen Polizisten amüsanter als die Invasion ihres Zuhauses durch ein Fernsehteam. »Ich bin froh, dass Sie vorbeigekommen sind, Inspektor«, fügte sie hinzu. »Leo war ein alter Charmeur. Ich kann immer noch nicht glauben, dass er nicht mehr lebt.«
Ihre Stimme bebte, aber ihre Augen blieben trocken. Offenbar reichte der Tod von einem engen Freund nicht aus, damit sie ihr Make-up durch einen Tränenstrom ruinierte.
Burns wirkte benommen, als er sich wieder hinter das Lenkrad seines Wagens schwang.
»Dieses arme Schwein, rennt wie ein Sklave durch die Gegend, sobald das Weib mit seinem kleinen Glöckchen klingelt.«
»Vielleicht macht es ihm ja Spaß«, antwortete ich. »Er ist passiv, sie aktiv. Was sich geradezu ideal ergänzt. Aber mit den Angestellten, die gefeuert wurden, hat sie sicher recht. Die meisten dieser Leute müssen doch echt sauer sein.«
Burns nickte zustimmend. »Die Bank hat uns die Personalakten noch immer nicht geschickt. Aber wenn sie so weitermachen, setzen wir die SOCA auf sie an.«
»Wer ist denn das?«
»Die Serious Organised Crime Agency, die OK -Dienststelle oder, kurz gesagt, die harten Jungs. Sie kriegen alle Türen auf, die sie aufkriegen wollen, wenn auch nur der Verdacht auf Schweinereien im großen Stil besteht.«
Als ich die Tür hinter mir schloss, fuhr Burns so eilig an, als teste er die Beschleunigung des Wagens für ein Automagazin. Sein Gefühlsausbruch auf dem Revier kam mir inzwischen schon so unwahrscheinlich vor, als hätte ich ihn nur geträumt.
10
Bette Davis starrte mich so böse an, als hätte ich alleine ihr den Weg zum Glück versperrt. Sie trug ein elegantes, leuchtend rotes Ballkleid und schrie ihren Verlobten an. Deshalb war es eine Erleichterung für mich, den Fernseher auf stumm zu stellen, als das Telefon klingelte.
Kichernd stellte meine Freundin Lola fest: »Ich habe deinen Flirt in dem Café gesehen, du Luder.«
»So was nennt man ein Gespräch. Das kommt zwischen erwachsenen Menschen öfter vor.«
»Gespräch, haha. Wann siehst du ihn wieder?«
»Ich habe ihm meine Nummer nicht gegeben.«
»Bist du verrückt? Der Mann ist eindeutig perfekt für dich.«
Ich antwortete nicht, denn für die Stimme der Vernunft war meine Freundin taub. Wenn ich zugegeben hätte, dass er nur etwas zu früh erschienen wäre, mir aber ansonsten durchaus gut gefiel, hätte sie mich wahrscheinlich durchs Telefon gezerrt, am Hemdkragen gepackt und direkt vor seiner Haustür abgesetzt.
»Himmel«, stöhnte sie. »Ich sehe dich schon vor mir, wie du irgendwann als alte Frau mit nichts als ein paar Katzen als Gesellschaft ganz allein in einer winzig kleinen Wohnung haust.«
Bette Davis hätte ihr anscheinend liebend gerne zugestimmt, denn als ich Richtung Bildschirm sah, bedachte sie mich abermals mit einem feindseligen Blick.
Ich erinnerte Lola daran, dass sie mir versprochen hatte, mir am nächsten Abend ihren jungen Lover vorzustellen, und erklärte ihr, meine Freundin
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