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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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Bildern zu, die vor ihr lagen. Sie waren schaurig; der Körper zusammengekrümmt wie der eines Kindes, das beim letzten Schaukelschwung abspringen will. Das Bild rührte an eine verschüttete Erinnerung. Das Ziehen während jener schwerelosen Sekunde am höchsten Punkt des Schwunges, kurz vor dem freien Fall nach unten; das tiefernste Gesicht von Clares Zwillingsschwester, die sie höher, höher, höher schaukeln sah. Immer weiter weg von ihr. Bis Constance es nicht mehr aushielt, die Schaukel abfing, sodass Clare herausfiel, und anschließend Clares Zorn mit ihren Tränen auflöste. Danach hatte ihr Vater die Schaukel abmontiert. Zu Clares Schutz, so hatte er es damals erklärt. Clare und ihre ältere Schwester Julia hatten vor Wut gekocht, denn ihnen war klar gewesen, dass er in Wahrheit nur Constance besänftigen wollte. Clare tastete nach der vergessenen Narbe an ihrem Ellbogen. Die glatte Wölbung war immer noch zu spüren.

    »Du siehst aus, als hättest du gerade ein Gespenst gesehen.« Clare hatte nicht gehört, wie Riedwaan ins Zimmer zurückgekommen war. Er legte die Hand auf ihren Arm und zog sie in die Gegenwart zurück.
    »Diese Reifenschaukel. Wir hatten als Kinder auch so eine. Ich habe sie geliebt. Darauf habe ich mich frei gefühlt.« Sie drehte sich zu ihm um. »Wie geht es Yasmin?«
    »Gut«, sagte Riedwaan. »Es geht ihr gut.«
    »Und Shazia?«
    Bei dem Namen seiner ihm entfremdeten Frau zog ein Schatten über Riedwaans Gesicht. Er zuckte mit den Schultern, ohne Clares Blick zu erwidern. »Auch.« Er griff nach den Fotos vom Fundort der Leiche. »Was hältst du davon?«
    »So bösartig, ein Kind auf einer Schaukel umzubringen.« Clare ging nicht weiter auf das peinigende Thema von Riedwaans zerbrochener Familie ein.
    »Es sieht aus, als wäre er woanders getötet worden; kein Blut am Fundort.« Riedwaan richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf das zu lösende Problem vor ihm. »Er war schon ein paar Tage tot, bevor er auf dem Schulgelände abgeladen wurde. Vielleicht wurde er außerhalb des Nebelgürtels in der Hitze gelagert. Der Leichnam hatte schon zu riechen begonnen«, sagte Riedwaan, während er durch die gefaxten Anmerkungen blätterte.
    »Warum auf einem Spielplatz?«, überlegte Clare.
    »Das ist so bei den Verrückten. Man muss sich in ihren Kopf hineinversetzen, damit ihre Handlungen Sinn ergeben. Warum ihn erst ein paar Tage nach seinem Tod ausstellen? Was haben sie in der Zwischenzeit miteinander gemacht?«
    »Wurden die beiden anderen auch in der Nähe einer Schule gefunden?«
    »Nein. Tamar sieht eine Verbindung, weil alle durch einen Kopfschuss mit demselben Kaliber getötet wurden. Aus mittlerer Entfernung. Außerdem stimmt das Opferprofil überein.
Fesselspuren. Dann ist da noch das Timing – sie hat den Eindruck, dass es ein Muster gibt. Ein Mord, danach eine Abkühlperiode.«
    »Du glaubst also, du hast mich schon am Haken?«, fragte Clare. Das Bild des toten Jungen hatte jede Wärme aus der zaghaften Frühlingssonne gesogen, aber sie wusste nicht recht, ob sie sich deshalb so unwohl fühlte. Sie packte die Fotos weg und begleitete Riedwaan zur Wohnungstür.
    »Komm schon, Clare. Du wirst sowieso nicht ablehnen. Ich komme nächste Woche nach, sobald Phiri den Papierkram geklärt hat.« Riedwaan zögerte zu gehen.
    »Ich muss erst Constance anrufen«, erklärte Clare gedankenverloren. Auf der anderen Seite der Bucht lag ein Band aus weißem Strand und dahinter, beinahe weich in der Entfernung, das Gebirge. Clare sah im Geist die Straße vor sich, die sie nach Namaqualand, zu ihrer Zwillingsschwester, genommen hätte. Sie spürte das altvertraute Ziehen tief in ihrer Brust. »Ich muss ihr sagen, dass ich nicht komme.«
    »Du und deine Zwillingsschwester«, seufzte Riedwaan. »Ich schaue euch zu, aber frag mich nicht, wie eure Gehirne arbeiten.«
    »Es ist ein Gehirn«, erklärte Clare, »auf zwei verteilt.«
    Sie schloss die Tür hinter ihm, spazierte danach durch ihre Wohnung und hob dabei Kleidungsstücke, CDs und Bücher, die Riedwaan gehörten, vom Boden auf. Ehe sie recht begriffen hatte, was sie da tat, hatte sie seine Sachen in eine Tasche gesteckt. Sie stellte sie an der Wohnungstür ab und fühlte sich augenblicklich unbeschwerter. Der Gedanke an eine Dienstreise fühlte sich gut und richtig an; ganz anders als diese Ferienidee, mitten im Nichts bei Constance Urlaub zu machen. Zwei Fliegen mit einer Klappe, könnte man sagen. Clare atmete tief durch, versuchte die

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