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Blutlust

Blutlust

Titel: Blutlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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einen weiten Mantel eingehüllt saß und mit in die Hände gedrücktem Gesicht haltlos und herzzerreißend schluchzte und weinte.
    Nach einem kurzen Zögern ging ich zu ihr. Sicher, ich hatte gerade genug eigene Sorgen und auch mehr als einmal gelesen und im Fernsehen gesehen, dass ein solches Szenario in New York nicht selten eine Falle war, aber ich brachte es nicht über mich, jemandem, der so verlassen und in sich gesackt dasaß und heulte, meine Hilfe nicht wenigstens anzubieten.
    »Alles okay?«, fragte ich, als ich vor ihr stand – wie man eben so fragt, wenn man eigentlich ganz genau weiß, dass nicht alles okay ist. »Kann ich dir irgendwie helfen?«
    Als sie aufblickte, machte ich einen erschrockenen Satz zurück.
    Es war Carla!
    Ihre hellen Augen waren vom Heulen dick und rot geschwollen, und ihr vorher so kunstvolles Augen-Makeup war völlig tränenverschmiert. Ihr Haar war zerzaust und strähnig, und während es vorhin noch geglänzt hatte, war es jetzt matt. Sie blutete aus einer aufgeplatzten Lippe, und ihr linkes Jochbein war dick angeschwollen und schillerte blau-violett.
    Als sie mich erkannte, versteckte sie sofort wieder ihr Gesicht in den Händen und versuchte, sich wegzudrehen. Offenbar war es ihr peinlich, dass ich sie so sah.
    »Lass mich allein«, sagte sie schwach. »Geh weg.«
    »Was ist passiert?«, fragte ich und ging vor ihr in die Hocke.
    »Nichts«, antwortete sie. »Es ist alles in Ordnung.«
    »Von wegen alles in Ordnung«, beharrte ich. »Lass mich mal sehn.«
    »Nein.« Sie verkrampfte sich.
    »Na, komm schon, stell dich nicht so an«, sagte ich bestimmt.
    Ich drehte ihren Kopf zu mir und nahm ihr die Hände vom Gesicht. Auf den zweiten Blick sah sie noch schlimmer aus. Die Haut über dem Jochbein war ebenfalls aufgeplatzt, und sie hatte Schnittwunden an den Händen. Ihre Nase lief. Sie löste sich ein wenig – aber nicht sehr.
    »Wer hat dir das angetan?«
    Ihr Blick war anders als vorhin im Park ein verletzter und völlig verängstigter. Immer wieder schaute sie zu der Treppe, als wolle sie sichergehen, dass sie nicht verfolgt wurde.
    »Keiner tut dir mehr was«, versprach ich. »Wer war das?«
    Da kam die U-Bahn angefahren und bremste ab. Carla schluchzte, richtete sich auf – schwerfällig, wie unter Schmerzen – und humpelte auf ihren hohen Stiefeln in Richtung Zug.
    Ich lief ihr nach. Wir bestiegen den leeren Wagen, und ich setzte mich neben sie.
    »Du musst sofort in ein Krankenhaus«, sagte ich und deutete auf das Jochbein. »Das muss genäht werden.«
    »Ich kann nicht.«
    »Du musst.«
    »Das wird schon wieder«, wehrte sie ab. »Sieht schlimmer aus, als es ist. Lass nur. Ist nicht das erste Mal.«
    Ich riss ein Stück Stoff vom Saum meines Kleides und wischte ihr das Blut und die Rotze aus dem Gesicht.
    »Wer war das?«, fragte ich noch einmal. Ich hatte einen Verdacht. »Die Beschützer?«
    Sie nickte zögerlich. Diese Bestien!
    »Im Park?«
    Sie nickte noch einmal.
    »Wir müssen zur Polizei«, sagte ich, obwohl ich das vorher selbst verworfen hatte. Aber mit Carla und Max in diesem Zustand mussten die Cops uns einfach glauben. »Sie haben auch Max und mich angegriffen.«
    »Es hat keinen Zweck, zur Polizei zu gehen«, sagte Carla mit zitternder Stimme und versuchte zu lächeln – was ihr sichtlich Schmerzen in der aufgeplatzten Lippe bereitete.
    »Warum nicht?«
    »Lange Geschichte.«
    »Hast du gerade was Besseres zu tun?«
    Sie schmunzelte unwillkürlich – und verzog gleich darauf wieder das Gesicht vor Schmerzen. Trotz ihrer Verletzungen und ihrem verweinten Gesicht sah sie jetzt so viel netter aus als vorhin, als sie mich so plump und herablassend angemacht hatte.
    »Erzähl«, forderte ich sie freundlich auf, weil ich mir sicher war, dass es sie von ihren Schmerzen ablenken würde.
    »Es ist mir unangenehm«, sagte sie leise und klang dabei beinahe schüchtern.
    »Na, komm schon.«
    »Also gut«, begann sie schließlich mit einer Zurückhaltung, die ich ihr nach meinen ersten beiden Eindrücken von ihr überhaupt nicht zugetraut hätte. »Weißt du, Max und ich … und unsere Freunde … wir leben ein bisschen ungewöhnlicher als andere …«
    »Das ist mir inzwischen auch aufgefallen«, sagte ich und nickte ihr zu fortzufahren.
    »Wilder eben … Vampir-Rollenspiele … Lack und Leder … SM und so … auch Sex im Freien … am liebsten im Park.«
    Sie nahm mir den Stofffetzen aus der Hand und schneuzte sich vorsichtig.
    »Diese Freaks halten uns für

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