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Blutrose

Blutrose

Titel: Blutrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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zurück und schloss die Tür.
    Clare stieß die schale, bittere Luft aus, die sie in diesem Haus eingeatmet hatte. Dann machte sie sich auf den Rückweg, in Gedanken bei Darlene Ruyters und ohne auf die Gardinen zu achten, hinter denen aufmerksame Augen ihren Schritten folgten. Der Duck-Reflex, den sich eine geschlagene Frau zulegt, gräbt sich tief und kalt ein, bis es ihr zur zweiten Natur wird, Geheimnisse zu haben. Er hält noch lange an, nachdem die Knochen verheilt und die Blutergüsse verblichen sind. Diese Blutergüsse, diese Fingerabdrücke rund um ein widerstrebendes Handgelenk, waren frisch, höchstens ein paar Tage alt.
    An einer Frau, die allein lebte.

23
    »Es liegt so nahe, einen Matrosen zu verdächtigen«, sagte Tamar. Sie stand am Fenster, die Hände um eine Tasse mit dampfendem Kaffee gelegt.
    Clare war auf das Revier zurückgekehrt, um sich mit Tamar und Karamata zu besprechen, nachdem die beiden den Vormittag damit verbracht hatten, die Kapitäne und Mannschaften jener Schiffe zu vernehmen, die im Hafen gelegen hatten, als Kaiser verschwunden war. Die meisten Kapitäne hatten ihrer Besatzung am Freitagabend ein paar Stunden Landgang genehmigt, worauf die Männer in Gruppen in die Stadt gegangen waren. Praktisch jeder hatte ein Alibi.
    Das Fenster hinter Tamar bot Clare ein gerahmtes Panoramabild des Hafens. Das Skelett eines längst aufgegebenen Schiffes wiegte sich in der Brandung. Schwarze Kormorane hockten still wie wartende Witwen auf dem Dollbord.

    »Wir hatten reichlich Todesfälle, weil betrunkene, einsame Matrosen um eine Frau kämpften«, fuhr Tamar fort, »aber dieser Fall weist in eine andere Richtung.«
    »Ins Inland?«, fragte Clare.
    »Jedenfalls aufs Land«, bestätigte Karamata. Er schob seine muskulösen Arme in eine Lederjacke. »Ich stoße später zu euch. Erst habe ich mit den Damen von der Christlichen Mission ein Treffen des Forums für eine bürgernahe Polizei.«
    »Viel Spaß«, wünschte ihm Tamar mitfühlend.
    »Sie lieben mich.« Karamata zwinkerte ihr zu. »Außerdem gelten ihre Gebete allein erziehenden Müttern wie dir.«
    Tamar verdrehte die Augen. »Danke, dass du das für mich tust, Elias.«
    Als er gegangen war, schenkte sich Clare eine Tasse Tee ein. »Auf das Land«, wiederholte sie versonnen.
    »Wer immer das getan hat, kennt die Wüste und weiß, wie man etwas darin verschwinden lässt«, sagte Tamar.
    Clares Handy läutete. Sie warf einen Blick auf das Display, bevor sie das Gespräch annahm. Ein Anflug von Freude verlieh ihrer Stimme Schwung. »Riedwaan.«
    »Du hast das Gespräch angenommen.« Er klang selbstzufrieden. »Du vermisst mich.«
    Bastard, dachte sie. »Ich stelle auf Lautsprecher«, sagte sie.
    »Hallo, Captain Damases«, sagte Riedwaan. »Dr. Hart, ich würde gern wissen, was es Neues gibt.« Clare konnte sich nicht entscheiden, ob sie die körperlose Stimme aus dem Lautsprecher, die, seit Tamar zuhörte, nüchtern und neutral klang, nun beunruhigend oder sexy fand. Sie entschied sich für beunruhigend sexy und ging kurz und knapp die Zeugenvernehmungen durch, um ihm die Informationen – Beweise wäre ein zu grandioser Begriff gewesen – zukommen zu lassen, die sie gesammelt hatte.
    »Für eine Gegenüberstellung reicht es demnach noch nicht, oder?«, meinte Riedwaan, als sie zum Ende gekommen war.

    »Noch nicht.«
    »Sie ist erst seit drei Tagen hier«, sprang Tamar ihr bei.
    »Ich weiß, ich weiß. Das war ironisch gemeint.« Riedwaan verstummte. Clare meinte vor sich zu sehen, wie er seine Schläfen massierte und dabei nach den richtigen Worten suchte. »Sie passen auf sie auf, ja, Tamar?«
    »Bestimmt.« Tamar lächelte Clare an. »Aber sie scheint durchaus in der Lage zu sein, auf sich selbst aufzupassen. Ich lasse Sie das Gespräch allein zu Ende führen, Clare. Auf Wiederhören, Captain Faizal. Ich muss noch ein paar Sachen erledigen. Clare, wir sehen uns dann um zwei? In der Venus Bakery.«
    Clare nickte und schaltete, sobald Tamar den Raum verlassen hatte, den Lautsprecher wieder ab.
    »Sieht aus, als hättest du da eine Serie wie aus dem Lehrbuch«, sagte Riedwaan.
    »Sieht so aus.«
    »Du bist nicht überzeugt?«
    »Wie du selbst sagst«, meinte Clare. »Ein Lehrbuchfall. Das Problem bei Lehrbüchern ist, dass die Fälle eher exemplarisch als wahr sind.«
    »Also, dann erzähl mal, was du bis jetzt hast.« »Drei Opfer, das gleiche Profil«, fasste Clare ihre Notizen für Riedwaan zusammen. »Der Mörder hat alle auf die

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