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BLUTIGER FANG (German Edition)

BLUTIGER FANG (German Edition)

Titel: BLUTIGER FANG (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Pflock
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Wo blieb Bronco nur so lange? Sie merkte, dass sie sich wesentlich sicherer fühlte, wenn er bei ihr war.
    Vom Büro des technischen Pförtners aus, dessen Tür sie gerade öffnen wollte, war es nicht weit zum Haupteingang des Kaufhauses, durch dessen gläserne Front das Licht der Straßenlaternen hereinfiel.
    Sie sah hinaus und ihr Blick blieb dort hängen.
    Worauf hatte sie sich nur eingelassen? Nur dort draußen lag der hundertprozentige Schutz vor den Löwen, die hier drin irgendwo frei herumliefen. Dass Joel entschlossen war, Frank zu helfen, war ihr gleichgültig. Aber dass auch Bronco hochwollte – wenn auch aus Gründen, die sie durchaus einsah –, verschaffte ihr Unbehagen. Denn wenn er ging, hieß das wahrscheinlich auch für sie, hinaufgehen zu müssen. Und dies würde, nach all dem, was Bronco erzählt hatte, eine verdammt heikle Angelegenheit werden.
    Sie betrachtete die Schlüssel erneut. Einer von denen war es – einer von diesen Schlüsseln passte in die Zentralverriegelung, mit der die Glastürenfront geöffnet werden konnte. Sie hätte einfach gehen können.
    Dann aber dachte sie an Bronco, hatte sein Bild vor Augen. Sie dachte an all die herrlichen Nächte, die glücklichen Tage, dachte an die Zeiten, wo er nicht da war, und wie sie sich dann jedes Mal nach ihm verzehrte, dachte an die anderen Mädchen, denen er durchaus auch schöne Augen machte und fühlte die Eifersucht in sich brennen wie ein Höllenfeuer.
    Nein, ihr Platz war an Broncos Seite. Für sie war klar, dass sie ihn unter keinen Umständen verlassen würde. Wie hätte das ausgesehen? Nein, er war ihre Liebe, ihr Zentrum, ihr Leben – und wenn es sein musste, auch ihr Tod. Also, was sollten die Zweifel?
    Das Rasseln des Schlüsselbunds holte sie aus ihren Gedanken. Erneut probierte sie verschiedene Schlüssel durch.
    Jemand tippte ihr von hinten auf die Schulter.
    Linda fuhr zusammen und drehte sich um.
    Da stand Bronco und grinste.
    Neben ihm Kramer, der sie mit sorgenvoller Miene ansah.
    Dann hörte sie Bronco sagen: „Fertig?“    
    Linda brachte kein Wort heraus.  
    „Oh Gott“, sagte Bronco, der jetzt wohl begriff, dass sie die Tür nicht aufgebracht hatte. Er nahm ihr die Schlüssel und Chipkarten ab, übergab sie Joel mit der Anweisung, er solle die Tür öffnen, und sagte, während er und sie Joel bei der Arbeit zusahen: „Also gut, dann gemeinsam, aber dalli.“    
    Kramer hatte die Tür ruck, zuck geöffnet.
    Sie traten ein und schickten sich an, die Sachen herauszuholen.
    Linda wusste: Die größte und schwierigste „Sache“ lag im Restaurant und hieß Frank. Das würde die schwerste Aufgabe werden, wenn sie auch jeder aus anderen Gründen erledigen wollte. Joel wollte ihm helfen, wie ritterlich; Bronco wollte ihn aus dem Weg schaffen, um nicht mit dem Einbruch in Verbindung gebracht zu werden; und sie wollte das auch, im Grunde aber nur, weil Bronco es wollte. Und sie spürte, dass alle wussten, wie der jeweils andere dachte, während sie schweigend ihre Arbeit verrichteten.
     
    Im 1. Stock stromerten die Löwen zwischen den Vitrinen der Schmuckabteilung umher. Der Pascha witterte in alle Richtungen. Die Lichtverhältnisse gefielen ihm nicht. Einem Menschen, der den Schutz der Dunkelheit suchte, hätte das längst ausgereicht, denn ohne Taschenlampe war kaum etwas zu erkennen. Für Katzenaugen sah das jedoch anders aus. Deren Restlichtverwerter genügte der spärliche Schein, der von der Computerabteilung herüberfiel, um die Abteilung aus ihrer Sicht in ein helles Licht zu versetzen. Ein zu helles Licht!
    Seit sie in dieses Kaufhaus geraten waren, hatten sie keine Ruhe gehabt. Eine Flucht in die Gegend außerhalb der Stadt wäre wohl besser gewesen als ausgerechnet hierher. Sie spürten instinktiv, dass der Platz hier nicht für sie geeignet war, dass sie hier an einem Ort waren, an den sie nicht gehörten. Die Fremdheit der Gerüche, die von überall her auf sie einströmten, die seltsamen Gegenstände, von denen sie umgeben waren, die verstörenden Geräusche überstiegen alles, was sie aus ihrer Zirkuszeit kannten. Sie waren durch die Reisen in den engen Käfigen viele Ortswechsel gewohnt, sie kannten das Publikum und auch die Menschen. Sie hatten viel gesehen, gerochen, gewittert, geahnt und gespürt. Aber dieses Kaufhaus hier war etwas Neues. Sie konnten all diese Dinge nicht einordnen, erschraken bei jedem neu aufkommenden, ungewöhnlichen Geräusch und sicherten die Umgebung, wie es ihrer Art nun

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