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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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ihrer Zofe abgeholt, weil ihr Vater wünschte, sie zu sprechen. Mir war es nur recht, denn so konnte ich meinen Plan, den Marquis in seinem Appartement aufzusuchen, sofort in die Tat umsetzen.
    Dieser Plan enthielt allerdings einen großen Fehler, wie mir recht schnell bewusst wurde, als ich mitten auf dem Gang stand und mich hilflos umsah. Ich hatte nicht die blasseste Ahnung, wo ich ihn finden konnte. Möglicherweise war er auch unterwegs und gar nicht im Louvre anzutreffen.
    Unschlüssig ging ich die breite Henri-II.-Treppe hinunter, die ich an diesem Tag schon zweimal hinauf- und hinuntergerannt war. Nach der Hälfte kam mir ein Page entgegen, der hastig den letzten Knopf seines Wamses zuknöpfte. Wahrscheinlich kam er gerade aus der Gesindeküche. Besorgt huschte sein Blick zwischen mir und Orson hin und her, als befürchte er, der Hund könne ihn jeden Moment anspringen.
    Ungeduldig winkte ich den Pagen zu mir und zog ihn auf den Treppenabsatz, sodass ich beide Treppenaufgänge im Auge hatte. Die Mauer in unserem Rücken verhinderte, dass sich ungewollte Lauscher anschleichen konnten. Nervös spielte der Page mit den Aufschlägen seiner Jacke, als erwarte er, dass ich ihm eine unlösbare Aufgabe erteilen würde. Er wirkte nicht glücklich, als sich Orson vor ihn hinsetzte und ihn beobachtete.
    Stattdessen schüttete ich eine Handvoll Écus aus einem Lederbeutel in meine Hand und hielt sie dem Jungen entgegen. »Ich brauche eine Auskunft. Wo liegen die Gemächer des Marquis de Bassompierre?«
    Der Junge blinzelte und sah mich überrascht an. Zuerst schien er unsicher, dann streckte er jedoch die Hand nach den Münzen aus und schloss die Finger darum. Stotternd erklärte er: »Ihr müsst in den ersten Stock, direkt über den Werkstätten. Seine Tür ist rot und mit weißen Lilien bemalt, sie befindet sich gegenüber dem Erker am Treppenauge.«
    »Danke.«
    Er nickte und deutete eine Verbeugung an.
    »Und es wäre mir sehr recht, wenn du darüber Stillschweigen bewahren würdest.«
    Noch einmal nickte er, dann hastete der Page weiter die Treppe hinauf, als wäre der Teufel leibhaftig hinter ihm her. Oder die Comtesse de Moret, fiel mir ein. Nachdenklich stand ich auf dem Treppenabsatz und richtete den Blick nach oben an die reich verzierte Decke. Über mir entfaltete sich eine Jagdszene mit der Göttin Diana und ihren Hunden. In anderen Paneelen waren Hirschköpfe zu sehen und die Initialen von Henri II.
    Hatte Angoulevent nicht gesagt, ich sähe der Diana ähnlich? Die Göttin wäre sicher auch nicht zurückgeschreckt, wenn sie sich ein Ziel gesetzt hätte. Und meine Frage war doch nicht unwichtig. Wäre es nicht Voraussetzung für eine harmonische Ehe, dass der Marquis und ich manche Sachen ähnlich sahen? Einen Moment zögerte ich noch, aber der Blick auf die Göttin und ihre kriegerische Haltung ermutigte mich. Entschlossen lief ich die Treppe nach unten und machte mich auf die Suche nach der beschriebenen Tür.
    Doch es dauerte ziemlich lange, bis ich den richtigen Korridor gefunden hatte. Er war schmal und kurz und es war nirgendwo ein Diener zu sehen. Während ich ihn entlangging, rauschte mir das Blut in den Ohren, und vor lauter Aufregung war mir ein bisschen schlecht. Ich wusste selbst nicht so genau, was mit mir los war, immerhin hatte ich doch schon mit de Bassompierre gesprochen. Sollte ich mir eine Ausrede einfallen lassen? Einen Vorwand, der mich zu ihm geführt hatte? Ich konnte mich für das Konfekt bedanken, fiel mir ein. Ich würde einfach sagen, dass ich nach dem Unterricht in der Nähe gewesen und auf die Idee gekommen war, ihn zu besuchen. Wenn wir dann in ein Gespräch verwickelt waren, konnte ich meine Frage schon irgendwie unterbringen, ich war ja nicht auf den Mund gefallen.
    Ich erkannte seine Tür schließlich an den aufgemalten Ornamenten, die der Page mir beschrieben hatte. Im Geist ging ich noch einmal meine einleitenden Worte durch, dann klopfte ich zögernd und erwartete, dass mir ein Diener öffnete. Aber das geschah nicht. Unschlüssig stand ich vor der Tür.
    Sollte ich wieder gehen? Vielleicht war der Marquis ausgeritten. Probehalber drückte ich die Klinke nach unten, die lautlos nachgab. Ich lugte durch den Spalt, sah aber niemanden. Einen Schritt wagte ich mich hinein, dann rief ich de Bassompierres Namen. Es antwortete niemand.
    Neugierig sah ich mich in der Wohnung des Marquis um. Das Empfangskabinett war klein, aber auch hier fanden sich die Tapisserien mit den Motiven

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