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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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anderen Ende des Schlosses in Chantilly gehört hatte. Eine ganze Woche zierte eine dicke Wange mein Gesicht. Dagegen war das hier doch ein Kinderspiel!
    Rechts. Links. Hopser.
    Rechts. Links. Hopser.
    Drehung.
    Zwei Schritte vorwärts.
    Drei zur Seite?
    Herrje!
    Ich war heilfroh, als die Musik endlich verstummte. Auf der gegenüberliegenden Seite war vis-à-vis dem Balkon der Musiker ebenfalls ein Balkon auf vier Säulen angebracht, auf dem der König saß und klatschte. Der Hof stimmte in das Klatschen ein und bald waren auch ein paar Jubelrufe zu hören. Offenbar hatte es dem Hof gefallen. Als der König mit der Königin am Arm den Balkon verließ und dann kurz darauf den Saal betrat, legte sich der Beifall, bis die Schritte des Königs überlaut auf dem Marmorfußboden widerhallten.
    Das war er also, der Mann, auf den ganz Europa schaute, der Frankreich gegen Spanien und England verteidigte und dem Land Einigkeit gebracht hatte. Mir stockte der Atem.
    Dabei war er nicht besonders groß und das Auffälligste an seinem Gesicht war die große Nase. Offenbar ein Merkmal seiner Bourbonenvorfahren. Sein Haar wurde bereits dünn und seine Kleidung war zwar erlesen und mit Edelsteinen besetzt, aber sie war nachlässig geknüpft, als interessiere ihn die ganze Pracht nicht. Aber als ich dem König ins Gesicht sah, wusste ich, warum Vater ihn mit den Wölfen aus dem Languedoc verglich. In diesem Blick lag etwas, vor dem man sich in Acht nehmen musste.
    Vor den Mädchen blieb der König stehen und wandte sich an die Königin.
    »Ihr habt Euch wieder einmal selbst übertroffen, Madame. Gratulation.«
    Unter seinem Kompliment errötete die Königin und lächelte scheu. Es war ein seltsamer Anblick für eine Frau in ihrem Alter. Der König tätschelte ihr die Hand und winkte dann, worauf die Musik wieder einsetzte, und sich die starre Anordnung der Anwesenden auflöste. Ein Kreis von Höflingen schloss sich um uns. Endlich entdeckte ich auch Vater, Henri und Jeanne unter ihnen, die mir aufmunternd zulächelten. Offenbar hatte ich meine Sache nicht so verkehrt gemacht. Gespannt wartete ich darauf, wie es weitergehen würde.
    Die Königin ergriff nun das Wort und stellte dem König einzelne Mädchen vor, die wohl ebenfalls neu am Hof waren. Als sie in meine Richtung schaute, hielt ich vor Aufregung kurz die Luft an. Das Blut rauschte mir so in den Ohren, dass ich kaum verstand, wie sie meinen Namen sagte. Überstürzt machte ich einen Knicks, doch die Bewegung verschreckte Mars, der unruhig mit den Flügeln schlug. Seine Kraft ließ mich wanken, sodass ich mich mit der freien Hand auf dem Boden abstützen musste, als ich versuchte, wieder in die Höhe zu kommen. Alles in allem war es ein furchtbarer Knicks und ich sah, wie Henri die Hand an die Stirn legte.
    Den König hingegen schien meine verunglückte Referenz nicht weiter zu stören. Beherzt griff er nach meinem Arm und stützte mich, bis ich wieder sicher stand. Einige Herzschläge lang musterte er mich intensiv und wie in plötzlichem Schmerz zuckte er zusammen. Er starrte mich an, als hätte er einen Geist gesehen, und beunruhigt blickte ich zu Vater, der aufgehört hatte zu lächeln.
    Doch dann schien sich der König wieder zu fassen, und er sagte: »Ihr habt da einen sehr schönen Vogel, Mademoiselle.«
    »Danke, Eure Majestät.«
    Er nickte und streckte die Hand nach Mars aus, aber der wich nervös auf meinem Arm nach hinten. Er spreizte die Flügel und öffnete den Schnabel im stummen Protest.
    Der König lachte. »Oh, es scheint, diesem Vogel ist der König nicht gut genug, er lässt sich wohl lieber von zarteren Händen berühren.«
    »Wer nicht, Eure Majestät«, sagte der Herzog d’Épernon neben ihm, und die umstehenden Höflinge brachen in Gelächter aus. Der Herzog hatte ein Talent dafür, immer dann aufzutauchen, wenn ich es am wenigsten wünschte.
    Ich hatte das Gefühl, Mars verteidigen zu müssen, daher erwiderte ich: »Er mag nur keine Fremden, Majestät. Wenn er an Euch gewöhnt ist, könnt Ihr ihn auch anfassen.«
    »Nun, das haben Vögel und Frauen wohl gemeinsam, nicht wahr, Montmorency?« Zwinkernd sah d’Épernon zu meinem Vater, der gequält lächelte. D’Épernon lachte wieder, aber sein Blick ruhte gehässig auf Vater.
    »Die Vögel sind nur vorsichtig, Herzog«, sagte ich bestimmt, »und Umsicht gilt doch gemeinhin als eine Tugend. Ich sollte mich also im Namen der hier anwesenden Frauen bei Euch für das hübsche Kompliment bedanken, nicht

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