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Blutiger Freitag

Blutiger Freitag

Titel: Blutiger Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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langes Glasstück ragte aus ihrem Ärmel, doch es saß zu tief, als dass er es hätte rausziehen können. Er wusste, wenn man so was tat, blutete es nur noch stärker. Irgendwie hatte er es geschafft, sie aus der Menge hinauszubringen und zu einer Bank zu führen, bevor sie wieder ohnmächtig wurde.
    „Haben Sie die Blutkonserve?“, rief die Sanitäterin und erschreckte Patrick ein weiteres Mal. Aber diesmal zuckte er wenigstens nicht zusammen.
    Er beobachtete, wie sie die letzten Stiche beim Vernähen der Wunde machte.
    „Wird sie wieder gesund?“ Er wusste, wie blöd diese Frage war, aber er musste sie einfach stellen.
    „Natürlich wird sie das.“ Die Frau sah ihn dabei nicht an, sondern konzentrierte sich stattdessen auf ihre Hände. Mit der rechten führte sie die Nadel, mit der linken tupfte sie das Blut ab. „Ihre Freundin wird sich wieder vollständig erholen.“
    Patrick wollte sie schon korrigieren, ließ es dann aber. Rebecca war nicht seine Freundin. Sie hätte wahrscheinlich als Erste protestiert, wenn sie dazu in der Verfassung gewesen wäre. Nicht weil sie ihn nicht mochte. Aber sie hatte da so ein Unabhängigkeitsding. Behauptete sie zumindest. Und irgendwie konnte Patrick das auch verstehen, schließlich dachte er selbst ganz ähnlich.
    Rebecca und er hatten von Anfang an auf derselben Wellenlänge gelegen. Insgeheim hielt Patrick ihr Unabhängigkeitsstreben zwar für Bindungsangst, doch im Grunde hatte sie damit ja vollkommen recht. Wenn man aufwuchs, ohne jemanden zu haben, auf den man zählen konnte, lernte man eben schnell, sich nur auf sich selbst zu verlassen.
    Bei ihm zu Hause war das nicht anders gewesen. Seine Mutter hatte ihr Bestes getan. Aber als Alleinerziehende war sie oft weg gewesen, hatte viele Überstunden machen müssen. Patrick warf ihr das nicht vor. Es war, wie es war. Außerdem hatte es ihm ja letztendlich nicht geschadet. Vielleicht war er ein bisschen früher erwachsen geworden als seine Klassenkameraden. Aber das war vielleicht nur ein Vorteil.
    Er hatte mit den Kids in seinem Alter sowieso nie richtig was anfangen können. Sie kamen ihm immer zu unreif vor. So wie Dixon Lee mit seinen supertollen Idealen. Patrick hatte einfach nicht die Zeit, gegen Sachen wie Immigration zu protestieren. Er brauchte seine ganze Energie, um Studium und Job unter einen Hut zu bringen. Außerdem wollte er mit Typen wie Dixon auch gar nichts zu tun haben. Weil er ihnen nicht über den Weg traute. Wie hieß es doch so schön: Traue nur dir selbst. Und genau das hatte er stets getan. Bis Rebecca aufgetaucht war. Und alles über den Haufen geworfen hatte.
    Sie war geistreich und witzig – besaß diesen trockenen Humor, mit dem sie einen immer wieder überraschte. Ihre Intelligenz hatte nichts mit bloßem Bücherwissen zu tun, sie konnte über ein Thema diskutieren, ohne andere vollzuquatschen. Noch wichtiger war, dass sie echt gut zuhören konnte. Normalerweise gab er bei Frauen das übliche Zeug von sich – irgendwas Interessantes, das nicht verfänglich war – und erwartete, dass sie das gleich wieder vergaßen. Aber Rebecca behielt alles. Und sie erinnerte sich nicht nur, sondern versuchte auch, aus den einzelnen Puzzlestücken ein Bild zusammenzusetzen. Patrick hatte noch nie jemanden wie sie kennengelernt.
    Und dann war da noch ihr Äußeres. Zierlich, aber sportlich gebaut, mit weiblichen Rundungen, die ihrem burschikosen Verhalten entgegenwirkten. Große braune Augen und helle, glatte Haut, auch wenn sie jetzt gerade viel zu blass aussah. Rebeccas schulterlanges Haar war nass von Schweiß, der Pony klebte ihr an der Stirn. Ihre sonst so vollen sinnlichen Lippen hatte sie vor lauter Schmerzen fest zusammengepresst, sodass sie ganz schmal wirkten.
    Ihre Lider flatterten, als sie kurz die Augen öffnete. Schnell griff er nach ihrer Hand unter der Decke. Es hörte sich gut an, wenn sie als seine Freundin bezeichnet wurde, obwohl er das natürlich nicht zugeben würde. Wenn man mit jemand zusammen war, wollte der normalerweise auch alle Geheimnisse des anderen erfahren. So weit war Patrick noch nicht.
    Eine Blutkonserve wurde gebracht. Die Frau in der blauen Uniform bereitete jetzt die Infusion vor und untersuchte Rebeccas anderen Arm, um eine Vene für den Einstich zu finden. Patrick ließ Rebeccas Hand nicht los, während die Sanitäterin den Arm so zurechtdrehte, wie sie ihn brauchte.
    „Es wird alles gut“, sagte sie, und Patrick nickte, bevor ihm klar wurde, dass sie mit Rebecca

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