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Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition)

Titel: Blutiger Engel: Thriller (Ein Alice-Quentin-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
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hielt mir eine Postkarte in einem durchsichtigen Plastikumschlag hin. Sie zeigte ein weiteres, wunderschönes Renaissanceporträt. Dieses Mal hatte der Killer also wieder eine ähnliche Visitenkarte wie bei Leo Gresham und dem jungen Wilcox ausgesucht. Der Erzengel hatte das Aussehen eines Superhelden. Er war groß und muskulös und trug ein fließendes blaues Gewand. Ein kleiner Junge sah bewundernd zu ihm auf, als hätte er ihn kurz zuvor vor einer großen Gefahr bewahrt. Jemand hatte einen dicken roten Strich durch den Hals des Engels gezogen und die Reise des Gifts von seinem Mund bis hinab in seinen Bauch skizziert. Gemäß dem Aufdruck auf der Rückseite der Karte hatte Perugino den Erzengel Raphael mit Tobias um 1500 herum gemalt.
    »Das ist die bisher eindeutigste Botschaft, finden Sie nicht auch? Er behauptet nicht, dass er ein Engel ist, sondern zeigt uns, wie er Sünder bestraft.«
    Burns wirkte noch niedergeschlagener als zuvor.
    »Sie machen sich noch über etwas anderes Gedanken, stimmt’s?«
    Er starrte vor sich auf den Tisch. »Taylor hat Brotherton erzählt, ich käme mit der Arbeit nicht mehr klar.«
    »Als ob er seine Sache besser machen würde. Was hat sie dazu gesagt?«
    »Bisher nichts. Sie wartet erst mal ab.«
    Vor dem Krankenhaus trennte ich mich von Burns und sah ihm hinterher, als er über die Straße schlurfte wie ein alter Mann. Ich hatte keine Ahnung, wie sein Feierabend aussehen würde. Vielleicht guckte er sich ja im Fernsehen das Rugby-Derby zwischen Schottland und Neuseeland an und jubelte seiner Mannschaft lautstark zu. Doch ich hielt es für wahrscheinlicher, dass er sich weiter durch die Akten wühlte und dabei einmal mehr vergaß, dass man ab und zu was Ordentliches essen musste, damit man bei Kräften blieb.
    Ich machte etwas früher Schluss, denn Yvette hatte ein Treffen für mich arrangiert. Wenigstens half mir mein Vorhaben, das Bild von Lawrence Fairfield zu verdrängen, der in seiner Schublade im Leichenschauhaus lag. Er hatte offenkundig nicht gelogen, als er während unseres Besuchs behauptet hatte, dass er über Informationen verfügte, die er nicht verraten konnte, weil es zu gefährlich war.
    Ich lief gegen den Strom der Pendler, die ihren Büros entflohen, nach Norden, und es schien noch heißer als am Morgen zu sein. Aber schließlich hatten der Asphalt der Straße und die Backsteinmauern der Gebäude auch den ganzen Tag über die Sonnenstrahlen in sich aufgesaugt.
    Der Weg über die London Bridge erschien mir wie der Weg in eine andere Welt. Die Gebäude waren noch grandioser, und die Messingeinfassung der Tür, vor die ich trat, sah wie aus Gold gehämmert aus. Ich überprüfte die Adresse, die Yvette mir aufgeschrieben hatte. Die Bank sah aus wie eine kleinere Version von Lloyds. An den Wänden liefen Lüftungskanäle entlang, und ein gläserner Außenlift baumelte in einem irren Winkel von dem vorspringenden Dach. Im Foyer wurde auf riesengroßen Bildschirmen der jeweils aktuelle Stand von FTSE , Nikkei und Dow Jones verkündet, und eine Reihe Uhren zeigte an, wie spät es in New York und Tokio war.
    Als ich nach Vanessa Harris fragte, wies die Dame am Empfang mir sanft lächelnd den Weg in ihr Büro. Ich drückte den Knopf für den Fahrstuhl, aber als ich merkte, dass er wie mit Überschallgeschwindigkeit in Richtung Erde raste, wählte ich den Weg durchs Treppenhaus.
    Am Arbeitsplatz meiner Kontaktperson gab es außer einem Schreibtisch, einem Telefon und zwei Computern nichts zu sehen. Sie bedachte mich mit einem kühlen Blick, und ich hatte den Eindruck, dass sie dumme Menschen schwer ertrug. Sie musste um die vierzig sein, trug ein elegantes blaues Kleid und hatte so glattes braunes Haar, dass es wie aus einem Werbespot für Glätteisen aussah. Ihr Make-up war das, was Lola Kriegsbemalung nannte: Die dicke Schicht Grundierung war einen Ton dunkler als die Haut, und die Lippen leuchteten in einem grellen Rot.
    »Sie wissen, dass ich Ihnen nicht viel sagen kann, nicht wahr? Nach der Gerichtsverhandlung habe ich mich schriftlich zu Stillschweigen verpflichtet.« Ihrer angespannten Haltung nach schien Harris ihre Zusage, mit mir zu sprechen, zwischenzeitlich zu bereuen.
    »Nichts von dem, was hier gesprochen wird, wird je nach außen dringen. Das verspreche ich.«
    Harris starrte mich so lange an, dass mir ein wenig unbehaglich wurde, aber ihr Bedürfnis, endlich einem Menschen zu erzählen, was in der Angel Bank geschah, überwog anscheinend ihre Angst vor

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