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Blutiges Echo (German Edition)

Blutiges Echo (German Edition)

Titel: Blutiges Echo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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konnte. Ein kleines, zartes Ding.
    Dann legte er den Ohrring zurück in die Schachtel, steckte den Karton mit der Uhr wieder hinein, schloss den Deckel, legte das Kästchen in die Schublade und schloss sie.
    Er lehnte sich an die Kommode und holte tief Luft.
    Für manch einen wäre das zu viel. Manche hatten sich nicht unter Kontrolle. So etwas würde in ihnen den Wunsch wecken, wieder zu töten.
    Er würde das auch tun.
    Aber er war kein Sklave seiner Leidenschaft.
    Er würde warten, bis er so weit war.
    Er würde sich von nichts herumschubsen lassen. Weder von irgendwelchen Leuten noch vom Schicksal noch von seinen Begierden.
    Er nicht.
    Er war ein Fels.
    Ein verdammtes Gebirge.
    Er konnte wieder töten, wenn er sich dazu entschied, doch wenn er der Meinung war, er solle lieber aufhören, würde er aufhören.
    So einer war er eben.

Teil III
    Zieh mich aus, zeig mir den Mond

Kapitel 23
    Harry erwachte, nur in Unterwäsche, auf einem riesigen Bett in einem riesigen Zimmer, das wirklich nett aussah, bis auf die Spinnweben in den Ecken. Langsam setzte er sich auf, mit dem Gefühl, ein Elefant säße auf seinem Kopf. Durch die staubigen beigefarbenen Vorhänge vor dem Fenster glitt ein schmaler Lichtstrahl.
    Er stopfte sich ein paar Kissen unter den Kopf und bemühte sich, wieder einzuschlafen, aber sein Körper wollte nicht mehr. Eine Weile lag er einfach so da und versuchte sich zu erinnern, wo er war.
    Dabei erinnerte er sich nicht mal mehr richtig daran, wer er war.
    Er wusste noch, wie Tad sich über ihn gebeugt hatte, während er auf der feuchten Erde gelegen hatte.
    Langsam schwang er die Beine über die Bettkante und stellte die Füße auf den Boden. Ein schöner Teppich lag darauf. Er wackelte mit den Zehen im Flor.
    Dann rekonstruierte er die letzte Nacht. Joey. Die Bar. Eine Tracht Prügel vom Barkeeper. Die Treppe hoch zu seiner Wohnung. Auf der Erde aufgewacht, Tad über ihm.
    Scheiße.
    Es war schon Vormittag.
    Eigentlich sollte er gerade im Buchladen stehen.
    Er begann, sich schneller zu bewegen, und merkte, dass ihm die Energie dazu fehlte. Aber hinlegen wollte er sich auch nicht wieder. Eigentlich war es egal, ob er wach war oder schlief, ihm schwirrte der Schädel, genau wie die Welt um ihn herum. Wenn er einfach nur so dasaß, fühlte er sich nicht ganz so elend.
    Nach einer Weile stand er auf, stellte fest, dass seine Kleider zusammengefaltet auf einem Stuhl lagen, seine Schuhe darunter standen und an der Schlafzimmertür ein Zettel klebte:
    Bitte geh duschen! Und nimm ordentlich Seife. Deine Klamotten sind frisch gewaschen. Handtücher findest du im Bad. Kaffee ist fertig. Tad

Kapitel 24
    Nach der Dusche fühlte Harry sich besser. Angezogen, aber barfuß tappte er einen Flur entlang und in die Essecke einer Küche. Tad, frisch und sauber, das schüttere Haar streng zurückgekämmt, dazu ein weites helles Hemd, Hose und Tennisschuhe, saß auf einem Stuhl an der Theke und las ein Buch.
    Am anderen Ende des Raumes befand sich eine Glasschiebetür; Tageslicht füllte sie aus.
    Tad schaute auf. »Von den Toten auferstanden«, sagte er.
    »So ungefähr.«
    »Komm, setz dich. Nimm dir eine Tasse Kaffee.«
    »Wie wär’s mit einem Eimer?«
    »Ich mache so lange neuen, wie du willst. Ist genug da. Italienischer Kaffee, Kona-Kaffee aus Hawaii, altbewährter amerikanischer Kaffee und Krümelkaffee. Wenn man so viel säuft wie ich, braucht man auch immer einen großen Vorrat. Ich hab so viel Kaffee da, dass du drin baden könntest.«
    »Ich glaube, ich sollte gerade bei der Arbeit sein. Besser gesagt, ich weiß es genau.«
    »Wo arbeitest du? Du hast es mir schon mal erzählt, aber ich hab’s wieder vergessen.«
    »Im Buchladen in der Innenstadt. Die College-Buchhandlung. Ich arbeite ein paar Stunden pro Woche im Lager, manchmal räume ich die Regale ein. Das finanziert mir das Bier und mein hübsches Domizil. Bisher zumindest. Ich hab schon mal gefehlt, und das hat denen gar nicht gefallen. Wenn ich mich richtig erinnere, hieß es, noch ein Schnitzer und sie setzen mich an die frische Luft.«
    »Frische Luft ist gesund.«
    »Du weißt, was ich meine.«
    Tad nahm den Daumen aus den Buchseiten, schob ein Stück Papier dazwischen und legte das Buch auf den Tresen. »Du hast mir eine Nachricht geschrieben.«
    »Das war, als ich mich noch für obertoll gehalten hab. Als ich dachte, ich wär verliebt. Das bin ich ja auch. Aber jetzt, wo ich weiß, wer ich wirklich bin und wo ich stehe, spielt das keine Rolle

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