Blutrote Lilien
wie ein Stern.«
Nachdem Vater endlich den Raum verlassen hatte, half mir Manon in die Kleider, und zum Schluss zog ich das goldene Überkleid über den Kopf, das sich prompt in meinen Haaren verfing. Beim Versuch, mich zu befreien, riss mir Manon fast eine Strähne aus, und danach verging noch einmal eine halbe Ewigkeit, in der die Schlaufen geschlossen und alle Schleifen gebunden wurden.
Als ich endlich in den Spiegel sah, blendete mich das Kerzenlicht, das sich im Kleid verfing und vom Spiegel reflektiert wurde. Wenn ich mich bewegte, wirkte es wie flüssiges Gold, und ehrfürchtig berührte ich den feinen Stoff, der mir durch die Finger glitt.
Die Königin hatte Federn aus der Falknerei einsammeln lassen und befohlen, dass sie mir ins Haar geflochten werden sollten. Also machte sich Manon in mühevoller Kleinarbeit daran, die Federn haltbar in meine Mähne einzuflechten.
Während sie dieser Aufgabe nachging, schweiften meine Gedanken wieder einmal ab, hin zu dem Mann, der mich wie ein Schatten, für den ich ihn zuerst gehalten hatte, verfolgte. Ich wurde nicht recht schlau aus ihm; auf der einen Seite war Condé unfreundlich und arrogant, auf der anderen Seite hielt Angoulevent große Stücke auf ihn, er hatte mich gerettet und schien außerdem dieselben Probleme mit der Oberflächlichkeit des Hofes zu haben wie ich. Er machte mich neugierig, aber ich wusste nicht, wen ich über ihn ausfragen sollte, ohne dass sofort wieder darüber geklatscht wurde.
Meine einzige Quelle war Manon, deren Ohren häufig Gespräche aufschnappten, wenn sie in der Gesindeküche aß. Möglichst beiläufig fragte ich sie nach dem Prinzen, während ich scheinbar gelangweilt das Kinn in die Hand stützte und mir innerlich das Herz bis zum Hals schlug. Wie immer war meine Zofe sofort Feuer und Flamme, den gehörten Tratsch an mich weiterzugeben.
»Es heißt, seine Mutter, Charlotte de La Trémoïlle, hätte seinen Vater ermordet, stellt Euch das vor!«
»Nein.«
»Doch! Sie hat deswegen sogar im Gefängnis gesessen. Angeblich soll sie eine Affäre mit dem Stallburschen gehabt haben.« Manon rümpfte die Nase. »Gegen die Stallburschen ist ja im Grunde nichts einzuwenden, aber als Herzogin ...« Sie schüttelte den Kopf.
»Das ist doch sicher nicht wahr.«
»Aber ja. Der König selbst hat sie dann Jahre später begnadigt.«
»Warum sollte er diese Frau freilassen, wenn sie tatsächlich schuldig wäre? Glaubst du nicht, dass die Geschichte übertrieben ist?«
»Es heißt, dass den König und die Herzogin eine besonders enge Freundschaft verbunden hat, als sie jünger waren. Er soll einmal sehr in sie verliebt gewesen sein, bevor sie beide verheiratet waren.« Manon beugte sich zu mir herab und flüsterte: »Es wird behauptet, dass niemand sagen konnte, ob der Prinz der Sohn seines Vaters ist, wenn Ihr versteht, was ich meine. Erst, als der Bursche älter wurde, sah man ihm die Ähnlichkeit an, das hat die Gemüter etwas beruhigt. Könnt Ihr Euch das vorstellen? Bei einem Prinzen?« Wieder schüttelte sie den Kopf. »Manche behaupten selbst heute noch, dass der Prinz gar nicht so blaublütig wäre, wie er behauptet, und dass seine guten Reitkünste eher aus einer anderen Linie stammen. Doch das ist natürlich Unsinn. Jeder mit Augen im Kopf kann sehen, dass er die Bourbonennase hat, genau wie sein Onkel.« Sie kicherte, aber ich verstand nicht, was daran komisch sein sollte, ich fand an Condés Nase eigentlich nichts auszusetzen. Diese Geschichte erklärte jedoch, warum Henri ihn einmal den Bastardprinzen genannt hatte.
»Was hältst du von ihm, Manon?«
Gleichgültig zuckte sie mit den Schultern. »Was soll man schon von solch einem Mann halten? Zweifellos sieht er gut aus, aber es heißt, er wäre nicht besonders charmant. Er verbringt seine Zeit lieber mit Freunden auf der Jagd, als den Damen den Hof zu machen. Andererseits ist das vielleicht auch ein Vorteil.« Sie seufzte, und vermutlich dachten wir beide an de Bassompierre, dessen Charme offenbar für eine einzige Frau zu viel war.
Ob Condé Frauen genauso behandelte? Ob er ihnen auch Versprechungen machte, die er dann nicht hielt? Die Vorstellung gefiel mir nicht. Vielleicht konnte ich von Angoulevent ja mehr über den Prinzen erfahren. Ich nahm mir vor, ihn bei nächster Gelegenheit zu fragen. Ich musste es nur so anstellen, dass der Narr nicht merkte, wie sehr ich mich für seinen Herrn interessierte.
Aber zuvor musste ich erst einmal die Vorstellung beim König
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