Blutiges Gold
Faulkner und Sheridan ging bereits an Tannahill, wie du längst wüsstest, wenn du mal in deine E-Mails reinschauen würdest!«
Bei den letzten Worten stieg der Tonfall etwas an. Ians Weigerung, Zeit mit solch unsinnigem bürokratischem Kram wie E-Mails zu verschwenden, war bei Rarities berühmt-berüchtigt. Dana und Niall ließen ihn gewähren und alles Notwendige auf seine Weise in Erfahrung bringen.
Viel interessanter war für Ian die Nachricht, dass Shane nicht nur für Cherelle Faulkner, sondern auch für Risa Sheridan eine Untersuchung angefordert hatte.
Er fragte sich, ob Risa davon wusste. Vielleicht war das der Grund, warum sie so wütend auf ihren Chef war. Ihren Ex-Chef.
Aber rausgeworfen zu werden wäre für Risa eigentlich schon Grund genug, sauer zu sein.
»Dann sagt mir bitte, was ihr rausgefunden habt«, sprach Ian in sein Handy.
»Mit Sheridan war es einfach«, war die Antwort. »Sie hat sich überall korrekt an- und abgemeldet. Die Faulkner lebt eher in einer Grauzone, wo Bürokratie keine Chance hat. Der letzte Eintrag bezüglich Führerschein, Wohnadresse und Anmeldung eines Wagens stammt aus der Zeit von Johnson Creek in Arkansas.«
»Und der letzte Stand?«
»Tannahill hat alle Unterlagen. Und dort bist du doch jetzt, nicht wahr? In Las Vegas?«
»Ja, da bin ich. Ich weiß nicht, ob er mir mitteilt, was er weiß.«
»Hey! Warum nicht?«, sagte Shane, der die Hälfte der Unterhaltung mitbekommen hatte. »Sie können beide Profile haben, das von Risa und das von Cherelle.«
Shane war auf den Knall gefasst, wenn Risa zwei und zwei zusammenzählte und begriff, dass er bei Rarities kürzlich eine Nachforschung über Cherelle Faulkner in Auftrag gegeben hatte.
Und über Risa.
Ihre Augen verengten sich und sie kniff die Lippen zusammen. Sie hatte den Zusammenhang also sehr schnell verstanden. Wenn sie nur wütend gewesen wäre, hätte er es akzeptieren können.
Aber was ihm wehtat, war der kurze Moment, als er den tiefen Schmerz in ihren klaren blauen Augen erkennen konnte, bevor sie den Kopf neigte und die Schublade ihres Schreibtisches leerte.
Er lief rasch zu ihr und ging unmittelbar vor ihr in die Hocke, um ihr ins Gesicht blicken zu können. »Was hättest du an meiner Stelle getan?«, fragte er ruhig. »Irgendeine Frau aus deiner Kindheit taucht hier auf, die so ganz anders ist als du, und du sagst mir nichts darüber. Du hast sie sogar vor mir versteckt.«
Risa warf den Kopf in den Nacken, wütend auf ihn, aber vor allem wütend auf sich selbst, weil ihr die Tränen in den Augen und in der Kehle brannten. »Du hast ihr also Rarities auf den Hals gejagt. Und mir.«
»Ja.«
»Du traust mir nicht.«
»Risa …«
Sie unterbrach ihn mit einer entschiedenen Handbewegung. »Schon gut. Warum solltest du mir auch trauen? Ich habe dir auch nicht genug vertraut, um dir von Cherelle zu erzählen, weil sie daher stammt, woher ich auch herstamme und vielleicht auch geblieben wäre, wo sie …« Risa schluckte und kämpfte gegen die Tränen an, die fließen wollten.
Shanes Handrücken strich ihr kurz und sachte über die Wange. »Ich habe einen Fehler gemacht. Deine Vergangenheit geht mich nichts an. Alles, was mir wichtig ist, ist deine Gegenwart. Cherelle ist nicht Teil deiner Gegenwart, das hoffte ich, weil ich dich so sehr wollte. Aber vielleicht täuschte ich mich ja, und deshalb habe ich Rarities eingeschaltet. Ich traute mir selbst nicht. Und das ist das erste Mal.«
Er hielt inne und begegnete Ians dunklem, verständnisvoll-ironischem Blick.
»Wenn sich inzwischen nichts Neues ergeben hat, habe ich die Angaben alle in meinem Büro.«
»Gibt’s irgendetwas Neues, seit ihr die Daten an Tannahill geschickt habt?«, fragte Ian ins Telefon. »Okay. Wenn es doch etwas Neues gibt, wollen wir es sofort haben – am besten vorgestern. – Ja, dir auch, Schätzchen.«
Er unterbrach die Verbindung und steckte das Gerät wieder in seine Gürteltasche. Die geschmeidigen Lederriemen eines Pistolenhalfters lugten kurz hervor und verschwanden wieder unter seiner Jeansjacke.
»Also hat Rarities Sie eingeflogen«, meinte Shane, der das Halfter erblickte hatte.
»Je länger sich Dana Ihr Druidengold ansah, desto größer wurde ihr Wunsch, auch die übrigen Teile zu finden. Sie sagte, die Kunstwerke hätten gleichzeitig etwas Unirdisches und ganz und gar Reales an sich.«
»Haben Sie mir die vier Teile mitgebracht?«, fragte Shane.
»Sie haben sie schließlich angefordert. Im Labor gab’s
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