Blutjägerin (German Edition)
Straßen um das Hotel, versuchte, sich die Wege einzuprägen und kehrte schließlich in die Villa auf der anderen Seite des Canal Grande zurück.
Sie vermisste Dora und Meike, fragte sich, wie es den beiden erging und hoffte, Gerald habe sie nicht belogen mit seinem Versprechen, ihnen helfen zu können. Sie setzte sich an den großen Esstisch und begann, die Pistole in ihre Einzelteile zu zerlegen und zu reinigen, wie Vater es sie gelehrt hatte. Sie hatte sich früher immer geschworen, diese Dinger niemals an einem Lebewesen zu benutzen und nun hatte sie schon drei Mal damit gemordet. Mord, wiederholte sie das Wort in Gedanken, mehr war es nicht. Kein Vergnügen, keine Heldentat, sondern blanker Mord, um des eigenen Überlebens willen.
Vor ihr floss das schwarze Wasser durch den Kanal. Eine Gondel glitt langsam vorbei. Während ihr Blick dem Boot folgte und sie die Waffe zusammensetzte, musste sie an Gerald denken. In ihrer Erinnerung vermischten sich Traum und Realität. Sofort spürte sie, wie sehr sie sich sträubte, den brutalen Bildern in ihrem Kopf Glauben zu schenken. Sie sehnte sich nach ihm. Seine Ruhe und Gelassenheit, sein ganzes Wesen, das immer nur Friedliches ausgestrahlt hatte. Was war Wirklichkeit, was Illusion?
Er hatte sie belogen. Doch wie hätte sie reagiert, hätte er ihr sein Geheimnis offenbart? Einer Jägerin, die sein Volk hasste? Sie war die Tochter eines Jägers, der sich Trophäen getöteter Vampire an die Wand nagelte. Wie schwer musste es für ihn gewesen sein, sie zu akzeptieren, sich ihren Berührungen hinzugeben?
Es sei denn, er hatte nur gespielt, um sie quälen. Vielleicht gab es ihm einen besonderen Kick, mit einer Jägerin, einer Vampirmörderin zu schlafen.
Aber so pervers schätzte sie ihn nicht ein. Und sie verstand nicht, weshalb er andere seines Volkes getötet hatte, um sie zu retten.
Die Nacht verbrachte sie in einem Zimmer mit Himmelbett und handgearbeiteten Möbeln. Die Größe des Hauses mit seinen zahlreichen Zimmern und Kammern ließ sie spüren, wie einsam sie war. Die Einsamkeit einer Jägerin. Nun musste auch sie damit leben, genau wie ihr Vater.
Noch vor Tagesanbruch verließ sie die Villa, um durch Venedig zu spazieren und den Sonnenaufgang mitzuerleben. Sie frühstückte in einem Straßenkaffee, schlenderte über den Piazza San Marco und ließ die Stunden verstreichen, bis der Zeitpunkt kam, aufzubrechen. Das Hotel war so unscheinbar, wie sie es am Vorabend vorgefunden hatte. Nichts wies darauf hin, was hinter den Mauern stattfinden sollte und sie zweifelte einen Moment an der Echtheit der Einladung. Erst, als sie klopfte und ein junger Mann in Pagenuniform sie misstrauisch musterte, sie nach Namen und Herkunft fragte und ihre Antworten auf einer Liste abhakte, zerstreuten sich ihre Zweifel. Der Mann geleitete sie eine Treppe hinauf. Oben angekommen empfing sie Jonathan Firenze.
„Schön, dass Sie gekommen sind.“ Er machte eine gekünstelte Verbeugung und hauchte einen Kuss auf ihre Hand.
Sie erwiderte seine Begrüßung mit gezwungenem Lächeln und folgte ihm, als er sie in die ehemalige Empfangshalle des Hotels führte, wo bereits etliche Männer älterer Generation versammelt waren. Einige erkannte sie von der Beerdigung wieder, die meisten waren ihr fremd.
Unterschiedlich waren die Reaktionen auf ihr Erscheinen. Sie war die einzige Frau. Manche nickten ihr freundlich zu, andere brachten ihr Misstrauen, Gleichgültigkeit aber auch einen Ausdruck von Feindseligkeit entgegen.
Sophie suchte nach Dominik, fand ihn aber nicht unter den Versammelten. Vielleicht war er in Wien und Wilhelm hatte sich geirrt. Sie glaubte immer noch nicht, dass ausgerechnet Dominik den Orden verraten hatte.
Eine Weile stand sie abseits, abwartend, was kommen würde, bis ein Mann mit vernarbtem Gesicht sie ansprach.
„Sie sind Richters Tochter, nicht war?“
Sie nickte. „Das bin ich.“
„Mein Name ist Padro Libri, ich kannte Ihren Vater und wollte Ihnen mein Beileid aussprechen. Er war ein großer Jäger.“
„Ich danke Ihnen.“
„Es überrascht mich, Sie hier zu sehen.“
„Aus welchem Grund?“ Ein Kellner kam vorbei, reichte Sophie ein Glas Wasser von einem Tablett.
„Unter uns.“ Er beugte sich vertraulich vor. „Ihr Vater war ein Gegner von diesem Kerl. Ich unterstützte ihn in seiner Meinung über Jonathan“, flüsterte er. „Er hielt ihn für einen Spinner und Betrüger.“
„Das habe ich habe in seinen Aufzeichnungen gelesen, ja.“ Sophie
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