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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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den dünnen und fleckigen Stoff, dessen Schattierungen einem Himmel glichen. Die Streben zwischen den Kufen und das darübergespannte Netz hatten die Bleichen mit Fellen der weißen Bären ausgelegt. Sie sahen aus wie frisch gefallener Schnee in einer weiten Hügellandschaft. Jede Bewegung des seltsamen Gefährtes wurde begleitet von dem stumpfen Geräusch, das die Kufen im Schnee verursachten. Nur ab und zu wurde es übertönt von dem Brüllen eines Bären, dem Knallen einer Peitsche oder dem lauten Stöhnen, wenn das Holz über einen Stein schabte.
    Zwei Tage mochte ihre Reise schon andauern, und Mogda hatte erst wenige Male das Zelt verlassen, um neben dem Schiff herzulaufen und sich denen anzuschließen, die einen Fußmarsch einer Schlittenfahrt vorzogen. Nur etwa die Hälfte aller Oger wagte sich an Bord der Eissegler. Das geheimnisvolle Gespann aus Bären, Segeln und weißhäutigen Zwergen schien einigen von ihnen unheimlich. Andere wollten sich nicht wieder blindlings verfrachten lassen, wie auf der Fahrt mit der Sturmwind - und abermals einem Ende der Reise im kalten Eiswasser entgegensehen. Kälte machte einem Oger weniger aus als Ungewissheit.
    Mogda hatte versucht, mit den Bleichen ins Gespräch zu kommen, doch musste er feststellen, dass sie den Bären, die das Schiff zogen, ähnlicher waren, als er angenommen hatte. Bis auf ein mürrisches Brummen oder einige unverständliche Worte bekam man aus ihnen nicht viel heraus. Er war gezwungen, sich aus den kargen Antworten einen Sinn zusammenzureimen. Ihr König hieß Arbalosch und herrschte über die ganze Region von seinem Thron nahe dem Riss. Auf die Frage, was der Riss sei, reagierten die Bleichen gar nicht. Weiterhin fand Mogda heraus, dass das Zwergenvolk die Ankunft der Oger bereits erwartet hatte oder zumindest davon gewusst hatte. Ihr Zusammentreffen mit den Bleichen war also kein Zufall. Mogda bemerkte, wie der Blick des Zwergen immer wieder auf das Runenschwert an seiner Seite fiel und wie es den Bärtigen Überwindung kostete, sich wieder abzuwenden.
    Mogda entschloss sich, den Bleichen genauso viel und genauso wenig zu vertrauen wie jedem anderen Volk. Dennoch musste er sich eingestehen, dass ihre Hilfe von großem Nutzen war - wenn sie den Ogern wirklich helfen wollten.
    Kapitän Londor saß unterdessen mit seinen Männern auf einem eigens für sie freigehaltenem Eissegler. Seit Beginn der Fahrt hatte er sich nicht mehr blicken lassen. Anscheinend genoss er die Abwesenheit der Oger. Umso grimmiger wurde sein Blick, als er sah, dass Mogda auf ihr Schiff aufsprang und zu ihnen ins Zelt kletterte. Schlagartig verstummten alle Gespräche, und alle Augen ruhten auf dem Oger.
    »Hier gibt es nichts, was ihr nicht auch auf einem anderen Segler findet, Herr Oger«, begrüßte ihn Londor.
    Mogda musste feststellen, dass das tagelange Ausbleiben von »Herr Oger« seine Laune etwas verbessert hatte, doch leider war sie innerhalb von Sekunden wieder auf dem Tiefpunkt angelangt. Trotz der blumigen Sprache des Kapitäns fiel es selbst einem Oger nicht schwer, die Abneigung darin herauszuhören. Ob dieses ablehnende Verhalten allen Ogern galt oder nur dem einen, der die Sturmwind jetzt zum zweiten Mal versenkt hatte, wollte Mogda gar nicht erst herausfinden. Viel wichtiger als persönliche Aversionen waren ihm Londors Einschätzungen der sonderbaren Zwerge. Der Kapitän hatte viel Zeit bei den Zwergen verbracht und mit ihnen Handel getrieben, er kannte eine Menge Geschichten und hatte so gut wie jedes Meer überquert. Wen gab es da Besseres als ihn, den man über die vermeintlichen Absichten der Bleichen befragen konnte? Londors Gesichtsausdruck zufolge jeden - doch leider war »Jeder« tausend Meilen entfernt.
    »Ich möchte mit Euch sprechen«, sagte Mogda höflich.
    »Was bleibt Euch anderes übrig?«, fragte Londor höhnisch.
    »Kaputtmachen könnt Ihr schließlich nichts mehr. Alles, was ich je besessen habe, liegt jetzt auf dem Grund des Meeres. Ich hoffe, mit der Zerstörung meines Lebenswerkes bereite ich Euch ein klein wenig Freude.«
    Mogda ahnte bereits, dass es ein Fehler gewesen war, sich zu dem rauen Seebären zu gesellen, doch er hatte das Bedürfnis zu reden. Aber selbst wenn es umschlagen sollte und er unbedingt jemandem wehtun wollte, war er hier an der richtigen Adresse.
    »Ich möchte mit Euch über die Bleichen sprechen«, verriet Mogda. »Was meint Ihr, können wir ihnen trauen?«
    Londor sah ihn mit großen Augen an. »Fragt der Wolf den

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