Blutjägerin (German Edition)
hatte.
Zehn Minuten später war er im Büro. Alexandre saß mit blutbeflecktem Hemd an seinem Schreibtisch und winkte Gerald herbei.
„Die beiden Tatorte sind gesäubert.“
„Gute Arbeit, Alexandre.“
„Die beiden Neuen haben sich nicht dumm angestellt.“
„Wo sind sie?“
„Sie überwachen die Gegend um das Apartment. Ich wollte auf Nummer sicher gehen, dass sich kein Morati mehr in der Nähe versteckt, aber wie es scheint, habt ihr heute Nacht den Kern dieses Clans ausgerottet.“
Das würde sich noch zeigen. „Hat es sonst etwas gegeben, das ich wissen müsste?“
„Die üblichen Unruhen seit Gründung der freien Liga. Blutpartys, zwei menschliche Leichen, die Opfer eines Vampirs waren und mehrere Bisswunden, die in Krankenhäusern behandelt wurden. Im Moment beobachten unsere Agenten nur. Die Jäger erledigen die Arbeit.“
Damit verlagerte sich das Problem nur. Durch die Jägeraktivitäten und deren Erfolge war es nur eine Frage der Zeit, bis es wieder zu größeren Geldflüssen kommen würde, um die Orden zu stärken und neue Rekruten auszubilden. Seit der Zerschlagung der Jägerorden waren mehrere Jahrzehnte vergangen. Die Technologie hatte sich inzwischen weiterentwickelt und dank der Möglichkeiten der modernen Kommunikationsmedien würde auch die Schattenwelt des Vampirrats nicht lange verborgen bleiben. Im Moment bestanden die Orden nur aus einer Schar alter Männer, verbunden in einem Netzwerk. Es gab nur wenige Junge, meist Söhne oder Töchter ehemaliger Ordensmeister. Noch waren sie nach Geralds Ansicht nicht in der Lage, diese Medien zu nutzen, um durch gezielte Recherche die Unterwanderung einzelner Organisationen aufzudecken. Denn so könnten sie Personen wie André Barov, die als erfolgreiche Geschäftsleute in der Öffentlichkeit auftraten, mit etwas Geschick entlarven. Sobald die Jagd nach den Vampiren der freien Liga, die sich durch ihr Unwissen selbst ins Verderben stürzten, genug Geld eingebracht hatte, war der Rat nicht mehr sicher.
„Bitte halte hier noch ein wenig die Stellung“, bat Gerald. „Ich muss einige Daten im Netz recherchieren.“
Alexandre nickte. „Natürlich.“
Er ging in sein Büro, warf den Computer an und stellte eine Verbindung zum Zentralrechner her.
Von pochenden Kopfschmerzen geplagt, erwachte Sophie auf der Liege des Kerkers. Es dauerte einige Zeit, bis sich ihre Augen an das grelle Licht des Raumes gewöhnt hatten. Wenn dieses Licht bereits für die Augen eines Menschen zu hell war, wie musste es dann erst einem Vampir ergehen?
Woher kamen diese Gedanken? Hatte sie plötzlich Mitgefühl mit den Bestien?
Wie Peitschenhiebe tauchten die Bilder aus ihrem Traum wieder auf.
Heilige Mutter Gottes!
Hatte er sie getötet oder ihr das Unterbewusstsein nach allen den Jahren des Vergessens einen Streich gespielt? Welche Rolle spielte er in dem Ganzen?
Der Assassine war verschwunden. Sie stand auf, öffnete die Verbindungstür und tippte den Code ein, um die Zylinder der Kerkertür zu aktivieren.
Im Versammlungsraum erwartete sie das gleiche Chaos, das sie bei ihrer Ankunft vorgefunden hatte. Der Assassine kannte das Versteck des Ordens. Nun war sie auch hier nicht mehr sicher.
Sie nahm zwei Kopfschmerztabletten aus dem Medizinschrank hinter der Bar, sank auf einen Hocker und spülte die Tabletten mit einem Schluck Wasser hinunter. Sie stellte das Wasserglas ab und bemerkte ein Kuvert auf der Theke, das mit einem altmodischen roten Wachssiegel verschlossen war.
Für den Orden des silbernen Harlekin, zu Händen Sophie Lacoste, Ordensmeisterin
, stand darauf geschrieben.
Das rote Siegel zeichnete sich als Relief eines geflügelten Löwen ab, das Wappen Venedigs. In dieses Wappen war ein kunstvoll gestaltetes F eingearbeitet: der Orden der Firenze, Jonathans Orden. Eine pergamentfarbene Karte mit goldenem Rand und schwarzer Schrift lag im Umschlag. Es war eine Einladung zur Versammlung der Orden in Venedig, die in drei Tagen stattfindenwürde. Zur Verhandlung über das Schmieden einer Allianz der Orden. Jonathan versprach, eine neuartige Waffe zur Bekämpfung des übermächtigen Feindes vorzustellen. Mit den Worten „Auf dein Erscheinen freue ich mich besonders, Sophie“, endete der Text.
Seit wann war sie mit dem Kerl per du? Hatte sie Jonathan gegenüber irgendwelche falschen Signale gesendet? Noch viel mehr fragte sie sich, wie dieser Brief hierherkam. Wenn Firenze hier gewesen war, dann hatte er auch von ihrem Gefangenen Wind bekommen
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