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Blutiges Echo (German Edition)

Blutiges Echo (German Edition)

Titel: Blutiges Echo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Feier werden?«
    »Gar keine Feier. Herrgott noch mal, Joey. Was feiern wir denn?«
    »Dass wir noch Freunde sind!«
    »Ich weiß nicht, ob das so ein Anlass zum Feiern ist.« Harry setzte sich aufs Sofa und betrachtete Joey. »Ich kenn dich jetzt seit, ich weiß gar nicht, wie viel Jahren?«
    »Keine Ahnung. Seit der Grundschule.«
    »Und so langsam frage ich mich, wenn ich Freunde wie dich hab, wozu brauche ich dann noch Feinde?«
    »Das ist hart. Abgedroschen, aber hart. Ist denn irgendjemand anders von früher noch mit dir befreundet, Alter? Bin ich vielleicht nur der letzte auf einer scheißlangen Liste von guten, fürsorglichen Freunden?«
    »Du bist auf gar keiner Liste. Auf keiner, die ich geschrieben hab.«
    Harry beobachtete, wie Joey sich ein leeres Marmeladenglas nahm, den Wein öffnete und sich langsam etwas einschenkte. Nein. Nicht etwas. Viel. Er goss das Glas beinahe randvoll. Das war die halbe Weinflasche.
    Von seinem Platz aus konnte Harry den Wein riechen. Eigentlich trank er keinen Wein. Er mochte Bier, Whiskey, ein paar Gin-Sorten. Aber der Wein roch nach Blumen und Honig und gepflegten Frauen, wenn sie sich das Höschen auszogen. Der Alkohol kitzelte ihn an den Nasenhaaren. Es war ein sehr roter Wein, dunkel wie die Erdbeermarmelade, die ursprünglich in dem Glas drin gewesen war. Harry leckte sich über die Lippen.
    »Sicher, dass du nichts willst?«, fragte Joey. »Du siehst aus, als wäre ein Schlückchen jetzt genau das Richtige.«
    Harry schüttelte den Kopf.
    »Nur einen Schluck, Harry?«
    Harry überlegte. Das war fast nichts. Nur ein Schluck.
    Nein. Ein Schluck, ein Glas, eine Flasche, eine Kiste. Es lief alles auf dasselbe hinaus. Er schüttelte wieder den Kopf.
    Joey suchte sich einen Stuhl, setzte sich mit seinem Marmeladenglas voll Wein hin und kostete. »Ah. Der ist lecker. Billig, aber lecker. Du weißt nicht, was du verpasst.«
    »Doch, das weiß ich. Übelkeit in ungefähr drei Stunden. Und ein Klo, das nach Kotze stinkt. Wenn ich es bis zum Klo schaffe.«
    »Ach, komm schon. So wild ist das doch nicht, oder? Ist ja schließlich kein ganzer Bottich. Bloß eine einzige Flasche.«
    Harry sah zu, wie Joey einen weiteren großen Schluck trank, und fragte sich, ob er sich ein zweites Glas einschenken würde, wenn das erste leer war. Dann wäre nichts mehr übrig.
    Joey merkte, wie Harry ihn beim Trinken beobachtete. »Meine Güte, du tust ja, als wärst du ein Alkoholiker.«
    »Vielleicht stimmt das auch.«
    »Sei doch nicht albern. Du kannst jederzeit aufhören.«
    »Das versuche ich gerade.«
    »Was soll denn ein Gläschen schaden? Wir stoßen doch nur auf unsere Freundschaft an.«
    »Die nicht besonders gut läuft.«
    »Ach was! Du kannst mir doch nie lang böse sein, oder?«
    Es klopfte an der Tür.
    Harry machte auf, und draußen stand Tad. Er hatte sich nicht gerade herausgeputzt, aber er trug immerhin ein Sakko und hatte sich die Haare gekämmt, sodass seine kahle Stelle im Verandalicht glänzte. Sein Sakko war so ein Literaten-Jackett – blauer Cord mit schwarzen Lederflicken am Ellbogen.
    »Tad?«
    »Jepp. Ich wollte dich zum Abendessen einladen.«
    »Abendessen?«
    »Du weißt schon, die Mahlzeit am Ende des Tages.«
    »Schon klar … aber warum?«
    »Mir ist langweilig.«
    »Komm rein.«
    Als Tad eintrat, schnüffelte er leicht und warf einen Blick auf die Weinflasche. Er schaute erst zu Harry, dann zu Joey.
    »Ich trinke nichts«, sagte Harry.
    »Wollte ich gar nicht fragen.«
    »He«, sagte Joey. »Sie sind doch der Alki.«
    »Wie bitte?«
    »Der Typ letztens in der Bar.«
    »Ach, dann bist du wohl Joey.«
    »Stimmt. Ich hab mitgeholfen, Ihren Hintern in Harrys Auto zu verfrachten.«
    »Danke. Zum Glück hast du nicht mitgeholfen, mich die Treppe hier hochzuschleppen. Hättest dir ja einen Bruch heben können. Das hat Harry allein geschafft.«
    »Sie haben damals ein paar abgefahrene Moves hingelegt. War das Trinkerglück?«
    »Bestimmt. Auch wenn ich mich kaum daran erinnern kann.«
    »Wie heißen Sie?«
    »Tad.«
    »Wie wär’s mit einem Gläschen, Tad?«
    Tad hielt inne und holte tief Luft. »Nein, danke. Der riecht billig.«
    »Ist er auch, erfüllt aber trotzdem seinen Zweck.«
    »Das tut Haarwasser auch.«
    Joey prostete ihm zu. »Da spricht wohl jemand aus Erfahrung.«
    Harry ging schnell dazwischen. »Ich weiß nicht, ob das mit dem Abendessen so eine gute Idee ist, Tad. Joey ist ja gerade zu Besuch.«
    Tad musterte Joey. »Deine Freunde sind auch meine Freunde.

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